Zahnimplantate mit Strom desinfizieren Knochenschwund verhindern
14.03.2011, 11:40 Uhr
Immer mehr Menschen benötigen Zahnimplantate.
(Foto: picture alliance / dpa)
Zahnimplantate können Bakterieninfektionen auslösen, die zum Knochenschwund führen. Forscher entwickeln eine Desinfektionsmethode der Implantate, die dies künftig verhindern könnte.
Mit der steigenden Zahl von Zahnimplantaten mehren sich auch die Fälle von Problemen damit. Das sind unter anderem Bakterieninfektionen des Knochens, in dem die eingesetzten Metallstifte stecken. Zumindest im Labor haben Schweizer Forscher einen Fortschritt im Kampf gegen die Bakterien erzielt: Sie setzen die Implantate aus Titan unter einen schwachen Strom. Daraufhin entstanden an der Oberfläche des Metalls auf elektrochemischem Weg desinfizierende Verbindungen. Eine Therapie ist das noch nicht. Aber das Experiment zeige, dass das Verfahren im Prinzip funktioniere, schreibt die Gruppe um Dirk Mohn von der Eidgenössisch Technischen Hochschule (ETH) Zürich im Journal "PLoS One". Die verwendete Stromstärke war mit bis zu 10 Milliampère etwa so stark wie bei einem ausgeschalteten Autoradio.
"In den industrialisierten Ländern wurden im Jahr 2009 schätzungsweise fünf Millionen Zahnimplantate eingesetzt, davon etwa eine Million in Deutschland und 100.000 in der Schweiz", erklärte Co-Autor Thomas Imfeld, Professor am Zentrum für Zahnmedizin der Uni Zürich. Parallel dazu habe sich seit 1994 auch die Anzahl der Zahnärzte verdoppelt, die Implantate setzen. Bei rund zehn Prozent der Implantate treten Probleme auf, meist im ersten Jahr nach dem Eingriff, ergänzt Imfeld. Das Implantat wächst unter Umständen gar nicht in den Knochen ein, oder das Gewebe rund um ein Implantat infiziert sich. Dies kann schließlich bis zum Knochenschwund führen – und zum Entfernen des eingesetzten Stiftes.
Implantat funktioniert wie Anode
In ihren Experimenten nutzte das Team um Mohn einen Gelatineblock, der mit physiologischer Kochsalzlösung produziert wurde. In diesen platzierte die Gruppe originale Titanimplantate, die zuvor mit einem Bakterienfilm aus Escherichia-coli-Bakterien beschichtet wurden. Zwischen den etwa drei Zentimeter voneinander entfernten Implantaten (eines als Kathode, eines als Anode) wurde für 15 Minuten eine elektrisch Spannung angelegt, die Stromstärken zwischen 0 und 10 Milliampere erzeugte.
Die dadurch verursachte Elektrolyse führte zu mehreren chemischen Reaktionen. Dabei entstanden unter anderem stark oxidative Substanzen wie Chlor. Diese sind, so heißt es in Zürich, die Schlüsselkomponenten der elektrochemischen Reaktion. Die Versuchsreihen mit unterschiedlichen Stromstärken zeigen, dass bei den als Anode fungierenden Implantaten nach einer fünfzehnminütigen Behandlung mit einer Stromstärke von weniger als 10 Milliampere 99 Prozent der Bakterien getötet werden. Beim Patienten würde deshalb das Implantat die Funktion der Anode übernehmen, erklärt das Team. Denkbar wäre ein Clip an der Lippe als Kathode, sagt Mohn. Momentan sind die Wissenschaftler dabei, ein entsprechendes Gerät für erste Versuche am lebenden Organismus – etwa an Hunden – zu entwickeln.
Quelle: ntv.de, dpa