Anton Hofreiter im "Frühstart" "Der Kanzler handelt weder vernünftig noch fair"
20.01.2023, 10:30 Uhr Artikel anhörenDer Grüne Hofreiter wirft Bundeskanzler Scholz vor, sich in der Debatte um Waffenlieferungen an die Ukraine hinter anderen Ländern zu verstecken. Deutschland habe schon zu Beginn des Krieges wegen seiner Zögerlichkeit viel Ansehen verloren und nun "droht uns jetzt wieder ein massiver Ansehensverlust".
Kurz vor Beginn des Treffens der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein hofft der Grünen-Politiker Anton Hofreiter, dass Bundeskanzler Olaf Scholz endlich grünes Licht gibt für die Lieferung von "Leopard 2"-Kampfpanzern an die Ukraine.
Die deutschen Panzer seien nötig, um die Ukraine zu unterstützen und um Russlands Präsident Putin zu ernsthaften Verhandlungen zu bewegen, sagte Hofreiter im "Frühstart" von ntv. Bisher hat Scholz weder die Lieferung von "Leopards" zugesagt noch erklärt, dass die Bundesregierung die Weitergabe solcher Panzer durch andere Länder an die Ukraine genehmigen werde. Weil der "Leopard" in Deutschland hergestellt wird, müsste der Export in ein Drittland von Berlin abgesegnet werden. Zahlreiche europäischer Partnerländer haben signalisiert, dass sie bereit wären, "Leopard"-Panzer abzugeben.
Für Hofreiter ist das Verhalten des Kanzlers "weder vernünftig noch fair". Deutschland habe schon zu Beginn des Krieges wegen seiner Zögerlichkeit viel Ansehen verloren und nun "droht uns jetzt wieder ein massiver Ansehensverlust". Der Grünen-Politiker erwartet von Scholz, dass er zum Treffen der Verteidigungsminister auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein eine aktive Führungsrolle übernimmt: "Auf der einen Seite redet die Bundesregierung und insbesondere auch SPD-Minister immer wieder von einer Führungsrolle von Deutschland und auf der anderen Seite lassen wir immer wieder das Gegenteil durchscheinen und verstecken uns hinter anderen."
Hofreiter, Vorsitzender des Europa-Ausschusses im Bundestag, hält es nicht für sinnvoll, dass der Kanzler auch auf Lieferung von amerikanischen Kampfpanzern an die Ukraine besteht. Am Ende wären das zu viele verschiedene Kampfpanzermodelle. Der Ukraine zugesagt wurde bereits der britische Kampfpanzer Challenger, noch ist unklar, ob die Franzosen ihren Kampfpanzer Leclerc schicken. Hinzukommen der deutsche "Leopard 2" und möglicherweise der amerikanische Abrams. "Das wird dann irgendwann eine logistische Überforderung." Die Ukraine wünsche sich in erster Linie den "Leopard", weil er der Beste, der in Europa am stärksten verbreitete und am einfachsten zu handhaben sei, so Hofreiter.
Hofreiter befürwortet Lieferung von MiG-29 an die Ukraine
"Ich habe alles Verständnis dafür, dass die Ukraine so viel Unterstützung haben will wie möglich", sagte Hofreiter auf die Frage, ob er sich auch die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine vorstellen könne. Seit Beginn des Einmarsches russischer Truppen machen sich Politiker für umfangreiche Waffenlieferungen für die Ukraine stark. Hofreiter verwies auf die schrecklichen Angriffe auf Zivilisten, auf Menschenrechtsverletzungen der russischen Truppen. "Deswegen kann ich das absolut verstehen. Und natürlich muss man jetzt mal wieder prüfen, was ist notwendig. Es gilt weiter das oberste Ziel: Erstens, wir wollen dafür sorgen, dass die Ukraine gewinnt. Zweitens, wir werden nicht direkt Kriegspartei."
Bei einer Lieferung von Kampfjets an die Ukraine wäre wiederum die Bundesregierung gefragt. Polen hatte sich schon früh bereit erklärt, seine alten MiG-29-Kampfjets den USA zu übergeben, damit diese die an die Ukraine liefern. Da ein großer Teil dieser Maschinen aus Beständen der DDR-Volksarmee stammen, müsste die Bundesregierung auch in diesem Fall die Lieferung genehmigen. "Wenn man sich im Bündnis darauf einigt, dass es sinnvoll ist, halte ich es immer für sinnvoll, dass wir dann das Okay geben", so Hofreiter.
Quelle: ntv.de, tbe