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Gleitfilm-Effekt durch Erwärmung Schmelzwasser beschleunigt Gletscherfluss

Der ruhige Eindruck der Gletscherlandschaft trügt - die riesigen Eisbrocken sind in ständiger Bewegung.

Der ruhige Eindruck der Gletscherlandschaft trügt - die riesigen Eisbrocken sind in ständiger Bewegung.

(Foto: Reuters)

Nach neuesten Beobachtungen wird Eis wesentlich schneller ins Meer befördert als bisher angenommen. Ein durch Schmelzwasser verursachter Wasserfilm bewegt die Gletscher wie auf einem Gleitfilm, zudem weicht das warme Wasser das Eis förmlich auf.

Durchsickerndes Schmelzwasser kann fließende Gletscher stärker beschleunigen als bisher angenommen. Wenn im Sonnenlicht abgeschmolzenes Wasser von oben in den Gletscher eindringt, erwärmt es die Eismassen von innen und bildet zusätzlich auf dem Felsbett einen Gleitfilm, wie eine internationale Forschergruppe berichtet. Beide Prozesse beschleunigen demnach den Gletscherfluss. "Das könnte bedeuten, dass die Eisschilde das Eis sehr viel schneller ins Meer befördern als bisher erwartet", sagt Erstautor Thomas Phillips von der University of Colorado in Boulder.

Auf ihre Hypothese kamen die Forscher durch Satellitenbilder des Gletschers Sermeq Avannarleq im Westen von Grönland. Dessen Eismassen bewegen sich derzeit mit rund 60 Metern im Jahr etwa anderthalb Mal schneller als vor zehn Jahren. "Erst konnten wir diese immense Beschleunigung nicht erklären", sagt Phillips. "Wir wussten, dass es nichts damit zu tun hatte, was am Ende des Gletschers ablief. Die Ursache musste direkt mit Veränderungen des Eises zusammenhängen."

Eis wird aufgewärmt wie ein Stück Butter

Für die Beschleunigung gebe es zwei Gründe, berichten die Forscher: Zum einen erwärme das Schmelzwasser das Gletscherbett und schaffe die Voraussetzungen dafür, dass sich dort ein Wasserfilm bildet. Darauf könne der Gletscher schneller gleiten. Zum anderen weiche das warme Wasser das Eis auf und mache es beweglicher – wie ein Stück Butter.

Schmelzwasser könne auch andernorts Gletscher schneller erwärmen als bislang vermutet, folgern die Forscher, deren Studie in der Zeitschrift "Journal of Geophysical Research: Earth Surface" erscheinen soll. Dies beeinflusse den Anstieg des Meeresspiegels.

"Diesen Effekt muss man in jedem Fall berücksichtigen", sagt Thomas Kleiner vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven. Das sei besonders wichtig für jene Gletscher, auf deren Oberfläche Eis in großem Stil schmelze, etwa in Grönland oder in Hochgebirgsregionen. Für den Eisschild der Antarktis spiele dies jedoch kaum eine Rolle, sagt der Gletscher-Experte.

Quelle: ntv.de, dpa

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