König für ein Wochenende "Jurassic World" im Hollywood-Dilemma
16.06.2015, 18:00 Uhr
Chris Pratt landet nach "Guardians of the Galaxy" mit "Jurassic World" erneut einen Hit - er dürfte damit in die erste Actiongarde aufrücken.
Der neueste Dinosaurier-Film "Jurassic World" bricht an seinem ersten Wochenende im Kino etliche Rekorde. Diese ersten Tage sind heute für den Erfolg eines Films wichtiger denn je. Denn das Hollywood-Karussell dreht sich immer schneller.
Als 1993 "Jurassic Park" in die Kinos kam, trat er eine Welle der Begeisterung los. Dinosaurier waren fortan in vielen Kinderzimmern zu finden, in Form von Spielzeug, Bettwäsche oder Socken. Die beiden Nachfolger machten sich diesen Hype zunutze. Auch wenn sie an den Kinokassen weit weniger erfolgreich waren.
Entsprechend vorsichtig waren auch die Erwartungen an "Jurassic World", der Ende vergangener Woche weltweit in die Kinos kam. Klar, ein Erfolg würde der Film mit Chris Pratt und Bryce Dallas Howard werden. Was eignet sich schließlich besser für einen Sommerblockbuster als ein Actionfilm mit wilden Urzeitechsen und schönen Helden? Dass der vierte Teil der Reihe dann jedoch einen Triumphzug veranstaltete, überraschte selbst Experten.
Mehr als 460 Millionen Euro nahm der Film am ersten Wochenende weltweit ein. Ihm gelang damit der erfolgreichste Kinostart aller Zeiten. Auch auf dem wichtigsten Markt, den USA, triumphierte der Film: "Jurassic World" sammelte hier umgerechnet etwa 184,8 Millionen Euro ein. Das sind auf den ersten Blick mehr als die 183,6 Millionen, die "The Avengers" 2012 für sich verbuchen konnte. Inflationsbereinigt allerdings halten die Superhelden ihre Spitzenposition mit 188,6 Millionen.
Erfolgreichster Kinostart in 100 Jahren
Universal dürfte das egal sein. Das geschichtsträchtige Studio, das 1912 übrigens von einem Schwaben gegründet wurde, feiert mit "Jurassic World" seinen erfolgreichsten Kinostart aller Zeiten. Hinzu kommen glänzende Zahlen auf dem 3D- und Imax-Markt - auch hier werden Rekorde gebrochen.
Hollywood feiert diese und viele weitere Rekorde. Das hat natürlich seinen Grund: Nie war das Startwochenende für einen Film wichtiger. An diesen drei oder vier Tagen entscheidet sich, ob ein Streifen zum Hit oder Flop wird. Wer sich hier durchsetzt und das Feld anführt, der ist in der Woche darauf in aller Munde. Wer durchfällt, geht nicht selten unter. An einem Wochenende werden Stars geboren - oder Karrieren beendet.
Filme, gerade Blockbuster, sind zu einem Wochenend-Event geworden. Die Werbung, die Premieren, die internationalen Auftritte der Stars sind streng auf dieses Datum ausgerichtet. Nicht umsonst hat die "Süddeutsche Zeitung" diese Marketing-Strategie mit einem Wahlkampf verglichen, für den der Wahltag entscheidend ist. Der Kinogänger wählt einen Film - der Sieger triumphiert, der Unterlegene verschwindet in der Bedeutungslosigkeit, in kleinen Sälen und im Nachmittagsprogramm.
Das hat finanzielle Folgen: Wer am ersten Wochenende nicht genügend Zuschauer hat, bekommt Probleme, die Kosten, die meist die 100 Millionen Dollar überschreiten, einzuspielen. Dabei spielt der US-Start immer noch die größte Rolle. Der zweitgrößte, chinesische Markt wird noch weitgehend vernachlässigt - obwohl er das Zeug dazu hat, einen Film - zumindest finanziell - zu retten. Doch für das Image eines Films sind die ersten Tage in den amerikanischen Kinos entscheidend. Ist es da ein Wunder, dass man lieber auf Fortsetzungen und Adaptionen von Comics, Büchern oder Computerspielen setzt statt auf neue Stoffe? Hollywood geht kaum noch Risiken ein.
Eine Kinokarte für 100 Dollar?
Denn sieben Tage nach einem Erfolg steht bereits die nächste Großproduktion in den Startlöchern, um die Spitzenposition zu erobern - oder eben zum Flop degradiert zu werden. Filme, die nicht genügend einspielen, fliegen nach nur wenigen Wochen aus dem Programm. Kurz darauf folgt bereits die DVD. Die Zeiten, in denen ein Film durch Mundpropaganda über Wochen zum Erfolg werden konnte und eine Fangemeinde bilden konnte, sind zumindest für die großen Produktionen vorbei.
Hollywood dreht sich immer schneller. Es gibt mehr Filme, aber weniger Kinobesucher. Wer Erfolg haben will, muss alles auf eine Karte setzen. Es ist ein Vabanquespiel, das letztlich das gesamte System gefährdet. Steven Spielberg und George Lucas haben diese Entwicklung vor zwei Jahren beschrieben. Sie sagten damals, dass es irgendwann einen Crash im Filmgeschäft geben werde, wenn ein paar der großen Blockbuster floppen. "Am Ende wird es deutlich weniger Kinos geben, vor allem große mit viel Komfort. Ins Kino zu gehen wird 50, 100 oder sogar 150 Dollar kosten", sagte Lucas. Das Kino ist dann das, was Theater oder Oper heute sind: Ein seltenes Vergnügen.
Quelle: ntv.de