Heil bei Lanz "Das war wirklich harte Arbeit"
17.07.2024, 05:10 Uhr Artikel anhören
Die Ampel habe bewiesen, dass sie in der Lage sei, Probleme zu lösen und Kompromisse zu finden, sagt Heil.
(Foto: picture alliance / ABBfoto)
Heute will das Bundeskabinett den Haushaltsentwurf der Ampelkoalition beschließen. Danach wird er vom Bundestag beraten. Bei "Markus Lanz" spricht Bundesarbeitsminister Heil unter anderem darüber, welchen Teil des Kompromisses er nur zähneknirschend akzeptiert.
"Es war wirklich harte Arbeit." Das ist das Fazit von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zu den Haushaltsverhandlungen der Ampelkoalition. Doch nun ist der Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 fertig. Heute Vormittag will ihn das Kabinett beschließen. Danach wird er im Bundestag beraten. Ende des Jahres soll er endgültig beschlossen werden.
Eigentlich sollte es ein Sparhaushalt werden. Am Ende muss aber nur ein Ministerium mit weniger Geld auskommen, und zwar jenes von Bundesbauministerin Geywitz. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat insgesamt mehr Geld zur Verfügung, beim Bürgergeld muss er jedoch sparen: 4,7 Milliarden Euro. Konkret: Für dieses Jahr kann Heil 29,7 Milliarden Euro für Leistungszahlungen ausgeben, nächstes Jahr sind es 25 Milliarden. In diesem Jahr seien die Ausgaben laut Bundesregierung wegen einer verschlechterten Arbeitsmarktlage und wegen einer gestiegenen Zahl von Geflüchteten mit Anspruch auf Sozialleistungen höher. Bürgergeldauszahlungen sparen soll Heil vor allem, indem mehr Menschen in Arbeit kommen.
Schwer gewesen seien die Haushaltsverhandlungen aus mehreren Gründen, sagt der SPD-Politiker Heil am Dienstagabend bei Markus Lanz im ZDF. Da sei der Krieg in der Ukraine, Deutschland liege auf dem zweiten Platz bei der militärischen und wirtschaftlichen Unterstützung des Landes. Dann befinde sich Deutschland in einer Konjunkturkrise. "Und wir haben drei Parteien, die natürlich unterschiedliche Vorstellungen hatten", beschreibt Heil den Koalitionsstreit um den Haushalt, der fast zum Bruch geführt hätte. Die Ampel habe bewiesen, dass sie in der Lage sei, Probleme zu lösen und Kompromisse zu finden, sagt Heil über das Wachstumspaket. "Also in dem Wirtschaftspapier sind Dinge drin, die finde ich total super und richtig, weil wir wirtschaftspolitische Dynamik haben, wie bei der Fachkräftesicherung. Es gibt Dinge, die sind ein klassischer Kompromiss. Und es gibt Dinge, die gefallen mir nicht so. Aber es ist dann eine politische Gesamtabwägung, für ein Land so etwas hinzubekommen."
Weniger Steuern für eingewanderte Fachkräfte?
Was Heil zum Beispiel nicht so gefällt, ist die Idee, eingewanderte Fachkräfte für eine bestimmte Zeit steuerlich zu entlasten. Das kritisieren auch Teile der Opposition. Steuererleichterungen seien nicht der erste Wunsch ausländischer Arbeitnehmer, die als Fachkräfte nach Deutschland kämen, sagt Heil. "Die fragen mich: Wie schnell ist ein Visum, wo finde ich eine Wohnung, wie ist das mit der Berufsanerkennung, und fühle ich mich in dem Land wohl?" Nun können nicht alle diese Fragen positiv beantwortet werden: Bürokratie bei der Visumsvergabe gibt es genauso wie den unübersehbaren Wohnungsmangel. Vielleicht würde also ein finanzielles Trostpflästerchen die Entscheidung, nach Deutschland zu kommen, positiv beeinflussen. Doch Heil sagt: "Ich finde das nicht die beste Idee in diesem Papier." Ja, man müsse sich die Vorschläge von FDP-Chef Lindner zu diesem Thema gut anschauen. "Aber ich habe an diesem Punkt eine Frage, und ich bin nicht überzeugt."
"Arbeit muss sich mehr lohnen"
Kritik äußern die Gäste bei Lanz, der sich aus der Diskussion weitgehend heraushält, an dem zu geringen Abstand zwischen der Höhe des Bürgergeldes und den Löhnen von Geringverdienern. "Das Gefühl ist entstanden, das kann ich als Arbeitsminister gar nicht ignorieren. Aber die Fakten sind andere", sagt Heil. Dann erklärt er: Der Mindestlohn sei seit 2015 stärker gestiegen als die Grundsicherung. Der Lohnabstand habe sich auch im Bürgergeld nicht verändert. "Wir müssen dafür sorgen, dass sich Arbeit mehr lohnt. Aber sie lohnt sich in jedem Fall." Die Stellschrauben, an denen man drehen müsse, seien der Mindestlohn und die Tarifbindung.
800.000 Menschen seien berufstätig, bräuchten aber trotzdem Grundsicherungsleistungen. Indirekt spricht sich Heil für eine weitere Erhöhung des Mindestlohns aus. Ferner erwähnt er, dass die Sanktionen für Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger erhöht werden, wenn sie ihren Mitwirkungspflichten bei der Jobsuche nicht nachkämen. Und öffentliche Aufträge des Bundes sollen nur noch an Unternehmen vergeben werden, die "anständig nach Tarif" bezahlen.
Und dann sei da die Sache mit der Schwarzarbeit. Heil: "Wir haben eine ganze Menge Leute, die arbeiten BAT, also Bar auf Tatze, und bekommen Grundsicherungsleistungen. Dass wir da nachschärfen, indem es einen eigenen Sanktionstatbestand gibt, finde ich richtig." Das Ziel des Bürgergeldes müsse es sein, Menschen in Arbeit zu bringen. Diesem Ziel widme er sich, so Heil.
Was der Minister nicht sagt: Die Finanzplanung von Finanzminister Lindner weist noch Lücken auf. Laut Unions-Fraktionsvize Matthias Middelberg gibt es eine Lücke von 17 Milliarden Euro. Andere Experten sprechen von weniger als zehn Milliarden. Fakt ist aber: Sie ist da. Und wie sie gestopft werden soll, ist noch völlig unklar.
Quelle: ntv.de