Anhörung im Bundestag Experten: Auch neues Heizungsgesetz voller Kostenfallen


In Deutschland sind 19 Millionen Öl- und Gasheizungen in Betrieb. Hinzu kommt die fossile Wärmeerzeugung in Heizkraftwerken.
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Kurz vor der geplanten Verabschiedung des Heizungsgesetzes kommen noch einmal die Experten zu Wort. In der Anhörung des zuständigen Bundestagsausschusses gibt es zwar durchaus Lob für Verbesserungen, doch sowohl Eigentümer als auch Mieter-Vertreter warnen vor Preisrisiken.
Vier Tage vor der erwarteten Abstimmung im Bundestag über die erst am Freitag vorgelegte neue Version des Heizungsgesetzes haben Fachverbände und kommunale Spitzenvertreter ihre Einwände und Verbesserungsvorschläge vorstellen dürfen. "Ich hoffe - ich sage es jetzt ironisch -, Sie hatten genügend Zeit für die Vorbereitung", witzelt Klaus Ernst, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Energie und Klimaschutz, zu Beginn der Anhörung am Montagmittag. Tatsächlich machen mehrere der insgesamt 14 Sachverständigen ihrem Unmut darüber Luft, dass sie gerade einmal ein Wochenende hatten, um die 111 Seiten zur Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes durchzuackern. "Wir halten das Verfahren für nicht akzeptabel", sagt etwa Kay Ruge vom Deutschen Landkreistag.
Dennoch gibt es auch Lob, weil tatsächlich alle Geladenen das vorliegende Gesetz für deutlich besser halten als den ursprünglich vom Kabinett in den Bundestag eingebrachten Entwurf. Positiv bewerten sie vor allem die nachträglich vereinbarte Koppelung von Umbaufristen an das Vorliegen einer kommunalen Wärmeplanung. Was aber im Verlauf der zwei Stunden ebenso deutlich wird, ist das hohe Maß verbleibender Unsicherheiten für Mieter, Vermieter, Kommunen und kommunale Unternehmen. Christine Wilcken vom Deutschen Städtetag hält die Vorgaben, bis wann Kommunen Wärmepläne vorlegen sollen, schlicht "für nicht zu halten".
Besonders hart urteilen die Vertreter der Vermieterseite über das Gesetz. "Das hier ist eine Operation, und wenn man auf dem Operationstisch liegt, ist die Ankündigung, dass es eventuell eine Narkose geben könnte und vielleicht das Operationsbesteck vorab gereinigt wird, absolut unbefriedigend", sagt Kay Warnecke vom Eigentümerverband Haus und Grund bezüglich der Unklarheiten zu den künftigen Fördermitteln und tatsächlich zur Verfügung stehenden Heiztechnologien.
Betriebskosten-Obergrenze entfällt
Doch auch die Mieter-Vertreter sind unzufrieden. Nachdem sich insbesondere die SPD gerühmt hat, dass sie in den Verhandlungen der Ampelfraktionen eine Kappung der Modernisierungsumlage auf 50 Cent pro Quadratmeter durchgesetzt habe, widerspricht der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Es gebe weiterhin "keine gerechte Teilung der Kosten" zwischen Mieterinnen und Vermieterinnen, sagt Jutta Gurkmann, die beim VZBV für Verbraucherpolitik zuständig ist.
Gurkmann kritisiert - genauso wie die Vertreter vom Mieterschutzbund und vom Berliner Mieterverein - die fehlende zeitliche Begrenzung der Modernisierungsumlage bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Eigentümer die Kosten der neuen Heizung wieder reingeholt hat. Zudem fällt im neuen Gesetz die Vorschrift weg, dass Betriebskosten auf den Jahresverbrauch einer halbwegs effizienten Wärmepumpe gedeckelt werden, falls sich der Eigentümer für eine in der Anschaffung günstigere, im Betrieb aber teurere Heizungsvariante entschieden hat.
Verbraucherrisiko Gasheizung
Der Verbraucherverband befürchtet, dass bestehende und auch nach 2024 neu verbaute Gasheizungen noch bis 2035 "höchstwahrscheinlich" ausschließlich mit Erdgas betrieben werden könnten. Erdgas werde sich aber durch den Emissionshandel ab 2027 deutlich verteuern. Kommt dann ein Wasserstoff-Anschluss, ist der Preis für diesen bislang äußerst knappen "Champagner der Energiewende" nicht seriös zu kalkulieren. In Gebieten, in denen kein Wasserstoff kommt, muss ab 2029 Biomethan beigemengt werden, Schritt für Schritt hoch auf 100 Prozent im Jahr 2045. Biomethan werde aber ebenfalls knapp bleiben und zudem in Stromkraftwerken gebraucht, wenn gerade nicht genügend Wind- und Solarstrom nicht zur Verfügung steht.
Die Verbraucherschützer sehen "aufgrund der unkalkulierbaren Gaspreisentwicklung und der steigenden CO2-Bepreisung ein hohes Kostenrisiko für die Verbraucher:innen". Sie fordern deshalb, alle Gasheizungen von den ab 1. Januar 2024 geplanten Fördermitteln auszunehmen. Sebastian Bartels vom Berliner Mieterverein fordert zudem, dass bei der Modernisierungsumlage für neue Heizungen zu beachten ist, dass Instandhaltungskosten von der umlegbaren Summe abzuziehen sind. Und das erst recht, wenn der Vermieter wider besserer Beratung eine Heiztechnologie verbaut hat, die er später nicht mehr nutzen kann - etwa, weil er doch keinen Wasserstoff-Anschluss erhält. Bartels sähe die Modernisierungsumlage zudem lieber schon bei 25 Cent pro Quadratmeter gekappt als bei 50 Cent.
Wo bleibt das Klimageld?
Die Vertreter der Eigentümer pochen ihrerseits nicht unbedingt auf eine höhere Umlage, fordern im Gegenzug aber mehr Unterstützung vom Staat. In der "Mehrzahl der Fälle" könne das Gesetz nicht funktionieren, warnt Axel Gedaschko von der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID). Er fordert gemeinsam mit Warnecke, dass die staatlichen Förderungen neben der Heizung selbst auch die Umbaukosten abdecken - also nicht nur Kauf und Installation einer Wärmepumpe, sondern auch den Einbau größerer Heizkörper oder einer Bodenheizung.
Die Eigentümervertreter wollen zudem, dass sich die Modernisierungsumlage, die sie für ohnehin zu niedrig halten, mindestens mit der Inflation mitentwickelt und nicht bei 50 Cent pro Quadratmeter festgeschrieben bleibt. Warnecke erinnert die Vertreter der Regierungsfraktionen zudem an das Klimageld, das die Ampel zur Kompensation des steigenden CO2-Preises einführen wollte. Von dem Vorhaben ist aber schon länger nichts mehr zu hören.
Noch vier Tage ...
Wie genau die Förderkulisse aussehen soll, ist noch immer unklar, weil diese nicht im Gebäudeenergiegesetz (GEG) - so heißt das Heizungsgesetz offiziell - geregelt wird. Hierfür werden Änderungen in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) notwendig. Markus Staudt vom Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie warnt, dass die bisher nur inoffiziell bekannten Pläne zur Förderkulisse faktisch eine Senkung gegenüber dem Status quo bedeuten könnten. Derzeit wird der Einbau einer Wärmepumpe mit bis zu 40 Prozent gefördert - bis zu einem Höchstbetrag von 60.000 Euro. Künftig soll der Höchstbetrag bei 30.000 Euro liegen.
Das könnte selbst bei einer Förderung von bis zu 70 Prozent bedeuten, dass Antragsteller bei hohen Investitionskosten in absoluten Zahlen weniger Geld bekommen. Staudt bittet deshalb höflich darum, den Förderhöchstwert auf 45.000 Euro anzuheben. Auch mit Blick auf die weiteren Vorschläge der Experten bleiben den zuständigen Verhandlern von SPD, Grünen und FDP noch vier Tage Zeit für Nachbesserungen. Ob die sich aber trauen, ihren äußerst mühsam herbeiverhandelten Kompromiss aufzuschnüren, geht aus der Expertenanhörung nicht hervor. Die Abgeordneten von FDP und Grünen jedenfalls belegen sich wiederholt mit schnippischen Kommentaren. Die Stimmung zwischen den Regierungsfraktionen ist sichtbar und hörbar angespannt.
Quelle: ntv.de