Aber nur ein Land will es tunBundesländer stimmen für umstrittene CO2-Speicherung

Für Branchen wie die Zementindustrie gilt es als unvermeidbar. Nun darf CO2 auch in Deutschland unterirdisch gespeichert werden. Das Gas soll vor allem unter dem Meeresboden landen, doch eine Klausel im Gesetz betrifft auch alle Bundesländer.
Der Bundesrat hat den Weg für eine unterirdische CO2-Speicherung in Deutschland frei gemacht. Zuvor hatte bereits der Bundestag zugestimmt. Die Speichertechnik wird nun im industriellen Maßstab erlaubt. Diese Möglichkeit soll der Zement-, Kalk- und Aluminiumindustrie helfen, deren CO2-Emissionen derzeit als unvermeidlich gelten.
Das Gesetz sei ein wichtiger Baustein zur Dekarbonisierung, sagte Stefan Rouenhoff, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, im Bundesrat. Der neue Rechtsrahmen werde von der Industrie sehnlichst erwartet.
Das Gesetz sieht die CO2-Speicherung vor allem unter dem Meeresboden vor - allerdings nicht in Schutzgebieten und in Küstennähe. Das betrifft Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Schleswig-Holsteins Regierung stimmte nur zähneknirschend zu. 2014 hatte der Landtag eine unterirdische CO2-Speicherung noch einstimmig abgelehnt. Der Südschleswigsche Wählerverband bezeichnete das Gesetz vor der aktuellen Abstimmung im Bundesrat als "Kniefall vor der Gaslobby". Auch der grüne Umweltminister Tobias Goldschmidt verweigerte sich lange. Die schwarz-grüne Landesregierung stimmte nun dennoch zu. "Wir können es uns einfach nicht mehr leisten, weiterhin CO2 in die Luft zu blasen", so Goldschmidt.
CO2-Speicher unter der eigenen Landesfläche und unter dem Küstenmeer aber lehnt Schleswig-Holstein laut NDR klar ab. Genau wie Niedersachsen. Das Bundesland könne aber betroffen sein, wenn die Bundesregierung CO2 in der Nordsee verpresse - weit außerhalb der Landesgrenzen. Dafür müssten Kohlenstoff-Leitungen durch Niedersachsen verlegt werden, wird Niedersachsens grüner Umweltminister Christian Meyer zitiert. Das vom Bundesrat beschlossene Gesetz ermöglicht den Aufbau eines Pipelinenetzes, mit dem das Treibhausgas abtransportiert werden kann. Auch Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg äußern sich kritisch, sehen maximal eine Speicherung unter dem Meeresboden als Option.
"Eigentlich ist schon alles verplant"
Ein deutsches Forschungsprojekt untersucht dafür aktuell die ausschließliche Wirtschaftszone Deutschlands auf geeignete Gesteinsformationen. In einem Zwischenbericht schätzten die Forschenden das Potenzial der Nordsee 2024 auf maximal 5,5 Milliarden CO2. Das entspricht in etwa dem Zehnfachen des deutschen Jahresausstoßes. Bei den betrachteten Gesteinen handele es sich vor allem um Formationen, die in Tiefen bis zu circa 5000 Metern unter dem Meeresboden vorkommen.
Die wesentlichen Herausforderungen: Leckagen aus dem Speichergestein vermeiden und den seismischen Lärm bei Arbeiten wie der Speichererkundung und -überwachung minimieren. Auch müsse man Lösungen für Nutzungskonflikte finden und diese in der Meeresraumplanung berücksichtigen.
Das könnte schwierig werden: Nord- und Ostsee werden bereits intensiv genutzt. Das ZDF zitiert zur Nordsee den Geologen Klaus Wallmann vom Helmholtz-Institut in Kiel: "Windkraft, Schifffahrtsstraßen, Naturschutzgebiete. Eigentlich ist alles schon verplant." An Land wäre die Speicherung einfacher und günstiger. Das lehnten laut einer Anfrage des ZDF im September aber alle Bundesländer ab.
Neue Geschäftsmodelle für fossile Industrie?
Eine Klausel ermöglicht einzelnen Bundesländern die Speicherung an Land. Bayern will diese Option prüfen. Man werde "die Möglichkeiten einer Speicherung auf dem Landesgebiet auf wissenschaftlicher, technischer und ökonomischer Basis sowie unter Berücksichtigung der industriepolitischen Bedeutung abwägen", hieß es im Sommer aus dem bayerischen Wirtschaftsministerium. Auch Baden-Württemberg schließt eine lokale Lösung zumindest nicht aus, schreibt die "SZ".
Klimaschädliches CO2 entsteht in Industrieanlagen und bei der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle. Der Bundesverband der Deutschen Industrie hatte die CO2-Speicherung als entscheidend für die wettbewerbsfähige Transformation der Industrie zur Klimaneutralität bezeichnet.
Umweltverbände dagegen äußern Kritik: So warnte der BUND, das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz bedrohe Klima, Wirtschaft und Trinkwassersicherheit. Die Regelungen bremsten die Energiewende aus und eröffneten fossilen Industrien sogar neue Geschäftsmodelle. Anstatt CO2 von vornherein zu vermeiden, solle dieses künftig teuer eingefangen und unter enormem Energieaufwand verpresst werden.