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Großer Gefangenenaustausch Biden lobt Scholz: "Empfinde große Dankbarkeit gegenüber dem Kanzler"

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Joe Biden nannte den Austausch von Gefangenen eine "Meisterleistung der Diplomatie".

Joe Biden nannte den Austausch von Gefangenen eine "Meisterleistung der Diplomatie".

(Foto: REUTERS)

16 Menschen kommen aus russischer Gefangenschaft frei. Dafür unternehmen die USA, Deutschland und weitere Staaten große Anstrengungen. US-Präsident Biden lobt besonders Kanzler Scholz. Aber es gibt auch Skepsis.

US-Präsident Joe Biden hat den Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen als "Meisterleistung der Diplomatie" bezeichnet. "Der Deal, der ihre Freiheit sicherte, war eine Meisterleistung der Diplomatie", erklärte Biden in Washington. Neben dem Deutschen Rico Krieger wurden unter anderem auch die zu langen Haftstrafen verurteilten US-Bürger Evan Gershkovich und Paul Whelan freigelassen. Dazu kamen die US-Amerikanerin Alsu Kurmasheva sowie Vladimir Kara-Murza, der eine amerikanische Green Card besitzt.

Biden lobte die Zusammenarbeit mit den Verbündeten und dankte speziell Bundeskanzler Olaf Scholz. "Ich empfinde große Dankbarkeit gegenüber dem Kanzler", sagte Biden bei einem Auftritt vor der Presse im Weißen Haus. Deutschland habe große Zugeständnisse gemacht und nichts im Gegenzug verlangt. "Wenn jemand infrage stellt, dass Verbündete zählen - sie tun es." Länder wie Deutschland, Polen, Slowenien und Norwegen hätten mutige Entscheidungen getroffen. Sie hätten zu Recht inhaftierte Verbrecher ausgeliefert, um sie gegen zu Unrecht verurteilte Amerikaner, Deutsche und Russen freizubekommen. "Allianzen geben uns Sicherheit", betonte Biden.

Biden betonte mit Blick auf die Freigelassenen: "Einige dieser Frauen und Männer werden seit Jahren zu Unrecht festgehalten. Sie alle haben unvorstellbares Leid und Ungewissheit ertragen müssen. Heute hat ihr Leid ein Ende."

Bundesregierung verteidigt Krasikow-Freilassung

Erleichtert zeigte sich auch der Deutsche Journalisten-Verband hinsichtlich der Freilassung Gershkovichs. "Ich freue mich riesig, dass das Martyrium von Evan Gershkovich ein Ende findet", erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. "Kein Journalist hat an das Märchen der russischen Justiz geglaubt, dass der Korrespondent des 'Wall Street Journal' ein Spion gewesen sein soll." Er hoffe, dass sich Gershkovich schnell und vollständig von den Folgen der Haft erhole.

Die Bundesregierung habe sich "diese Entscheidung nicht leicht gemacht", erklärte Kanzlersprecher Steffen Hebestreit unterdessen in Berlin. Denn im Gegenzug hätten in Europa inhaftierte "russische Staatsangehörige mit geheimdienstlichem Hintergrund" freigelassen werden müssen, darunter der in Deutschland wegen des sogenannten Tiergarten-Mordes verurteilte Vadim Krasikow.

"Dem staatlichen Interesse an einer Vollstreckung der Freiheitsstrafe eines verurteilten Verbrechers standen die Freiheit, das körperliche Wohlergehen und - in einigen Fällen - letztlich auch das Leben unschuldig in Russland inhaftierter Personen und zu Unrecht politisch Inhaftierten gegenüber", erklärte Hebestreit. "Unsere Schutzverpflichtung gegenüber deutschen Staatsangehörigen sowie die Solidarität mit den USA waren wichtige Beweggründe." Der Gefangenenaustausch sei "in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten und europäischen Partnern" gelungen, betonte der Regierungssprecher.

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"Wir hoffen, dass alle heute Befreiten sich von physischen und psychischen Qualen im Kreise ihrer Familie und Freunde erholen werden", erklärte Hebestreit weiter. "Unsere Gedanken gelten all denen, die heute noch in Russland dafür eingesperrt werden, dass sie ihre Meinung äußern und über Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine die Wahrheit sagen. Ihr Mut muss allen Demokraten Beispiel sein!" Die Bundesregierung rufe die russische und belarussische Führung "zur Freilassung aller anderen zu Unrecht politisch Inhaftierten auf".

Der CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter kritisierte dagegen den Gefangenenaustausch mit Russland. "Ich fürchte, dass mit der Freilassung des verurteilten Tiergarten-Mörders ein Präzedenzfall geschaffen wird, der von Russland politisch massiv ausgenutzt werden kann", sagte er dem "Tagesspiegel". Russland sei "ein Terrorstaat, der mittlerweile gezielt versucht, Geiseldiplomatie zu etablieren". Dies müsse bei allen Möglichkeiten einer Befreiung politischer Gefangener berücksichtigt werden.

Putin steht in der Kritik, politische Gefangene als Geiseln zu nutzen, um Russen aus westlichen Gefängnissen freizupressen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Deutschland reagierte daher zwar "erleichtert" auf den Gefangenenaustausch mit Russland, sieht aber einen "bitteren Beigeschmack". "Ein Mörder und andere Verbrecher, die in einem fairen Prozess verurteilt wurden, kommen nun frei im Austausch für Menschen, die nur ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben", erklärte Christian Mihr, stellvertretender Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland. "

Der Gefangenenaustausch ist somit auch ein Schritt in Richtung Ausweitung der Straflosigkeit." Die russische Regierung könne sich mit dem Gefangenenaustausch "zu weiteren politischen Verhaftungen und Menschenrechtsverletzungen ermutigt fühlen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen", betonte Mihr.

Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP/rts

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