Wirbel um Instagram-Post Antisemitismus-Vorwürfe überschatten Berlinale
25.02.2024, 19:12 Uhr Artikel anhören
Der Filmemacher Ben Russell (r.) trug am Samstag ein Palästinensertuch.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Goldenen und Silbernen Bären sind überreicht, doch die Preisverleihung der Berlinale hallt noch nach. Nach Äußerungen auf der Bühne spricht unter anderem Berlins Bürgermeister Wegner von Antisemitismus. Für massive Kritik sorgt auch ein inzwischen gelöschter Instagram-Beitrag.
Nach der Berlinale-Preisverleihung am Samstag sind Antisemitismus-Vorwürfe geäußert worden. Hintergrund ist unter anderem ein Auftritt des Filmemachers Ben Russell. Dieser ging bei der Veranstaltung mit einem Palästinensertuch auf die Bühne und äußerte Genozid-Vorwürfe wegen des israelischen Vorgehens im Gazastreifen. Dabei wurde vom Publikum applaudiert.
"Das was gestern auf der Berlinale vorgefallen ist, war eine untragbare Relativierung", schrieb Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner zu dem Vorfall im Internetdienst X (früher Twitter). "In Berlin hat Antisemitismus keinen Platz, und das gilt auch für die Kunstszene", stellte er klar. "Ich erwarte von der neuen Leitung der Berlinale, sicherzustellen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholen", schrieb Wegner weiter.
"Nach den Ereignissen von Samstag müssen wir hinterfragen, ob das so bleiben kann, wie wir damit in Zukunft umgehen", sagte die FDP-Obfrau im Bundestags-Kulturausschuss, Anikó Glogowski-Merten, dem Portal The Pioneer. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz sprach auf X von einer "perfiden Täter-Opfer-Umkehr". Von einer "Schande" sprach dort CSU-Generalsekretär Martin Huber. Er kritisierte auch Kultur-Staatsministerin Claudia Roth, weil diese nicht eingegriffen habe.
Filmemacher forderte Stopp von Waffenlieferungen
Vorwürfe gab es auch gegen den palästinensischen Filmemacher Basel Adra, dessen Film "No other Land" den Panorama-Publikumspreis in der Kategorie Dokumentarfilme erhielt. Adra wandte sich demnach gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel. Der Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober sei jedoch auf der Veranstaltung nicht erwähnt worden, bemängelten die Kritiker. Der Film "No other Land" befasst sich mit der Vertreibung von Palästinenserinnen und Palästinensern aus Dörfern im Westjordanland durch die israelische Armee.
Zu Beginn der Gala hatte die Co-Chefin der Berlinale, Mariette Rissenbeek deutlich gemacht, dass es für "Hetze, Antisemitismus, antimuslimischen Hass und jede Form von Diskriminierung" keinen Platz bei der Berlinale gebe. Den Gaza-Krieg bezeichnete sie als "humanitäre Katastrophe". "Wir fordern Hamas auf, die Geiseln umgehend freizulassen und wir fordern Israel dazu auf, alles erdenklich Mögliche zu tun, um die Zivilbevölkerung in Gaza zu schützen und dafür zu sorgen, dass dauerhaft Frieden in der Region wiederkehren kann. Die Kampfhandlungen müssen aufhören."
Wirbel um Instagram-Post
Zudem distanzierte sich die Berlinale nun von einem israelfeindlichen Instagram-Beitrag zum Nahost-Konflikt, der zuvor auf einem Konto der Berlinale-Reihe Panorama veröffentlicht worden ist. "Diese Posts stammen nicht vom Festival und repräsentieren nicht die Haltung der Berlinale", teilte die Berlinale in ihrer Instagram-Story mit. "Wir haben sie sofort gelöscht und eine Untersuchung angestoßen, wie es zu diesem Vorfall kommen konnte." Das Filmfestival kündigte an, eine Strafanzeige gegen Unbekannt zu erstatten.
Auf X, ehemals Twitter, kursierten Screenshots von dem Konto der Panorama-Sektion der Berlinale. Auf einem Foto war der Slogan "Free Palestine - From the River to the Sea" ("Freies Palästina - vom Fluss bis zum Meer") zu sehen. Mit dem Satz ist gemeint, es solle ein freies Palästina geben auf einem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer - dort, wo sich jetzt Israel befindet.
Quelle: ntv.de, mdi/AFP/dpa