Maisanbau dezimiert Marienkäfer Biosprit zerstört Gleichgewicht
29.01.2009, 14:02 UhrBiosprit ist bereits in Verruf geraten, weil er mit Nahrungspflanzen um Anbauflächen konkurriert. Nun kommt ein weiterer Nachteil hinzu: Weil die Landwirte in den USA mehr Mais für Biosprit anbauen und dabei die Marienkäfer dezimieren, haben Sojabauern in einem Jahr einen rechnerischen Verlust von 58 Millionen Dollar hinnehmen müssen (Ende 2007: rund 40 Millionen Euro).
Diese Resultate einer Gruppe um den Insektenforscher Douglas Landis von der Michigan State University in East Lansing zeigen einmal mehr, wie kompliziert das natürliche Zusammenspiel von Pflanzen und Insekten ist - und wie folgenreich selbst scheinbar kleine Eingriffe des Menschen ausfallen können. Die Studie ist in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften nachzulesen ("PNAS", Bd. 105, Nr. 51, S. 20552).
Unabhängig von Rohöl-Importen
Die USA möchten sich vom Import teuren Rohöls aus politisch instabilen Ländern unabhängig machen und deshalb mehr Treibstoff im eigenen Land gewinnen. Dafür lässt sich Mais zu Ethanol vergären, der dann herkömmlichem Treibstoff beigemischt wird.
2007 wurde in den USA auf einer Fläche von 37,9 Millionen Hektar Mais angebaut - 19 Prozent mehr als im Jahr zuvor, erklärt Landis. Diese Zunahme ging vor allem auf Kosten der Fläche von Soja, das als Nahrungs- und Futtermittel genutzt wird. Landis und seine Kollegen belegen diesen Wandel für die vier von ihnen untersuchten Bundesstaaten Iowa, Michigan, Minnesota und Wisconsin.
Insekten helfen den Bauern
Ferner sammelten die Forscher Daten über die Zahl von Insekten, zu denen sowohl für den Menschen nützliche Tiere als auch sogenannte "Schädlinge" zählen, etwa die Sojabohnen-Blattlaus (Aphis glycines). Letztere ist das Hauptproblem der Sojabauern. Die profitieren davon, dass andere Insekten - besonders Marienkäfer - die Blattläuse fressen.
Die Natur nimmt den Bauern also einen Teil ihrer Arbeit ab, und diese Hilfe lässt sich beziffern. Die Leistung von Insekten für den Menschen in den USA - etwa von Honigbienen als Bestäuber - wird in "PNAS" mit mehr als 57 Milliarden Dollar (rund 40 Milliarden Euro) im Jahr angegeben. 4,5 Milliarden davon entfallen auf die biologische Schädlingsbekämpfung - beide Zahlen waren schon vor der aktuellen Studie bekannt.
Sojabauern verdienen weniger
Sojabauern, die nur von Zeit zu Zeit gegen Insekten spritzen und sonst auf die natürlichen Feinde der Blattläuse setzen, verfolgen ein integriertes Schädlings-Management. Unter diesen Umständen ist die Arbeit von Marienkäfern und anderen Nützlingen 33 Dollar je Hektar Soja wert ("biocontrol service cost"), jedenfalls in den vier untersuchten Bundesstaaten.
Der stärkere Anbau von Mais änderte die Lebensumstände der Raubinsekten. Sie finden in Regionen mit großen Mais-Monokulturen schlechtere Bedingungen. Folglich gehen auch ihre Attacken auf die Sojaschädlinge zurück. Die Bauern müssen also mehr spritzen oder mehr Ernteeinbußen hinnehmen - in beiden Fällen verdienen sie weniger.
Für die Sojabauern mit integriertem Schädlings-Management in Iowa, Michigan, Minnesota und Wisconsin bedeutete die Arbeit der Nutzinsekten einen Wert von 239 Millionen Dollar im Jahr. Die kürzliche Zunahme des Mais-Anbaus habe die Leistung der Insekten um 24 Prozent - also 58 Millionen Dollar - verringert, schreibt Landis. Die Forscher weisen darauf hin, dass Nutzinsekten auch andere Pflanzen schützten - und dass in den nächsten Jahren vermutlich deutlich mehr Mais als bislang angebaut werden wird, um Amerikas "Sucht nach Öl" zu lindern, wie es der ehemalige US-Präsident George W. Bush im Jahr 2006 nannte.
Quelle: ntv.de