Rohstoffe und Parteizelle Chinas ehrgeizige Weltraumpläne
24.10.2007, 15:53 UhrChina will im Wettlauf um potenzielle Rohstoffe im All kräftig mitmischen. Sein ehrgeiziges Raumfahrtprogramm dient nicht nur politischen und militärischen Zwecken, sondern auch der Erforschung möglicher Energie- und Rohstoffquellen der Zukunft. "Es ist kein Geheimnis", sagt Qiao Xiaolin, Mitglied des wissenschaftlichen Beratergremiums des chinesischen Mondprogramms. "Die Erkundung des Mondes dient der Lösung der Rohstoffprobleme auf der Erde." Das sei auch der Grund, warum plötzlich die USA, Europa, Japan und Indien wieder am Erdtrabanten interessiert seien. Natürlich müssten dafür noch große technische Probleme gelöst werden, räumt der Professor ein. "Aber es gibt uns Hoffnung für die Zukunft." Am Mittwoch hob Chinas erste Mondsonde "Chang'e 1" erfolgreich ab.
Helium-3 ist einer der begehrten Rohstoffe. Die schöne chinesische Mondgöttin Chang'e, die einer Legende nach auf dem Mond wohnt und der Sonde ihren Namen gab, sitzt auf großen Vorkommen dieses Isotops, das als möglicher Brennstoff für künftige Kernfusionskraftwerke gilt. Fusionskraftwerke würden den wachsenden Energiehunger der Welt umweltfreundlich stillen und kaum radioaktiven Abfall produzieren. Noch hat allerdings kein Experimentalreaktor mehr Energie geliefert als verschlungen. Erst der internationale Testreaktor ITER, der - auch unter chinesischer Beteiligung - im südfranzösischen Cadarache entsteht, soll zeigen, dass ein energielieferndes Fusionsfeuer möglich ist.
Energiebedarf der Erde "für mehr als 10.000 Jahre" sichern
Das seltene Helium-3 ist einer der Stoffe, mit denen ein Fusionsfeuer gefüttert werden kann. Auf der Erde gibt es nach Schätzungen nur 15 Tonnen davon, doch rechnen chinesische Wissenschaftler mit Vorkommen auf dem Mond von einer bis fünf Millionen Tonnen.
Diese Vorräte könnten den Energiebedarf auf der Erde "für mehr als 10.000 Jahre" sichern, meint der Chefwissenschaftler des chinesischen Mondprogramms, Ouyang Ziyuan. Mit dem Hinweis auf die Rohstoffe weist Ouyang auch Fragen zurück, warum sich das größte Entwicklungsland der Erde mit seinen irdischen Problemen wie Armut, Umweltverschmutzung und Energieverschwendung ein derart teures Raumfahrtprogramm leistet. Im Parteiorgan "Volkszeitung" warnte er sein Volk eindringlich davor, im Rennen um den Weltraum zurückzufallen. Dass China mit seinem Raumfahrtprogramm aber auch militärische Ziele wie etwa die Entwicklung von Anti-Satellitenwaffen verfolgt, wird keineswegs offen zugegeben. Dabei ist Chinas Militär überzeugt, dass die Kriege der Zukunft durch die Satellitentechnik vom Weltraum aus entschieden werden.
Kommunismus als spirituelle Kraft für Chinas Astronauten
Unumwunden werden aber politische Ziele des Raumfahrtprogramms eingeräumt. Der Start der ersten Mondsonde unmittelbar nach Abschluss des Parteikongresses in Peking soll dem Milliardenvolk demonstrieren, welchen Fortschritt die Nation unter der kommunistischen Führung gemacht hat. Schon 2003 war China mit seinem ersten bemannten Raumflug - nach den USA und Russland - in den illustren Club der Staaten aufgestiegen, die aus eigener Kraft einen Astronauten ins All bringen können. "Die Monderkundung spiegelt die umfassende Stärke und wirtschaftliche Macht der Nation wider", gab Professor Qiao Xiaolin die immer wieder zu hörende offizielle Linie wieder. "Es hilft uns, das nationale Selbstvertrauen zu stärken."
Der erste chinesische Astronaut Yang Liwei, der gerade ins Zentralkomitee der Partei aufgenommen wurde, schlug sogar vor, eine Parteizelle im Weltall zu gründen. In einer Raumstation könnten die chinesischen Astronauten regelmäßig "die Politik der Partei studieren und Ansichten über ihre Entscheidungen austauschen". "Wenn wir eine Parteizelle im Weltraum gründen, wäre es die höchste ihrer Art in der Welt", warb der 42-Jährige für seine Idee. Kommunismus sei eben eine "spirituelle Kraft" für Chinas Astronauten, auch wenn sie nicht beteten wie einige ihrer gläubigen westlichen Raumfahrerkollegen.
Von Andreas Landwehr, dpa
Quelle: ntv.de