Von Einwanderung bis Cannabis Das planen die Innenminister für mehr Sicherheit
08.12.2023, 20:48 Uhr Artikel anhören
Peter Beuth aus Hessen, Bundesministerin Nancy Faeser, Iris Spranger aus Berlin sowie ihr Hamburger Kollege Andy Grote waren bereits am Donnerstag bei einer Pressekonferenz gut gestimmt, gemeinsame Beschlüsse zu verabschieden.
(Foto: dpa)
Die Themen Einwanderung, innere Sicherheit und Schutz des jüdischen Lebens in Deutschland bestimmen die Herbstkonferenz der Innenminister in Berlin. Aber auch über Cannabis und die Gewinnabschöpfung von Kriminellen wird debattiert. Die Ressortchefs der Bundesländer können sich zum Abschluss ihrer dreitägigen Sitzung in Berlin in einigen Dingen einigen. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
Einwanderung, Ausweisung und Abschiebung:
Einwanderung: Weitgehend zufrieden zeigen sich die Minister über die Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die Mitte Oktober begonnenen stationären Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz noch bis mindestens Mitte Februar fortzusetzen. Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang kritisiert jedoch die Entscheidung der Bundesregierung, lediglich Moldau und Georgien zur Liste der sogenannten sicheren Herkunftsländer hinzuzufügen. Es sei folgerichtig, "dass die Innenministerkonferenz bekräftigt hat, auch Armenien, Indien und die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten einzustufen". Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten müsse folglich deutlich erweitert werden - auch weil damit ein Signal ausgesendet würde, damit sich jemand "ohne wirklichen Schutzgrund gar nicht erst auf den Weg macht".
Ausweisungen: Die Konferenzteilnehmer sprechen sich zudem dafür aus, das Aufenthaltsgesetz so zu ändern, dass "Ausweisungen von an gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligten Personen" erleichtert werden. Der entsprechende Paragraf des Gesetzes sieht ein besonderes Ausweisungsinteresse bei bestimmten Straftaten vor, etwa solchen, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richten. Dabei wolle man gerne unter anderem auch Landfriedensbruch und Volksverhetzung aufnehmen.
Abschiebungen: Zudem bitten die Minister den Bund, Abschiebungen für schwere Straftäter und sogenannte Gefährder zu ermöglichen. "Gefährder" sind Menschen, denen die Polizei schwere staatsgefährdende Straftaten bis hin zu Terroranschlägen zutraut. Solche Abschiebungen - etwa in Kooperation mit Nachbarstaaten der Herkunftsländer - seien zwar sehr aufwendig, sollten aber dennoch versucht werden, heißt es.
Antisemitismus und Existenzrecht Israels: Wegen des Terrorangriffs auf Israel regen die Minister an, die öffentliche Leugnung und Verneinung des Existenzrechts Israels unter Strafe zu stellen. Man bitte die Bundesinnenministerin zu prüfen, ob das Strafrecht entsprechend angepasst werden müsse, sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger. Dabei geht es um Parolen gegen Israel, die bei Demonstrationen palästinensischer Gruppen schon seit vielen Jahren skandiert werden. Die Innenminister unterstützen das Vorhaben der Bundesregierung, Ausländer "mit antisemitischer, rassistischer oder sonstiger menschenverachtender Einstellung" nicht als Deutsche einzubürgern. Tests zur Einbürgerung sollten mit Fragen zur besonderen Verantwortung für jüdisches Leben in Deutschland und zum Existenzrecht Israels ergänzt werden.
Außerdem bitten einige Minister um "die Prüfung rechtlicher Möglichkeiten", dass Menschen mit mehreren Staatsangehörigkeiten, die wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung oder wegen einer sonstigen schweren staatsgefährdenden Straftat verurteilt werden, ihre deutsche Staatsangehörigkeit verlieren.
Verstärkung der inneren Sicherheit:
Sicherheit auf Flughäfen: Nach einigen Vorfällen, bei denen radikale Klimaschutz-Demonstranten und ein Kindesentführer auf Außengelände von Flughäfen eindrangen, wollen die Minister die bundesweiten Sicherheitsvorkehrungen erhöhen, wie Hamburgs Innensenator Andy Grote sagte. Dafür seien die Betreiber der Flughäfen verantwortlich. Auch eine härtere Bestrafung der Täter sei nötig. Strafrechtlich gehe es bisher oft nur um Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung. Eine Unterbrechung des Flugverkehrs müsse aber strafrechtlich härter bewertet und geahndet werden.
Bedrohung durch islamistischen Terrorismus: Innen-Staatssekretär Hans-Georg Engelke betonte: "Wir haben eine verschärfte Bedrohungslage, insbesondere durch den islamistischen Terrorismus. Wir sehen im dschihadistischen Spektrum durchaus verstärkt Aufrufe zu Attentaten." Zudem sei auch die Gefahr weiterer Emotionalisierung und Radikalisierung sehr hoch. Daher behalte man die Szene sehr eng im Griff und tue alles, um weitere Radikalisierungen zu stoppen. So habe das Bundeskriminalamt seit dem 7. Oktober mehr als 200 Kanäle und Inhalte allein im Nachrichtendienst "Telegram" löschen lassen und mehr als 1500 Forderungen zum Löschen an andere Anbieter gerichtet.
Lücken im Zivilschutz: Ebenfalls zu Gast bei der Konferenz war Verteidigungsminister Boris Pistorius. Er sprach mit den früheren Amtskollegen darüber, wie der Schutz der Zivilbevölkerung im Spannungs- oder Kriegsfall sichergestellt werden kann. Darüber, dass es hier Lücken gibt, sind sich alle einig. Uneinigkeit gibt es dennoch zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung. Anders als beim Katastrophenschutz, der Aufgabe der Länder ist, ist beim Zivilschutz der Bund gefordert.
Cannabis und Kampf gegen organisierte Kriminalität:
Cannabis-Legalisierung: Einige Minister wenden sich weiterhin gegen die Legalisierungspläne der Ampel-Regierung und haben diese aufgefordert, davon Abstand zu nehmen. "Es ist allen bewusst, dass die Legalisierung von Cannabis deutliche Auswirkungen auf die Sicherheit in unserem Land hat, die von der Bundesregierung weitestgehend ignoriert werden", kritisierte Hessens Innenminister, Peter Beuth.
Die Ampel-Koalitionsfraktionen haben sich auf Details eines Gesetzentwurfes verständigt. Cannabis soll demnach im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen werden. Eigenanbau und Besitz bestimmter Mengen der Droge sollen für Volljährige ab 1. April 2024 erlaubt sein. Zum 1. Juli sollen außerdem Clubs zum gemeinsamen Anbau möglich werden.
Abschöpfung von Vermögen von Kriminellen: Die Minister sind sich weitgehend einig, dass das Vermögen von Straftätern - welches durch Kriminalität erlangt wurde - leichter entzogen werden soll. Das betonte Spranger auch mit Blick auf ein jüngstes Gerichtsurteil, in dem die Beschlagnahmung von Immobilien eines Clan-Mitglieds abgelehnt wurde, weil die Richter nicht genug Beweise sahen. Nötig sei die sogenannte Beweislastumkehr wie in Italien, bekräftigte Spranger. Im Verdachtsfall müsse der Besitzer nachweisen, woher sein Geld stamme. Nur so könnten kriminelle Strukturen auf Dauer geschwächt werden. Gefängnisstrafen blieben oft wirkungslos und gälten bei manchen Kriminellen sogar als Auszeichnung.
Quelle: ntv.de, gri/dpa