Unterhaltung

"Tatort: Die fette Hoppe" aus Weimar Blut, Wurst und Witz

Hoppla: Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner) in leicht brenzliger Situation.

Hoppla: Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner) in leicht brenzliger Situation.

(Foto: MDR / Andreas Wünschirs)

Ohne Wurstwitze kommt der Fleischer-"Tatort: Die fette Hoppe" dann doch nicht aus. Egal, Nora Tschirner und Christian Ulmen sind trotzdem die lustigsten Ermittler seit Thiele und Boerne. Wird Weimar jetzt das neue Münster?

Der erste Tag im neuen Job kann ganz schön anstrengend sein. Man muss sich so viele Namen merken, verläuft sich auf dem Weg zum Klo, ist stundenlang damit beschäftigt, den Rechner einzurichten. Oder man findet sich mitten in einer Geiselnahme wieder und muss mit ansehen, wie die Kollegen fast abgeknallt werden. So geht es dem neuen Kommissar in Weimar, gespielt von Christian Ulmen. Lessing, der Neue aus Hamburg, stolpert von der Burnout-Auszeit direkt in einen Großeinsatz im pittoresken Rathaus. Die hochschwangere Kollegin Kira Dorn (Nora Tschirner) ist in der Gewalt eines Verrückten - am Ende stellt sich jedoch alles als Übung heraus. Und der Neue ist der einzige, der nicht informiert war. Nicht witzig.

Tschirner und Ulmen - das ist wie gesucht und gefunden.

Tschirner und Ulmen - das ist wie gesucht und gefunden.

(Foto: MDR / Andreas Wünschirs)

Nicht witzig? Moment, dieser neue "Tatort" aus Weimar muss einfach witzig sein. Schließlich hat der MDR mit Nora Tschirner und Christian Ulmen zwei Schauspieler mit Humor-Stempel in die Pflicht genommen. So etwas kann natürlich schnell peinlich werden. Als die ARD etwa kürzlich versuchte, den jüngsten "Tatort" aller Zeiten zu drehen - mit, natürlich, den jüngsten Ermittlern überhaupt - wurde es ein Fremdschäm-Desaster. Und jetzt schon wieder so eine absehbare Nummer: Tschirner und Ulmen als "Tatort"-Kommissare. Alle bitte lachen: jetzt! Der Unterschied: es funktioniert.

Der "Tatort: Die fette Hoppe" ist kein Film, in dem der Humor bis zum Erbrechen durchgeknüppelt wird. Tschirner und Ulmen sind für sich schon so entspannt fröhlich und unterschwellig lustig. Und vor allem: Das Team funktioniert. Tschirner als hochschwangere, sarkastische, strebsame Jungkommissarin, Ulmen als unkonventioneller, etwas tollpatschiger Macker. Man merkt, dass die beiden sich lange kennen und mögen - aus MTV-Zeiten oder von gemeinsamen Filmprojekten ("FC Venus"). Regisseurin Franziska Meletzky hat auch schon für die Grimmepreis-gekrönte Krimi-Serie "Dr. Psycho" mit Ulmen gearbeitet.

"Das ist wie mit Sex"

Auch mit von der Partie: Everybody's Darling Palina Rojinkski.

Auch mit von der Partie: Everybody's Darling Palina Rojinkski.

(Foto: MDR / Andreas Wünschirs)

Der Fall: Weimars meistgehasste Frau wurde entführt. Die Wurstkönigin mit viel Kohle und wenig Gespür für Zwischenmenschlichkeit verschwindet von einem auf den anderen Tag, nur eine Blutlache deutet auf ein Verbrechen hin. Sohnemann Sigmar (Stephan Grossmann), Typ kleines Würstchen, das Mutti gefallen will, ist nur einer von vielen Verdächtigen. Da ist schließlich auch noch die Geliebte des Sohnes (Palina Rojinski), die schon zwei Männer unter die Erde gebracht hat, der Stadtführer mit Alkoholproblem (Dominique Horwitz), den die Hoppe ruiniert hat oder die Chefin vom Gewerbeamt (Ramona Kunze-Libnow), die mit undurchsichtigen Methoden einen Reibach macht. Mag die Hoppe auch die beste Rostbratwurst Thüringens herstellen, gehasst wird sie an jeder Ecke.

Dass die Olm vom Gewerbeamt am Ende die böse Wurstmörderin ist, ist recht früh absehbar. Da hat man sich jedoch längst verguckt in dieses trocken-ironische Ermittlerpärchen, das für einen Debüt-"Tatort" überraschend unverkrampft spielt. Tschirner und Ulmen, die MTV-Moderatoren ohne Schauspielausbildung haben zum Glück nie lernen müssen, witzig zu sein. Sie sind es einfach. Dass es nicht bei diesem einen Weihnachts-Special bleiben darf, hat auch der MDR eingesehen - eine Fortsetzung ist bereits in Planung.

Gegen Ende des Filmes kommt es dann zu der wohl überraschendsten Szene dieses "Tatort"-Jahres. Wenn sich herausstellt, dass die zwei reservierten Kollegen, die sich augenscheinlich noch nicht einmal sonderlich sympathisch sind, ein Paar sind (Drehbuch: Murmel Clausen und Andreas Pflüger). Da möchte man am liebsten den ganzen "Tatort" noch einmal sehen, weil diese Szene alles, was vorher war, ad absurdum führt.

Ja natürlich, das qualmende Stinktier unter der Motorhaube ("ein klassischer Selbstmarder") ist eine Spur zu viel Klamauk. Die tiefgefrorene Leiche auf der Hollywoodschaukel und die Wurstwortspiele aus dem Gag-Fleischwolf sind nahezu münsteresk. Aber wer will denn jetzt schon jeden Gag unter die Lupe nehmen. "Humor beschreibt und erklärt man nicht, Humor findet statt, und darüber redet man nicht. Das ist wie mit Sex", sagte Ulmen in einem Interview. Und was soll man sagen: Irgendwie hat er recht.

Quelle: ntv.de

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