Merkel sieht Epochenwechsel "Demokratie tut sich schwerer als Autokratie"
21.06.2021, 12:48 Uhr
Bundeskanzlerin Merkel warnt vor den massiven wirtschaftlichen Veränderungen, die die Corona-Pandemie mit sich gebracht hat.
(Foto: REUTERS)
Die Bundeskanzlerin mahnt angesichts der bevorstehenden Präsentation des Wahlprogramms von CDU und CSU die großen Herausforderungen an, vor denen Deutschland in den nächsten Jahren stehe. China und andere Autokratien gingen voran, die USA ebenso. Innovation und Digitalisierung sind ein Schlüssel.
Kanzlerin Angela Merkel sieht Deutschland angesichts der Folgen der Corona-Pandemie vor tiefgreifenden Umbrüchen. Mit Blick auf das Wahlprogramm der Union sagte sie ntv: "Es ist wichtig, dass wir von einem Epochenwechsel sprechen, im ersten Kapitel des Programms. Wir sind in einem Epochenwechsel." Der werde besonders getrieben von Innovation und Digitalisierung. Knapp 100 Tage vor der Bundestagswahl beschließen die Spitzen von CDU und CSU aktuell ihr gemeinsames Programm. Am frühen Nachmittag wollen Kanzlerkandidat Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder das gemeinsame Programm der Öffentlichkeit präsentieren.
Die Dynamik sei allerdings bereits in den zurückliegenden Jahren enorm gewesen. Seit 2007 kam eine Herausforderung nach der anderen, so die scheidende Kanzlerin, die seit 2005 Regierungschefin ist. Die große wirtschaftliche Dynamik in Asien und der Aufstieg Chinas veränderten bereits seit Langem das internationale Machtgefüge. "Wir erleben die Missachtung des Völkerrechts und Regelbrüche durch bedeutende Staaten des internationalen Systems, und wir sehen, dass sich weltweit populistische Strömungen ausbreiten, auch in demokratischen Staaten."
Mit der Pandemie würden die Karten auf der Welt zusätzlich neu gemischt. Die offenen Demokratien hätten sich schwerer getan als die autokratischen Systeme. "Wir haben mehr aufzuholen", so Merkel gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Das chinesische Bruttoinlandsprodukt hat sich in den vergangenen Jahren beispielsweise mehr als versechsfacht, das Deutsche BIP wuchs in der gleichen Zeit nicht mal um das Anderthalbfache.
China etwa sei sehr erfolgreich, obwohl es autokratisch herrsche. Europa ist dagegen an vielen Stellen nicht führend: nicht bei Quantencomputing, Chips oder der Batterieforschung, so Merkels ernüchternde Einschätzung. Da müsse man ran. Allerdings geht der Blick nicht nur nach Osten, sondern auch in die USA. "Wir sehen bei den USA, mit welcher Wucht sie es nun anpacken - auch wirtschaftlich", so Merkel.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP