Böse Folgen für die Rente Arbeitsleben wird kürzer
05.05.2010, 14:09 UhrLange nichts mehr vom Prekariat gehört? Vielleicht liegt es daran, dass wir uns schon an brüchige Erwerbsbiographien gewöhnt haben. Phasen der Arbeitslosigkeit werden einer Studie zufolge immer häufiger, gerade zum Anfang des Berufslebens. Die Autoren warnen: Das dicke Ende kommt bei der Rentenzahlung.

45 Jahre durcharbeiten, womöglich noch bei der gleichen Firma - für den Opa war das noch normal, für die Enkel ist es fast utopisch.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Arbeitsleben der meisten Menschen in Deutschland ist in den vergangenen Jahrzehnten immer brüchiger und kürzer geworden. Diesen subjektiven Eindruck unterfüttert nun eine Studie des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie (INIFES). Demnach hat die Dauerarbeitslosigkeit in allen Berufsphasen - vom Einstieg bis zum Arbeitsende - zugenommen.
Das INIFES untersuchte, wie sich die Erwerbsbiografien zwischen 1984 und 2007 gewandelt haben. Im Fokus standen drei Phasen des Berufslebens: der Berufseinstieg der 20- bis 30-Jährigen, die Kernerwerbsphase der 30- bis 50-Jährigen und der Altersübergang bei 50- bis 65-Jährigen.
Startschwierigkeiten häufen sich
Vor allem die Einstiegsphase hat sich der Studie zufolge stark verändert: Der durchschnittliche Berufsstart verschob sich nach hinten, da die Ausbildung länger dauerte. Vor allem aber spiele mittlerweile die Arbeitslosigkeit auch in diesem Alter eine deutlich höhere Rolle - für Männer genauso wie für Frauen, in Ost- genauso wie in Westdeutschland. Der Anteil von Langzeitarbeitslosen, die mehr als zweieinhalb Jahre ohne Job waren, verfünffachte sich zwischen dem Zeitraum von 1985 bis 1989 und 2003 bis 2007 von einem Prozent auf fünf Prozent.
"Arbeitslosigkeit wird zur allgemeinen Erfahrung", schreiben die Studienautoren Ernst Kistler und Falko Trischler. Dies bringe dauerhafte Nachteile, weil die verpasste Berufserfahrung später fehle und in dieser Zeit keine relevanten Rentenansprüche gesammelt würden. Die Studie stellte zudem fest, dass schon Berufseinsteiger mittlerweile deutlich häufiger Teilzeit arbeiten als früher. Betroffen sind vor allem Frauen.
Frauen in Teilzeit
Die Kernerwerbsphase hat sich über die Jahrzehnte am wenigsten verändert. Wesentliche Neuheit sei, dass inzwischen deutlich mehr Frauen arbeiteten als früher, so die Forscher. Allerdings führte das nicht zu einem erheblichen Zuwachs von Frauen in Vollzeitstellen, sondern in mehr geringfügiger und Teilzeitbeschäftigung. Jede sechste westdeutsche Frau zwischen 30 und 50 bleibe zudem immer noch die die meiste Zeit dem Arbeitsmarkt fern.
Arbeitslosigkeit und prekäre Jobs sind in der Kernerwerbsphase der Studie zufolge weiter seltener als in den anderen Phasen des Arbeitslebens. Dennoch hätten zwischen 2003 und 2007 immerhin 20 Prozent dauerhaft ein sogenanntes atypisches Arbeitsverhältnis gehabt, und sieben Prozent waren mehr als zweieinhalb Jahre arbeitslos. Die Zeiten von Arbeitslosigkeit sind dabei für Geringqualifizierte genauso wie für Akademiker gestiegen.
Rente in Gefahr
Deutliche Veränderungen wiederum stellten die Forscher beim Übergang zur Rente fest - der immer seltener direkt ist. Trotz Abschlägen sind Frühverrentungen weit verbreitet. Immer mehr Menschen seien aber auch noch kurz vor der Rente arbeitslos. Damit würden vor allem künftige Ostrentner, aber auch die Menschen im Westen nicht mehr auf stabile Erwerbsbiografien zurückblicken können. Kistler und Trischler warnen, die Veränderungen könnten bald große Probleme in der Alterssicherung verursachen. Denn die gesetzliche Rente setzt einen möglichst lückenlosen und langen Erwerbsverlauf voraus.
Quelle: ntv.de, ino/AFP