Flüchtlinge, Gaspreise, Reisen Diese Folgen könnten auf Deutschland zukommen
24.02.2022, 17:23 Uhr
Börsen und Wirtschaft rüsten sich für turbulente Zeiten. Auf Verbraucher könnten weitere Preissteigerungen zukommen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Ukraine-Konflikt wird vor allem wirtschaftliche Auswirkungen in Deutschland haben. Doch auch die humanitäre Lage spielt eine große Rolle. Ein Überblick über mögliche Folgen.
Flüchtlinge: Lange Staus auf Kiews Ausfallstraßen: Der russische Angriff treibt viele Ukrainer in die Flucht. Bis zu fünf Millionen Menschen - so schätzt es die US-Regierung - könnten ihre Heimat verlassen. Viele von ihnen dürfte es zunächst ins westliche Nachbarland Polen ziehen. Von dort ist der Weg nach Deutschland nicht weit. Bundesinnenministerin Nancy Faeser kündigte "massive" Hilfen für die Aufnahmeländer an. Auch in Deutschland laufen Vorkehrungen in Politik und Zivilgesellschaft für die Flüchtlingsaufnahme an - angedacht ist etwa eine Wiedereröffnung von Erstaufnahmeeinrichtungen.
Gaspreise: Deutschland bezieht mehr als die Hälfte seiner Erdgasimporte aus Russland - ist also stark abhängig von den Lieferungen, und kurzfristig gibt es wenig Alternativen. Der russische Angriff und die Sanktionen des Westens gegen Moskau werden Auswirkungen auf diese Geschäftsbeziehung haben: Wirtschaftsminister Robert Habeck rechnet mit weiter steigenden Preisen. Er warf Russland vor, die aktuell hohen Preise durch Verknappung des Angebots nach oben getrieben zu haben.
Spritpreise: Die Eskalation in der Ukraine und der Sprung beim Ölpreis machten sich zunächst nicht an deutschen Tankstellen bemerkbar. Die Preise für Benzin und Diesel lagen nach ADAC-Angaben am späten Donnerstagvormittag gleichauf mit den vergleichbaren Werten vom Mittwochvormittag. Am Mittwoch hatten sich allerdings im bundesweiten Tagesdurchschnitt bereits Allzeithochs von 1,750 Euro je Liter Super E10 und 1,663 Euro je Liter Diesel ergeben. "Es ist zu befürchten, dass die Höchstpreise von gestern nicht die letzten bleiben werden", sagte ADAC-Kraftstoffmarktexperte Jürgen Albrecht. Ein Benzinpreis von zwei Euro im bundesweiten Tagesdurchschnitt sei aber "in absehbarer Zeit nicht zu erwarten".
Verteidigungshaushalt: Heeresinspekteur Alfons Mais, einer der ranghöchsten Soldaten der Bundeswehr, machte seinem Unmut in ungewöhnlicher Offenheit Luft: Nun herrsche Krieg in Europa, "und die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da", klagte Mais. Die Bundeswehr sei kaputtgespart worden. Deutschland, so viel lässt sich prophezeien, wird künftig mehr für seine Verteidigung ausgeben müssen. Dabei ist der Wehretat in den letzten fünf Jahren schon deutlich gestiegen - von 37 Milliarden Euro 2017 auf 50,5 Milliarden Euro 2022.
Aktienkurse: An den Aktienmärkten weltweit rauschten die Kurse nach unten, viele Anleger flüchteten in Anlagen wie Gold und Bundesanleihen, die in Krisenzeiten als sicher gelten.
Cyberattacken: Russland führt nicht nur Krieg am Boden - sondern auch im Netz. Das Land gilt deutschen Sicherheitsbehörden als einer der wichtigsten Urheber von Cyber-Attacken. Die deutschen Behörden fuhren in Erwartung solcher Angriffe bereits ihre Abwehrmaßnahmen hoch, wie das Bundesinnenministerium erklärte. Bereits in den vergangenen Tagen hatten die Verfassungsschutzbehörden Institutionen und Unternehmen der wichtigen Infrastruktur geraten, ihren IT-Schutz zu verstärken. Die Ukraine meldete am Donnerstag massive Cyber-Angriffe.
Reiseverkehr: Die Ukraine hat ihren Luftraum aus Sicherheitsgründen für zivile Flugzeuge geschlossen. Dies bedeutet, dass Flüge etwa von Europa nach Fernost einen Umweg fliegen müssen. Öffentlich zugängliche Flug-Tracker wie Flightaware.com zeigten, dass viele Jets die Ukraine südlich über den Balkan und die Türkei umflogen. Der Luftverkehr über der Ukraine war seit dem Abschuss eines Malaysia-Airlines-Flugs 2014 über der Ostukraine ohnehin begrenzt. Gravierender wäre es, wenn der russische Luftraum gesperrt würde - dort verlaufen wichtige Flugkorridore.
Quelle: ntv.de, hek/AFP/dpa