Groß und elektrisch VW ID.7 lädt schnell und fährt weit
18.04.2023, 16:16 Uhr Artikel anhören
Von vorn gibt der neue ID.7 den typischen Elektro-Volkswagen. Das LED-Leuchtband zwischen den Scheinwerfern ist mittlerweile ein ebenso bekannter Kniff.
(Foto: Patrick Broich)
Volkswagen hat bisher eine elektrisch angetriebene Mittelklasse mit großer Batterie sowie hoher Reichweite gefehlt. Genau so etwas wie der ID.7. Jetzt ist er da und besticht durch viel Assistenz und modernes Infotainment.
Wenn in Deutschland eine Automarke das Zeug dazu hat, einen Durchbruch zu schaffen bei einer neuen Technologie, dann könnte das Volkswagen sein. Denn knapp ein Fünftel der Autofahrer hierzulande fährt Volkswagen. Sie vertrauen der Marke, weil das Händler- und Werkstattnetz dicht ist und die Qualität stimmt. Ja, es gab den Abgasskandal, aber das Kapitel ist inzwischen abgeschlossen. Bei der Elektromobilität haben die Wolfsburger mit der ID-Reihe bereits etliche Modelle im Angebot - aber bisher fehlte noch ein familientaugliches Auto mit großer Batterie und hoher Ladeleistung. Man kann darüber diskutieren, dass viele Kunden meistens ohnehin nicht so weit fahren, aber irgendwann steht eben auch mal die Urlaubsfahrt an.
Doch nun ist es vollbracht. Mit der Reiselimousine ID.7 gibt es nicht nur jede Menge Platz, sondern auch eine hohe Reichweite. Mit 4,96 Metern Länge wildert der elektrische "Passat" schon im Segment der gehobenen Mittelklasse und kommt zunächst mit 286 PS starkem E-Motor an der Hinterachse. Eine stärkere Allrad-Variante (GTX) folgt genauso wie der Kombi.
Stilistisch handelt es sich um einen evolutionär weiterentwickelten Vertreter der ID-Baureihe mit weit oben angesiedelter Toronado-Linie sowie hoher Gürtellinie, die das Auto massiv aussehen lassen. Dezente Tagfahrlichter verströmen einen schnörkellosen Chic und das durchgehende Leuchtband ist bereits aus anderen Modellreihen der Marke bekannt. Statt Bügeltürgriffen gibt es sensorgesteuerte Öffner, die ihren Beitrag zur guten Aerodynamik leisten.
ID.7 überzeugt mit leistungsfähiger Fahrerassistenz

Vom klassischen Kombiinstrument ist nicht mehr viel übrig. Das Tacho-Display ist winzig, die Musik spielt sozusagen in der Windschutzscheibe (Head-up-Display).
(Foto: Volkswagen)
Leistungsfähige und überarbeitete Assistenzsysteme verbessern den Komfort und optimieren die Sicherheit: So fährt der ID.7 in höherem Maße vorausschauend als bisherige Volkswagen und nutzt dazu Schwarmdaten. Demnach werden Straßengegebenheiten wie Kreisverkehre, Kreuzungen und Kurven besser erkannt und in die automatisierte Längsführung einbezogen. Auch das Parken des ausladenden Gefährts wird künftig einfacher. Beispielsweise speichert der ID.7 die letzten 50 gefahrenen Meter. Egal, wie kompliziert und vertrackt dieses letzte gefahrene Stück auch war - es lässt sich aus dem Speicher abrufen und automatisiert immer wieder abfahren. So können Parkmanöver reproduziert werden, ohne dass man sie selbst wieder ausführen muss: einfach das Auto langsam kriechen und lenken lassen.
Doch das Komfortversprechen aus Wolfsburg reicht noch viel weiter: Neu entwickelte Sitze mit erheblich verbesserter Massagefunktion sollen die vorderen Passagiere mittels zehn ansteuerbaren Luftpolstern in der Lehne durchkneten. Und die Sitzflächen sind mit zwei großen Blistern ausgerüstet, um das Massageerlebnis intensiver zu machen. Das Mobiliar wurde außerdem vom "Aktion Gesunder Rücken e.V." ausgezeichnet - hier könnten insbesondere Langstrecken-Fahrer aufmerksam werden. Und damit der große Volkswagen möglichst geschmeidig über Bodenwellen rollt, erhält er ein weiterentwickeltes Fahrwerk mit elektronisch regelbaren Dämpfern.

Mit dem Leuchtband wirklich State of the Art: Die LED-Einheit hat sogar diverse Begrüßungs- und Abschieds-Formationen auf Lager.
(Foto: Patrick Broich)
Besonders stolz sind die Wolfsburger auf ihr neues Infotainment-Konzept mit reduziertem Kombiinstrument. Vor den Augen des Fahrers oder der Fahrerin findet sich lediglich ein schmales Display mit den wichtigsten Daten wie aktueller Geschwindigkeit und Reichweite, während das serienmäßige Head-up-Display deutlich mehr Platz einnimmt. Auf diese Weise soll der Blick des Fahrers möglichst auf der Straße gehalten werden, was die aktive Sicherheit erhöht. Im Bereich der Mittelkonsole finden die Passagiere nun einen großen Touchscreen (15 Zoll).
Die Ladeperformance geht in Ordnung
An Technologie mangelt es dem jüngsten Volkswagen-Mitglied ohnehin nicht. Da wäre beispielsweise das große Panorama-Glasdach. Es kommt ohne Jalousie aus, denn man kann es per Knopfdruck undurchsichtig schalten. Es funktioniert mit sogenannten polymer-dispergierten Flüssigkristallen - je nach angelegter Spannung lassen sie Licht durch oder eben nicht.

Freilich wird unterwegs per CCS-Stecker geladen – mit maximal 200 Kilowatt. Das ist zwar ordentlich, aber mit den künftigen 800-Volt-Systemen wird noch sehr viel mehr gehen.
(Foto: Volkswagen)
Was die Antriebe betrifft, so wird es zum Marktstart zwei Batterien geben. Die Basis speichert 77 kWh netto und der größere Akku verfügt über 86 kWh Kapazität (netto). Auch wenn noch keine homologierten Verbrauchsangaben vorliegen - das Reichweiten-Szenario kann sich sehen lassen. Selbst mit kleinem Stromspeicher soll der ID.7 rund 615 Kilometer weit fahren, während die große Batterie gar bis zu 700 Kilometer zulässt nach WLTP-Norm. Der Cw-Wert von 0,23 bei einer Stirnfläche von 2,45 Quadratmetern bürgt für Effizienz und dürfte Anteil an den beachtlichen Reichweiten haben.
Die jüngste Ausbaustufe des MEB schafft eine Gleichstrom-Ladeleistung von 200 Kilowatt. Das ist ordentlich, aber noch nicht das Ende der Fahnenstange. Hieran sieht man: Das inzwischen schon überholte 400-Volt-System bleibt vorerst. Damit sich die maximale Ladeperformance möglichst häufig und lange nutzen lässt, wird der Akku bei eingeschaltetem Navigationssystem aktiv temperiert. So lädt er stets optimal und den Akku hoffentlich in weniger als einer halben Stunde wieder auf 80 Prozent. Das ist schließlich wichtig für Kunden mit hohen Kilometerfahrleistungen.
Ein Cruiser, kein Sportler
Beim Thema Antrieb stehen die Zeichen auf Souveränität, aber nicht auf überbordendes Powerplay. Die verbesserte Permanentmagnet-Synchronmaschine verfügt über stärkere Magnete mit einer höheren thermischen Belastbarkeit. Außerdem verbesserten die Techniker die Kühlperformance, was der Effizienz wiederum zugutekommt. Resultat ist: Diese Maschine mit 545 Newtonmetern Drehmoment ist die bisher stärkste, die bei Volkswagen zum Einsatz kommt.
Dass man auch mit einem ID.7 eher reist statt rast, zeigt nicht zuletzt die auf 180 km/h begrenzte Höchstgeschwindigkeit. Aber eine Erhöhung des Maximaltempos wäre im Kontext mit dieser Plattform wohl ein zu großer Aufwand gewesen. Hier ruht die Hoffnung auf der Nachfolger-Plattform SSP (Scalable Systems Platform), die dann auch über ein 800-Volt-Bordnetz verfügt und deutlich schnellere Ladetempos zulassen wird. Hier müssen sich die Interessenten aber wohl noch eine Autogeneration gedulden.
Daher wird der große Reisewagen ID.7 noch eine Weile durchhalten müssen. Dessen luftiger Innenraum lässt sich übrigens nicht nur auf die äußeren Abmessungen zurückführen, sondern ebenso auf den langen Radstand von 2,97 Metern. Welcher wiederum den Komfort erhöht. Neugierig geworden auf eine Probefahrt? Das dauert noch eine Weile, denn mit der ersten Produktionscharge aus dem Werk Emden darf erst Ende dieses Jahres gerechnet werden. Bestellungen wird Volkswagen wohl ab Sommer entgegennehmen, zu Preisen von vermutlich unter 60.000 Euro.
Quelle: ntv.de