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Lega-Chef folgt Marine Le Pen Auch Salvini wendet sich von AfD ab - aus Kalkül

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Salvini wollte Frontmann der europäischen Rechten sein, doch die Frontfrauen Meloni und Le Pen stehen im Rampenlicht.

Salvini wollte Frontmann der europäischen Rechten sein, doch die Frontfrauen Meloni und Le Pen stehen im Rampenlicht.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Die Partei der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen bricht mit der AfD. Auch Italiens Lega-Partei geht auf Distanz. Lega-Chef Salvini geht es dabei weniger um etwaige Grenzüberschreitungen der deutschen Kollegen. Es geht um die Rolle seiner Partei in Europa.

Italiens Infrastrukturminister und Vize-Regierungschef Matteo Salvini will mit der AfD nichts mehr zu tun haben. "Marine Le Pen und ich vertreten dieselbe Linie", sagte Salvini in seiner Funktion als Vorsitzender der rechtsnationalistischen Partei Lega. Der Rassemblement National (RN), Partei der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen, hatte am Vortag seinen Bruch mit der deutschen Partei verkündet.

Der RN-Vorsitzende Jordan Bardella begründete die Abkehr von der AfD mit einem Interview, das Maximilian Krah, dem AfD-Spitzenkandidaten bei den anstehenden EU-Wahlen, der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" gegeben hatte. In diesem sagte Krah: "Ich würde nicht sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trägt, automatisch ein Verbrecher ist."

Aus Sicht des RN waren diese Einlassungen der Tropfen, der das Fass überlaufen ließ. Marine Le Pen, ehemalige Vorsitzende der Front National und Gründerin von RN, war schon vor Monaten auf Distanz zur AfD gegangen. Grund dafür war ein Treffen verschiedener ultrakonservativer bis rechtsextremer Aktivisten in Potsdam, bei dem laut "Correctiv" darüber gesprochen wurde, Millionen Einwanderer wieder aus Deutschland zu entfernen.

Le Pen will bei den nächsten Präsidentschaftswahlen in Frankreich wieder antreten, laut Umfragen hat RN die 30-Prozent-Marke überschritten. Warum sollte man sich die zurzeit rosig erscheinende Zukunft wegen falscher Freundschaften vermasseln?

Salvini bangt um Le Pens Partnerschaft

Salvinis Kehrtwende in seinem Verhältnis zur AfD hat andere Gründe. Immerhin war der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla bei den letzten von Salvini organisierten Treffen der internationalen Rechten ein willkommener Gast und Redner. Chrupallas Co-Vorsitzende Alice Weidel hat nie daran teilgenommen.

Was Salvini zum Umdenken bringt, könnte von der Sorge getrieben sein, dass ihn mit Le Pen seine wichtigste Verbündete verlassen, beziehungsweise RN aus der gemeinsamen Europaparlamentsfraktion Identität und Demokratie (ID) austreten könnte. Die Franzosen stellen nach den Italienern - die Lega hat außerdem den Fraktionsvorsitz inne - die zweitgrößte Delegation, gefolgt von den Abgeordneten der AfD. Auch Bardellas Ankündigung, die Fraktionen im EU-Parlament würden nach der Parlamentswahl auf Null zurückgesetzt und neu aufgestellt werden, ließ Salvini aufhorchen.

Ferner dürfte Salvini nicht entgangen sein, dass Le Pen am vergangenen Wochenende eigens nach Madrid gekommen war, um an der von der rechtsextremen spanischen Partei Vox organisierten Veranstaltung EuropaViva teilzunehmen. Den von Salvini organisierten Treffen, zuerst in Florenz und dann in Rom, war sie dagegen ferngeblieben und beließ es stattdessen bei jeweils einer Videobotschaft. Irritierend muss ihre Anwesenheit in Madrid auch deswegen empfunden worden sein, weil Vox nicht der ID-Fraktion angehört. Stattdessen tummeln sich die Spanier in der von Giorgia Meloni, Regierungschefin und Vorsitzende der rechten Fratelli d’Italia, geführten Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR).

Rechts mit der EVP

Und dann ist da noch Meloni. Auch sie bereitet Salvini Kopfschmerzen. Immer wieder zwingt sie ihn, seine Kampfansagen und Versprechen zu überdenken, zu revidieren und klein beizugeben. Jetzt nimmt sie ihm aber sogar die Ideen ab.

In ihren letzten Reden beim Parteikongress der Fratelli d’Italia, per Video zugeschaltet zu Vox-Treffen in Madrid und bei einer TV-Sendung kam Meloni immer wieder auf die Notwendigkeit zu sprechen, eine breite Front von rechten europäischen Parteien zu bilden. Dass die konservativen Parteien in Europa immer wieder mit den Sozialdemokraten statt mit dem rechten Rand Mehrheiten bilden, erscheint Meloni "unnatürlich". Le Pen teilt Melonis Vision einer Einheitsbewegung. Sie fand kürzlich sogar ausdrücklich lobende Worte für Italiens Regierungschefin. Zuvor hatte die Französin Meloni noch herausgefordert und ein Bekenntnis verlangt, ob die Fratelli d'Italia eine zweite Amtszeit von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterstützen würden. Le Pen ist eine Gegnerin von Von der Leyen.

Meloni möchte nach den Europawahlen eine Mitte-Rechts-Mehrheit mit der EVP formen. Da sie aber weiß, dass im rechten Lager von der Leyen alles andere als beliebt ist, lässt Meloni sich seit Längerem mit der Deutschen nicht mehr sehen. Wobei nicht nur Meloni die EU-Kommissionspräsidentin meidet. Unlängst war von der Leyen auf Wahlkampftour in Rom, hatte aber mit keinem Politiker ein Treffen, nicht einmal mit einem von Forza Italia, obwohl die Partei des verstorbenen Silvio Berlusconi zur EVP gehört und von der Leyen deren Gast war.

Aber zurück zu Melonis Vorhaben, eine rechte Front zu bilden, um die Sozialdemokraten aus den Machtpositionen zu verdrängen. Die Idee stammt von Salvini, er machte damit schon Wahlkampf, als dieser noch gar nicht eröffnet war und sich Meloni noch geneigt zeigte, die Wiederwahl der amtierenden EU-Kommissionspräsidentin zu unterstützen. Dass ihn eine Frau austrickst hat, mag für Salvini bitter sein. Er könnte sich aber mit der Feststellung trösten, dass derzeit nicht nur in Italien Frauen das Ruder an sich reißen.

Quelle: ntv.de

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