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Hihi oder doch Hoho? Ein "I" ist lustiger als ein "O"

Beim breiten Lachen wird der Musculus Zygomaticus Major aktiviert.

Beim breiten Lachen wird der Musculus Zygomaticus Major aktiviert.

(Foto: dpa)

Das Aussprechen unterschiedlicher Vokale wirkt sich auf die Gefühle von Menschen aus. Das finden Forscher mit Experimenten heraus. Die Probanden müssen Kunstwörter bilden und Cartoons beurteilen, während sie Vokale artikulieren.

Vokale in Wörtern haben Einfluss auf unsere Gefühle - und umgekehrt. Das Team um den Psychologen Professor Ralf Rummer von der Universität Erfurt führte zwei Experimente durch, um diese Annahme zu belegen. Die Wissenschaftler konzentrierten sich dabei auf die Vokale "I" und "O". Im ersten Experiment wurden 39 Probanden mittels Filmausschnitten in positive Stimmung versetzt und genau so viele in negative. Danach sollten sich die Studienteilnehmer zehn Kunstwörter ausdenken und laut aussprechen. Das Ergebnis: Die Kunstwörter der positiv gestimmten Personen enthielten signifikant mehr "I" als "O". Die negativ gestimmten Personen dagegen brachten in ihren Kunstwörtern mehr "O" als "I" unter. Um die Ursache für diese Verteilung der Vokale herauszufinden, gingen die Wissenschaftler noch einen Schritt weiter. Sie überprüften ihre Hypothese, dass die Gefühle, die im Zusammenhang mit ausgesprochenen "O" und "I" stehen, auf die Nutzung unterschiedlicher Gesichtsmuskeln zurückzuführen seien.

"Facial Feedback" diente zur Inspiration

Beim Halten eines Stiftes zwischen den Lippen wird der Ringmuskel um den Mund aktiviert (oben), beim Halten des Stiftes mit den Zähnen der Jochbeinmuskel.

Beim Halten eines Stiftes zwischen den Lippen wird der Ringmuskel um den Mund aktiviert (oben), beim Halten des Stiftes mit den Zähnen der Jochbeinmuskel.

(Foto: kwe)

"Wir beziehen uns mit unserer Hypothese auf eine Untersuchung aus den 1980er-Jahren", erklärt Rummer. Damals stellten Forscher um Fritz Strack die sogenannte Facial-Feedback-Hypthese auf, die besagt, dass die Kontraktion verschiedener Gesichtsmuskeln das individuelle emotionale Erleben beeinflusst. Strack und seine Mitarbeiterinnen ließen Probanden einen Cartoon betrachten, während die eine Gruppe einen Stift zwischen den Zähnen und die andere einen Stift ausschließlich zwischen den Lippen halten musste. Mit dieser Verfahrensweise wurden die verschiedenen Gesichtsmuskeln gezielt aktiviert. Die Probanden mit dem Stift zwischen den Zähnen fanden den Cartoon signifikant lustiger als jene, die den Stift zwischen den Lippen hielten.

Auf dieser Grundlage ließen Rummer und sein Team insgesamt 148 Versuchsteilnehmer in ihrem zweiten Experiment ebenfalls einen Cartoon betrachten. Dabei musste die erste Gruppe im Sekundentakt "I" sagen und die zweite Gruppe im Sekundentakt "O". Beim "I"-Sagen wird der Musculus Zygomaticus Major (der Jochbeinmuskel) aktiviert, der beim Lachen und Lächeln, aber auch beim Stift-mit-den-Zähnen-halten kontrahiert und die Mundwinkel nach oben zieht. Beim "O"-Sagen und beim Halten eines Stiftes mit den Lippen hingegen wird der Musculus Orbicularis Oris (Ringmuskel des Mundes) aktiviert. Das ist der muskuläre Gegenspieler des Zygomaticus Major. Er wird auch aktiviert, wenn man ein trauriges oder enttäuschtes Gesicht macht.

Die Forscher waren davon ausgegangen, dass die "I"-Probanden den Cartoon als lustiger empfinden als die "O"-Probanden. "Unsere Befunde zeigen, dass dies in der Tat der Fall ist", freut sich der Psychologe. "Die Artikulation verschiedener Vokale wirkt also auch verschieden auf die Emotionen aus", erläutert Rummer weiter.

Mundwinkel einfach mal hochziehen

Erklärungen für den Zusammenhang zwischen Muskelaktivierung und emotionalem Erleben gibt es mehrere. Am einfachsten ist die Annahme, dass Lächeln mit positiven Empfindungen assoziiert ist. Daraus folgt, dass sich automatisch positive Emotionen einstellen, wenn man lächelt.

Eine interessante Auffassung zum Zusammenhang zwischen Körperreaktionen und Emotion, die physiologische Parameter in den Vordergrund stellt, wurde bereits vor ca. 130 Jahren von dem US-amerikanischen Psychologen William James und dem dänischen Physiologen Carl Lange unabhängig voneinander aufgestellt: Ihrer Auffassung nach sind Gefühle die Folge von Körperreaktionen und nicht umgekehrt. Wir lächeln also nicht, weil wir froh sind, sondern sind froh, weil wir lächeln – oder eben: weil wir Wörter mit "I" artikulieren.

Quelle: ntv.de

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