Autor Tibor Rode im Interview "Der Wolf triggert bei uns Menschen etwas Evolutionäres"
06.09.2024, 16:26 Uhr Artikel anhören
Der Wolf ist ein beeindruckendes Tier, das polarisiert.
(Foto: picture alliance / imageBROKER)
Der Wolf ist in Deutschland schon lange ein Politikum: Entweder man ist für ihn und versucht das Wildtier zu schützen. Oder aber man ist gegen ihn, will ihn jagen und töten. Ein Mensch wurde von einem Wolf in Deutschland aber noch nie angegriffen. "Noch nicht", sagt Bestsellerautor Tibor Rode ntv.de.
ntv.de: Herr Rode, direkt gefragt: Mögen Sie Wölfe?
Tibor Rode: Ich habe einen Hund. Der genetische Unterschied zwischen einem Hund und einem Wolf ist minimal. Über 98 Prozent der DNA ist gleich. Von daher hege ich erst einmal grundsätzlich Sympathien für den Wolf. Aber ich sehe natürlich auch die Probleme, die die Rückkehr des Wolfs in unsere deutschen Wälder mit sich bringt.
Sind Ihnen schon einmal welche über den Weg gelaufen?
Ich bin viel draußen in der Natur unterwegs, nicht zuletzt auch wegen meines Hundes. Aber in der Natur habe ich noch keinen Wolf gesehen. Was aber eher die Regel als die Ausnahme ist, wie ich aus Gesprächen mit Jägern und Wolfsforschern erfahren habe. Der Wolf ist sehr scheu. Ich stand aber letztens einem ganzen Rudel gegenüber. Gott sei Dank war da ein Zaun zwischen uns - denn es war in einem Wildpark (lacht).
Was zeichnet diese Tiere aus, weshalb polarisieren sie hierzulande so?
Wölfe sind einfach beeindruckend! Das liegt auch an der sie umgebenden Aura des Unbekannten. Sie sind aber auch beängstigend: Wenn man mal gesehen hat, welch brutale Verletzungen Wölfe beispielsweise an einem gerissenen Schaf hinterlassen, weiß man, warum das Thema Wolf hierzulande polarisiert. Die einen wollen ihn jagen und töten, die anderen schützen. Die Positionen sind radikal, Grautöne scheint es nicht zu geben.
Und dann gibt es da ja auch noch die Märchen …
Richtig. Der Wolf triggert bei uns Menschen etwas Evolutionäres, nicht umsonst ist er in Märchen stets die Verkörperung des Bösen. Wir sind mit der Verteufelung des Wolfs aufgewachsen. So etwas prägt auch das Bewusstsein gegenüber diesen Tieren. Und dann gibt es noch das Argument, dass der Wolf nicht in unsere Kulturlandschaft passe. Der Wolf ist ein Immigrant. Er hätte etwas Fremdes an sich. Und diese Angst vor dem Fremden ist ebenfalls tief verwurzelt in unserem Bewusstsein.
Ihr neues Buch heißt "Lupus". Worum geht es
Es geht um verschwundene Jäger, Wölfe, die offensichtlich Menschen angreifen, eine Insel, die niemand betreten darf und eines der bestgehüteten Geheimnisse der DDR-Geschichte. Und dann ist da noch ein mysteriöser Wolfsschutzzaun, dessen künstliche Intelligenz erstaunliche Daten liefert. In all dem Chaos sucht die Tierärztin, Jägerin und Wolfsbeauftragte Jenny Rausch nach ihrem wie vom Erdboden verschluckten Vater und kommt dabei mit Staatsanwalt Frederik Bach einer bereits Jahrzehnte zurückreichenden Verschwörung auf die Spur.
Das klingt nach einem hoch spannenden Thriller. Woher stammt die Idee dafür?
Das Thema Wölfe drängt sich aktuell förmlich auf. Es ist zudem Emotion pur, nahezu jeder hat eine Meinung zum Wolf. Und wo Emotion ins Spiel kommt, da ist auch Spannung. Ich bin zudem im Bereich der What-if-Thriller unterwegs und habe mir daher die Frage gestellt: Was würde passieren, wenn tatsächlich in Deutschland mal ein Wolf einen Menschen angreift? Bisher gab es das hierzulande nicht. Noch nicht. Und dann wäre ich nicht Tibor Rode, wenn nicht auch eine Verschwörung involviert wäre. (Lacht) So kam eines zum anderen und die Geschichte hat sich fast selbst zusammengefügt.
"Lupus" spielt in der Gegenwart. Immer wieder blicken Sie aber auch zurück in die DDR-Geschichte und auch in die Nazi-Zeit, Ende des Zweiten Weltkriegs. Wie aufwändig war die Recherche für Ihr Buch? Wie sind Sie vorgegangen?
Tibor Rode wurde 1974 in Hamburg geboren. Er studierte Rechtswissenschaften und arbeitete erst als Journalist, später als Justiziar für eine große Tageszeitung. Heute lebt er in Hamburg. Seine Thriller beschäftigen sich mit großen gesellschaftlichen Fragen und wissenschaftliche Themen. Seine Thriller, etwa "Das Mona-Lisa-Virus" oder "Der Wald", sind weltweit in vielen verschiedenen Ländern erschienen. "Lupus" ist sein aktueller Thriller und sein zweiter Roman bei Droemer Knaur.
Meine Bücher sind alle sehr rechercheaufwändig, aber das ist es auch, was mir neben dem Schreiben an sich so viel Spaß macht. Ich habe zunächst umfangreich Sekundärliteratur gewälzt. Ich war aber auch an den Schauplätzen vor Ort und habe sie mir so weit es ging, angeschaut. Dazu kommen noch Dutzende Gespräche, beispielsweise mit Jägern, Stichwort: Authenzität. Ich war aber beispielsweise auch im DDR-Museum in Berlin.
Achtung Spoiler-Alarm: In "Lupus" geht es auch um ein "Geheimprojekt" der Nazis - und das "bestgehütete Geheimnis der DDR-Geschichte". Wie viel davon ist wahr, wie viel ist Fiktion in Ihrem Buch?
Meine Bücher sind wie Filme im Kopf. Sie leben davon, dass ich Realität und Fiktion miteinander verwebe. Dabei sind meist die unglaublichsten Dinge genau die, die am Ende wahr sind (lacht).
In ihren bisherigen Thrillern - etwa "Das Mona-Lisa-Virus" oder auch "Der Wald" - führten Sie die Leser und Hörer meist in einer wilden Hatz rund um die Welt. Die wilde Hatz gibt es auch in "Lupus", aber der Plot spielt diesmal ausschließlich in Deutschland, genauer in Mecklenburg-Vorpommern. Warum Meck-Pomm?
Beim Thema Wölfe war mir sofort klar, dass ich es in Mecklenburg-Vorpommern spielen lasse, rund um das Peenetal. Der Grund dafür war auch die Nähe zur Insel Riems, der "gefährlichsten Insel der Welt", dem "Alcatraz der Viren". Sie passte hervorragend zum Plot. Zudem finde ich, dass Mecklenburg-Vorpommern noch viel Unentdecktes bereithält, geheimnisvolle Orte - und das fasziniert mich.
Wird auch Ihr nächster Thriller, der vermutlich im kommenden Jahr erscheinen wird, wieder in Deutschland spielen? Können Sie schon etwas zum Plot, zur Idee verraten?
Nach dem Buch ist vor dem Buch (lacht). Ich sitze wirklich schon an meinem nächsten Thriller. Da wir Autoren unsere jeweils nächsten Plots aber wie unsere Augäpfel hüten, wird hier nur so viel verraten: Die Hauptcharaktere werden wieder auf Weltreise gehen - und es wird wieder um "Tiere" gehen.
Mit Tibor Rode sprach Thomas Badtke
Quelle: ntv.de