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Heizungsgesetz im Bundestag Habeck zitiert Merkel, Spahn zitiert Habeck

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Wirtschaftsminister Habeck musste sich im Bundestag einiges anhören.

Wirtschaftsminister Habeck musste sich im Bundestag einiges anhören.

(Foto: picture alliance/dpa)

Union und Linke sind empört, dass die Koalition das Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause durch den Bundestag bringen will. "Eine Respektlosigkeit", sagt die Union, "zum Kotzen", sagt die Linke. Die Ampel sieht hier kein Problem - drei Wochen seien genug.

Der Bundestag arbeitet auf mindestens zwei Ebenen: Einmal ist er Bühne nach außen, dann der viel beschworene Maschinenraum, in dem Gesetze gemacht werden. Meist läuft das relativ geräuschlos - nicht jedoch beim Heizungsgesetz.

Um das Gesetz, das eigentlich Gebäudeenergiegesetz heißt, noch vor der Sommerpause verabschieden zu können, hat die Koalition den Entwurf dazu am heutigen Donnerstag in den Bundestag eingebracht. Dazu musste die Debatte erst einmal auf die Tagesordnung gehoben werden; denn als die am Dienstag von den parlamentarischen Geschäftsführern verabredet worden war, stand der Kompromiss zwischen den Koalitionsfraktionen noch nicht.

"Eine Respektlosigkeit"

Die Abgeordneten müssen am Morgen also zunächst darüber abstimmen, ob sie das Thema überhaupt behandeln wollen. Schon die kurze Debatte darüber läuft erhitzt ab. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, sagt, was die Ampel im Bundestag vorführe, sei keine normale Erweiterung der Tagesordnung, sondern "eine Respektlosigkeit" gegenüber dem Parlament.

Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic kontert, es sei Frei, der das Parlament beschädige, indem er parlamentarische Beratungsprozesse verächtlich mache. "Wir machen hier in drei Sitzungswochen ein ordentliches parlamentarisches Verfahren", beharrt Mihalic.

Gegen die Stimmen der Opposition beschließt die Ampel-Regierung dann, das Heizungsgesetz in erster Lesung zu diskutieren. Das ist der offizielle Einstieg in ein Verfahren, von dem alle drei Koalitionsfraktionen sagen, nun bleibe genug Zeit, damit am Ende ein gutes Gesetz rauskommt. Union und Linke bezweifeln das massiv, die AfD hält Klimaschutz ohnehin für überflüssig, ihr Abgeordneter Karsten Hilse nutzte seine Redezeit, um über "grüne Kommunisten", "Spezialdemokraten" und "feige Demokraten" zu schimpfen.

"Zumindest debattierreif"

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betont gleich zu Beginn seiner Rede: "Ich denke, es (das Gesetz) ist zumindest debattierreif." Auch das bezweifelt die Opposition, denn was die Ampel auf die Tagesordnung gesetzt hat, ist der alte Entwurf - einen neuen gibt es ja noch nicht, der soll erst im Gesetzgebungsverfahren erarbeitet werden, ganz nach dem "Struckschen Gesetz", benannt nach dem früheren SPD-Fraktionschef Peter Struck, das besagt, dass kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es hineinkommt.

Unionsfraktionsvize Jens Spahn nennt dieses Vorgehen eine Zumutung. Er zitiert Habeck, der frühmorgens im Deutschlandfunk gesagt hatte, in der knapp zweiseitigen Einigung der Koalition vom Dienstag stünden noch "sehr viele ungenaue Formulierungen drin, und die stehen da drin, weil wir noch nicht komplett einig sind". Habeck sah es als "gute Ansage", dass der Gesetzentwurf noch korrigiert werden könne. Spahn dagegen hält das Verfahren für "verkorkst", das Gesetz sei "für die Tonne". "Falls Sie wirklich verstanden haben sollten, was gerade bei uns im Land passiert, dann kann ich nur sagen: Ziehen Sie dieses Gesetz zurück", ruft er in Richtung Koalition.

"Die Kunst des Möglichen"

Denn auch um den Vertrauensverlust geht es in dieser Debatte. Ampelvertreter werfen CDU und CSU vor, mit ihrer Rhetorik die Stimmung anzuheizen, die der AfD einen Umfrageerfolg beschert hat. Die Union kontert mit dem Vorwurf, die Ampel selbst habe die Verunsicherung verursacht. Ein Redner der Linksfraktion sagt, es sei "zum Kotzen", wie die Koalition Angst auslöse.

Wie nach ihm Spahn, so baut auch Habeck ein Zitat in seine Rede ein - eins von der "von mir persönlich sehr geschätzten ehemaligen Bundeskanzlerin", Angela Merkel. Die habe gesagt, Politik sei die Kunst des Möglichen. "Das mag man so sehen", fährt Habeck fort. "Aber es ist natürlich eine Beschränkung in der Ambition. Was diese Regierung in den letzten fünfzehn Monaten gezeigt hat, ist, dass Politik die Kunst des Möglichmachens ist."

22 Jahre bis 2045

Bei aller Wertschätzung für Merkel wirft Habeck ihr und ihren Regierungen recht unverblümt vor, den Klimaschutz vernachlässigt zu haben: Die Ampel habe "eine Klimaschutzlücke von 1100 Millionen Tonnen CO2 bis 2030" geerbt. Mit den bereits beschlossenen Maßnahmen sei diese Lücke um 70 Prozent reduziert worden, mit den verabredeten Maßnahmen könne die Koalition sie um 80 Prozent reduzieren. Zudem hätten die früheren Bundesregierungen die Gasabhängigkeit von Russland verdoppelt und den Einbau von Gasheizungen auch noch mit Steuergeld gefördert. Da dürfe man sich nicht wundern, "wenn die Politik des Möglichen nur sehr begrenzt umgesetzt wird".

Auch Redner von SPD und FDP argumentieren, die Zeit dränge jetzt auch deshalb, weil 16 Jahre lang nicht genug passiert sei. Bis 2045 - für dieses Jahr schreibt das noch unter Merkel entsprechend geänderte Klimaschutzgesetz Klimaneutralität vor - seien es noch 22 Jahre, argumentiert FDP-Parlamentsgeschäftsführer Johannes Vogel. Das sei kein langer Zeitraum, wenn man bedenke, wie selten Heizungen erneuert werden müssten.

Noch drei Sitzungswochen

Streit gibt es auch darum, ob das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschiedet werden muss. Der CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak sagt, es gehe der Koalition nur darum, dass Habeck sein Gesicht wahren könne und das Gesetz vor den Landtagswahlen im Herbst vom Tisch sei. Der Zeitraum zwischen Anhörungen und der Verabschiedung eines Gesetzes sei immer knapp, erwidert die SPD-Energiepolitikerin Nina Scheer. Dieses Mal habe es schon vor den Anhörungen "große Änderungsverständigungen" gegeben, "und dann sagen Sie, das ginge gegen den Parlamentarismus? Das ist doch genau das Gegenteil!" SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch räumt ein, dass in den nächsten drei Sitzungswochen noch geklärt werden muss, wie Mieter und auch Vermieter vor Überlastung geschützt werden können. Er zeigt sich aber optimistisch, dass dies gelingt.

Die Anhörungen, in denen Verbände und Experten in den Ausschüssen des Bundestags zu Wort kommen, soll am kommenden Donnerstag stattfinden. Ob bis dahin schon klar ist, wie der spätere Gesetzestext aussehen soll, blieb in der Debatte unklar. Anfang Juli soll das Gesetz nach den Plänen der Ampel dann verabschiedet werden.

Quelle: ntv.de

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