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Vor tödlichen Antibiotika Bakterien beschützen Schwächere

Um die genetische Vielfalt der Population zu erhalten, helfen "Superbakterien" schwächeren Mitgliedern ihrer Art, eine tödliche Dosis Antibiotika zu überleben.

Kolibakterien

Kolibakterien

(Foto: Wikipedia / Bact)

Widerstandsfähige "Superbakterien” können schwächere Artgenossen vor tödlichen Antibiotika schützen. Dazu produzieren die resistenten Keime im Überfluss bestimmte Stoffe, die empfindlicheren Bakterien helfen, mit dem normalerweise tödlichen Medikament fertig zu werden. Sie tun dies, um das Überleben der gesamten Kolonie zu sichern - und zwar obwohl ihr eigenes Wachstum dadurch eingeschränkt wird, wie US-Forscher im Fachmagazin "Nature" berichten. Dieses selbstlose Verhalten solle vermutlich die genetische Vielfalt der Population erhalten.

Henry Lee vom Howard Hughes Medical Institute in Boston (US-Staat Massachusetts) und seine Mitarbeiter hatten eine Kolonie von Kolibakterien unter "Antibiotika-Stress" gesetzt. Sie gaben dazu das Antibiotikum Norfloxacin in das Kulturmedium. Und zwar immer genau so viel, dass das Wachstum der Bakterien zwar zunächst gebremst wurde, sie aber nicht ganz abstarben.

Superbakterien halten stand

Nach einiger Zeit begann die Population dann wieder zu wachsen - die Bakterien hatten Resistenzen gegen das Antibiotikum entwickelt. Daraufhin erhöhten die Forscher die Dosis, und das Spiel begann von vorn. Nach zehn Tagen konnten die Bakterien insgesamt eine fünffach höhere Norfloxacin-Dosis vertragen als zu Beginn des Experiments.

Untersuchungen zeigten aber nun, dass der Großteil der Bakterien innerhalb der Kolonie gar nicht so hohe Antibiotika-Dosen vertrug wie die Kolonie insgesamt. Nur einige Superbakterien konnten tatsächlich der hohen Antibiotika-Dosis standhalten. Diese Bakterien, so fanden Lee und seine Mitarbeiter heraus, produzieren die Substanz Indol - ein Signalmolekül, das bei der Stresstoleranz von Escherichia-coli-Bakterien eine Rolle spielt.

Bakterien verhalten sich selbstlos

Indol hilft nun den empfindlicheren Bakterien dabei, das Antibiotikum aus den Zellen herauszuschleusen und aktiviert zusätzlich weitere Schutzmechanismen, berichten die Forscher. Auf diese Weise würden auch die weniger resistenten Mitglieder der Population vor der Wirkung des Antibiotikums geschützt.

Die Superbakterien wachsen infolge der Indol-Produktion langsamer, ergaben weitere Untersuchungen. Ihr Verhalten sei mithin selbstlos und stelle einer Form der bei vielen Tieren festgestellten Verwandtenselektion dar. Dieser Begriff umschreibt die selbstlose Unterstützung von verwandten Artgenossen. Das Verhalten dient normalerweise dazu, die Weitergabe der eigenen Gene in die nächste Generation zu fördern. Bei den Bakterien diene das Verhalten vermutlich dazu, die genetische Vielfalt der Population zu erhalten.

Quelle: ntv.de, dpa

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