Politik

Ampelstreit beigelegt? Blome: "Erwarte Koalition des Misstrauens"

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
ntv-Politikchef Blome erwartet kein harmonisches Weiterregieren der Ampelkoalition.

ntv-Politikchef Blome erwartet kein harmonisches Weiterregieren der Ampelkoalition.

(Foto: WDR/Oliver Ziebe)

Wochenlang liegt die Ampel im Clinch, vor allem FDP und Grüne kommen auf keinen gemeinsamen Nenner. Doch der scheint jetzt gefunden: Nach 30 Stunden Koalitionsausschuss legt die Regierung ihre Pläne vor. Die sind auch Thema in den Talkshows von ARD und ZDF.

Dreißig Stunden haben sie zusammengesessen, die Koalitionäre von SPD, FDP und Grünen. Am Ende herausgekommen sind sechzehn Seiten, auf denen nichts weniger steht als ein neuer Koalitionsvertrag für die nächsten Jahre. Würde es einen Sieger geben bei den Verhandlungen, dann dürfte das die FDP sein. Neben der Energieneutralität beim Heizungsumbau, die das Gebäudeenergiegesetz vorsieht, geht auch der beschleunigte Ausbau von 144 Autobahnprojekten auf ihr Konto. Auch für den Bürokratieabbau hat sie sich schon seit Jahren eingesetzt, der jetzt beschleunigt werden soll.

Doch auch die Grünen haben einiges erreicht. Neue Autobahnstrecken sollen mit Solarpanels ausgestattet, der Schienenausbau vorangetrieben werden, auch wenn dessen Finanzierung noch nicht wirklich geklärt ist. Zwar soll die LKW-Maut im nächsten Jahr angehoben werden und 80 Prozent davon in das Schienenprojekt fließen, aber das reicht lange nicht aus. Auch der Naturschutz soll gefördert werden. Dafür mussten die Grünen andere Projekte begraben: Ein Tempolimit zum Beispiel scheint endgültig vom Tisch zu sein, wird in dem Dokument jedenfalls mit keinem Wort erwähnt.

Und die SPD? Deren Vorsitzender Lars Klingbeil darf am Dienstagabend die Pressekonferenz eröffnen, in der die Ergebnisse des Koalitionsausschusses präsentiert wurden und anschließend in ARD und ZDF Interviews geben. Auch was. Etwas haben die Koalitionäre jedoch geschafft, und das haben sie ihren Vorgängern der letzten Jahre definitiv voraus: Während der Gespräche ist nicht ein Wort nach außen gedrungen. Ein Versprechen, das sie vor eineinhalb Jahren gegeben und an das sie sich perfekt gehalten haben.

Jedenfalls scheint der Streit vorerst beigelegt zu sein. RTL- und ntv-Politikchef Nikolaus Blome glaubt jedoch, dass die Auseinandersetzungen der letzten Wochen Spuren hinterlassen haben. Er fürchtet, Deutschland werde in den nächsten Jahren eine "Koalition des Misstrauens" erleben. Bei Maischberger in der ARD will der Journalist am Dienstagabend nicht über Sieger und Verlierer reden. Aber er lobt: "Zumindest an einer Stelle hat sich die Vernunft durchgesetzt: Das ist das Erreichen der Klimaziele beim Kohlendioxid." Etwas ironisch erwähnt Blome, er wünsche sich nicht nur Solarpanels an den Autobahnen, sondern auch ein besseres Handynetz an den Schienen. Die Digitalisierung scheint bei den Mammutverhandlungen der Regierung allerdings kein Thema gewesen zu sein. Blome kritisiert schließlich, dass nichts über die Haushaltspläne und zu wenig über die viele Bürger betreffende Frage des Heizungsumbaus geregelt sei.

Klimaschutz gemeinsames Interesse

Genau darüber spricht zu gleicher Zeit Wirtschaftsminister Robert Habeck bei Markus Lanz im ZDF. "Wir sind darin überein, dass wir ab dem nächsten Jahr den Einbau von neuen Öl- und Gasheizungen nicht wollen", sagt der Grünen-Politiker. Die Diskussion sei jedoch noch nicht zu Ende. Man wolle, dass der Bundestag das betreffende Gebäudeenergiegesetz bis zu den Sommerferien verabschieden könne.

Nach dem Willen der Koalition soll das Gesetz weiterhin zum 1. Januar 2024 gelten. Dann sollen - von einigen Ausnahmen abgesehen - nur noch Heizungen eingebaut werden dürfen, die mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Schon jetzt müssen Gas- und Ölheizungen spätestens nach dreißig Jahren ausgetauscht werden. Hier soll es in Zukunft Ausnahmen geben, sagt Habeck: "Alte Menschen, die die Investition nicht stemmen können oder wollen, werden wir von dieser Pflicht befreien."

Neu ist auch, dass die finanzielle Förderung von Wärmepumpen, die zurzeit bei bis zu 40 Prozent liegt, ab 2024 nicht mehr von jedem in Anspruch genommen werden kann. Habeck: "In Zukunft schauen wir auf die Einkommenslage und sorgen für einen sozialen Ausgleich, sodass Menschen mit unteren und mittleren Einkommen nicht überfordert werden, nach meiner Ansicht nicht draufzahlen müssen."

Ein Problem gibt es jedoch: Im Moment ist es in Deutschland fast unmöglich, eine Wärmepumpe zu bekommen, von Heizungsmonteuren mit entsprechendem Fachwissen mal ganz abgesehen. Installateure würden zurzeit nachgeschult, sagt Habeck.

Allerdings stellt er klar, dass nicht unbedingt Wärmepumpen eingebaut werden müssten. Auch das Heizen mit grünem Wasserstoff solle in Zukunft möglich sein. Städte und Kommunen könnten zudem Fern- oder Nahwärmenetze einrichten. Den Netzausbau will die Bundesregierung beschleunigen. In einem solchen Fall dürften Hauseigentümer, deren Öl- oder Gasheizung zu früh den Geist aufgibt, für eine Übergangszeit auch einen gebrauchten Heizkessel einbauen, verspricht Habeck.

"Autobahnausbau pragmatische Lösung"

Mehr zum Thema

Nicht wirklich zufrieden gewesen seien die Grünen mit dem beschlossenen Autobahnausbau, gibt Habeck zu. "Das ist eine pragmatische Lösung", sagt er bei Lanz, "Da sind wir nicht stolz drauf, aber das gehört zum Wesen von Kompromissen."

Also alles gut? CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt glaubt das nicht. "Wir haben eine Streitampel, und jetzt wird der Streit zur Kultur erklärt", sagt der Politiker bei Maischberger im Ersten. Das Ergebnis sei für eine 30-Stundensitzung zu unkonkret, so Dobrindt. Anders als CDU-Chef Friedrich Merz würde er jedoch nicht von einer Regierungskrise sprechen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen