"Gibt ganz viel Unfug" Wie werde ich rauchfrei?
31.05.2010, 09:47 UhrKeiner weiß so gut wie Raucher selbst, wie schwierig es ist, mit der lästigen Qualmerei aufzuhören. Den Versuch Nichtraucher zu werden, unternehmen viele, nur einige davon sind langfristig erfolgreich. Welche Wege zum Erfolg führen können, erklärt Professor Anil Batra, Leiter der Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung am Universitätsklinikum Tübingen.
n-tv.de: Haben Raucher eher eine Verhaltensabhängigkeit oder eine Nikotinsucht?
Anil Batra: Beim Rauchen ist es anders als bei vielen anderen Süchten. Raucher sind sowohl Verhaltens- als auch nikotinabhängig. Raucher sind zum einen direkt vom Nikotin aus dem Tabak abhängig. Die Menge der Nikotinaufnahme regelt auch die Abhängigkeit. Daneben ist das Rauchen verknüpft mit zahlreichen, täglichen Tätigkeiten, zum Beispiel mit Pausen zum Stressabbau und zur Konzentrationsförderung und nicht zuletzt für die Kommunikation mit anderen. Dadurch entsteht eine psychische Abhängigkeit.
Es gibt Menschen, die starke Raucher waren und trotzdem von heute auf morgen mit dem Rauchen aufhören. Wie machen die das?
Wir Menschen können mit unserem Willen viele körperliche Zustände überwinden, wie zum Beispiel Hunger oder Durst. Es ist bekannt, dass auch Alkohol- und Drogenabhängige ihre Sucht mit reiner Willenskraft besiegt haben. Dabei spielen natürlich die Entzugssyndrome eine wichtige Rolle. Das Nikotinentzugssyndrom ist nicht so schwer ausgeprägt wie das von Alkohol oder Drogen. Es verursacht weder Schmerzen wie beim Drogenentzug noch führt es zu lebensbedrohlichen Zuständen, wie beim Alkoholentzug. Insofern ist es abhängig von der persönlichen Toleranz gegenüber Konzentrationsstörungen, Unruhezuständen, Schlafstörungen und Herabstimmungen. All diese Dinge können durch Motivation überwunden werden. Meist ist es schwieriger, dauerhaft abstinent zu bleiben. Hierzu ist eine Verhaltensumstellung erforderlich.
Wenn der Wille allein nicht ausreicht, welches Mittel empfehlen Sie, um sich das Rauchen abzugewöhnen?
In dem breiten Spektrum an Angeboten, die es auf dem Markt ist, gibt es ganz viel Unfug. Viele Produkte, wie beispielsweise die Softlasertherapie, können keine Nachweise für ihre Wirksamkeit liefern. Viele Untersuchungen zu verschiedenen Varianten der Rauchentwöhnungsmethoden haben festgestellt, dass auf alle Fälle verhaltenstherapeutische Gruppenbehandlungen am effektivsten sind. Diese sind so erfolgreich, da sie auf die Verhaltensumstellung zielen und den Umgang mit Rückfallsituationen proben. Auf der anderen Seite werden Medikamente zur Überwindung des Entzugssyndroms eingesetzt. Drei verschiedene Gruppen werden unterschieden. Zum einen die Nikotinersatzmittel, wie Kaugummi, Pflaster usw. Ein Medikament zur Unterstützung der Abstinenz, Zyban, ist auch als Antidepressivum auf dem Markt, ein weiteres neues Medikament mit dem Namen Champix stimuliert die Rezeptoren im Gehirn, die sonst durch das Nikotin angeregt wurden. Zudem soll der Wirkstoff die Andockstelle blockieren, so dass bei einem Rückfall der durch das Rauchen stimulierende Effekt ausbleibt. Diese drei Stoffe sind auf dem deutschen Markt zugelassen.
Welche Erfahrungen haben sie während ihrer Arbeit mit diesen Hilfsmitteln gemacht?
Alle drei sind zur Rauchentwöhnung gut geeignet. Viele Raucher bevorzugen die Nikotinersatzmittel, weil sie diese Substanz ja bereits gewöhnt sind. Gegen Zyban und Champix haben viele Raucher Vorbehalte, da sie Nebenwirkungen fürchten. In der Praxis werden häufig zunächst Nikotinersatzmittel verschrieben. Wenn allerdings der Raucher damit keine guten Erfahrungen machen, kommt eines der anderen beiden Medikamente zum Einsatz.
Rauchen Sie selbst?
Nein!
Quelle: ntv.de, Mit Anil Batra sprach Jana Zeh