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Ferien im Dienst der ForschungSegeln für Schweinswale

11.04.2012, 14:47 Uhr
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3000 Seemeilen wollen Schröder und Singer auf der Ostsee zurücklegen. (Foto: picture alliance / dpa)

Wenn die seltenen Schweinswale neben ihnen im Meer auftauchen und schnauben, dann ist das für Silja Schröder und Jan Singer ein besonderer Glücksmoment. Die beiden Freizeitskipper hängen ihre Arbeit für sechs Monate an den Nagel und segeln über die Ostsee. Dabei sammeln sie wichtige Daten für den Meeresschutz.

Getrieben von einer kräftigen Brise steuert die "Fritsjen" den Stralsunder Hafen an. Seit dem 1. April sind Jan Singer und seine Freundin Silja Schröder mit ihrem Segelboot im Dienste der Forschung auf der Ostsee unterwegs. Den Bug ihres Bootes ziert eine Schweinswalmutter mit Kalb. Das Bild steht für das Ziel ihres sechsmonatigen Segeltörns: möglichst viele Schweinswale zu sichten und dem Deutschen Meeresmuseum zu melden. Beim Segeln gebe es kaum etwas Schöneres als das Schnauben der Schweinswale, die urplötzlich neben dem Boot auftauchen, erklärt Silja Schröder. "Wir möchten, dass das so bleibt." Dass sie ihre halbjährliche berufliche Auszeit nun mit dem Sichtungsprojekt verbinden, sei eine logische Ergänzung.

Bis zum Oktober wollen der IT-Berater Jan Singer und die studierte Betriebs- und Sportwissenschaftlerin Silja Schröder mit ihrem Boot rund 3000 Seemeilen auf der Ostsee zurücklegen. Über Polen führt sie die Reise nach Kaliningrad und weiter nach Estland. Von St. Petersburg steuern sie weiter in den Bottnischen Meerbusen und nach Stockholm, wo sie sich mit den Forschern des Schweinswal-Projektes SAMBAH (Static Acoustic Monitoring of the Baltic Sea Harbour porpoise) treffen. Im Oktober wollen sie ihren Törn in Kiel beenden. Jede einzelne Sichtung der bis zu 1,80 Meter langen Meeressäuger, sei es ein Einzeltier oder eine kleine Gruppe, wird per Funk an das Meeresmuseum gemeldet.

Amateure melden Wal-Sichtungen

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Die Schweinswale sind die häufigsten Wale in der Ost- und Nordsee - doch ihr Bestand ist rückläufig. (Foto: picture alliance / dpa)

Mit der Ankunft der "Fritsjen" hat das Deutsche Meeresmuseum am Dienstag das diesjährige Sichtungsprojekt für Freizeitskipper gestartet. Die Wal-Sichtungen durch Wassersportler können kein wissenschaftliches Forschungsprogramm ersetzen, sagt der Stralsunder Meeresbiologe Jens Koblitz. Dennoch: "Sichtungsmeldungen östlich von Rügen sind für uns besonders wertvoll, denn die Datenlage ist dort sehr dünn", erläutert der Projektleiter. Im Jahr 2002 wurden das letzte Mal belastbare Daten zum Bestand der Schweinswale in dieser salzärmeren Ostseeregion ermittelt. Die Forscher schätzen den Bestand in diesem Bereich auf rund 180 Tiere.

Die Initiative, Schweinswale von Wassersportlern melden zu lassen, geht auf die Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere zurück, die 2002 erstmals Segler aufrief, ihre Daten zu melden. Seitdem gingen pro Jahr rund 1000 Sichtungsmeldungen ein - von Einzeltieren bis zu Gruppen mit zehn Tieren. Im vergangenen Jahr ging die Zahl der Meldungen wetterbedingt auf 770 zurück. Die Stralsunder Forscher verweisen darauf, dass bei dem schlechten Sommerwetter einfach weniger Segler unterwegs gewesen seien.

Sichtungsprojekte sensibilisieren Zivilgesellschaft

Von den Daten erhoffen sich die Stralsunder Forscher parallel zu den laufenden Forschungsprogrammen mit akustischen Messinstrumenten zusätzliche Informationen zu Populationsdichte und zu möglichen Geburts- und Aufzuchtgebiete. "Segler können sehr gut beschreiben, ob es sich beispielsweise um Gruppen mit Jungtieren handelt." Zugleich dient das Sichtungsprojekt dazu, die Öffentlichkeit für den Schutz der bedrohten Meeressäuger zu sensibilisieren.

Belastbare wissenschaftliche Ergebnisse zu den Beständen erwarten die Wissenschaftler in einem Jahr, wenn die Daten aus dem Sambah-Projekt ausgewertet sind. Für das Forschungsvorhaben, an dem alle Ostseeanrainer mitwirken, wurden 300 akustische Messgeräte in der Ostsee ausgebracht. Sie registrieren noch bis Ende 2012 flächendeckend die Klicklaute von Schweinswalen. Mit den so gesammelten Daten könne dann die Bestandsdichte im Untersuchungsgebiet genauer berechnet werden.

Quelle: ntv.de, Martina Rathke, dpa