Politik

Bundeswehr evakuiert weiter Merkel bittet bei Biden um Hilfe in Kabul

Die USA sollen Deutschland nach dem Willen der Kanzlerin bei der Rettung von Menschen aus Kabul stärker helfen.

Die USA sollen Deutschland nach dem Willen der Kanzlerin bei der Rettung von Menschen aus Kabul stärker helfen.

(Foto: via Reuters)

Noch immer spielen sich am Flughafen in Kabul teils dramatische Szenen ab. Zudem mehren sich Bericht über Probleme mit dem US-Militär. Kanzlerin Merkel wird dazu bei Präsident Biden vorstellig. In Doha trifft sich der deutsche Unterhändler derweil mit den Taliban.

Bundeskanzlerin Angela Merkel dringt bei US-Präsident Joe Biden darauf, möglichst vielen afghanischen Bürgerinnen und Bürgern, die Deutschland unterstützt haben, die Ausreise zu ermöglichen. Dazu habe sie mit Biden telefoniert, teilt ein Regierungssprecher mit. Beide hätten die "weitere enge Zusammenarbeit, auch zwischen der Bundeswehr und amerikanischen Sicherheitskräften am Flughafen Kabul" betont. Zuvor hatten etliche Regierungen Probleme mit den US-Streitkräften angedeutet, die den Flughafen in Kabul kontrollieren.

So hatte die niederländische Außenministerin Sigrid Kaag mitgeteilt, dass mehrere niederländische Staatsangehörige vom US-Militär aufgehalten worden seien, als sie auf dem Weg zu ihrem Evakuierungsflug waren. Das US-Militär habe dem Flugzeug nur einen 30-minütigen Aufenthalt auf dem Rollfeld erlaubt, dann musste es ohne die niederländischen Staatsangehörigen starten. "Viele Menschen waren mit ihren Familien, mit ihren Kindern dort. Sie befanden sich am Eingang des Flughafens. Es ist schrecklich", sagte Kaag der niederländischen Nachrichtenagentur ANP. Nur etwa 40 nicht-afghanische Staatsangehörige hätten das Flugzeug rechtzeitig erreichen können.

Kaag kündigte an, sie werde Gespräche mit der US-Seite führen, um die Wiederholung eines solchen Vorfalls zu verhindern. Außerdem werde sie mit ihrem deutschen Kollegen Heiko Maas über die Situation in Kabul sprechen. Die Niederlande haben derweil ihre ersten Staatsangehörigen evakuiert. Ein Flugzeug mit etwa 35 niederländischen, belgischen, deutschen und britischen Staatsangehörigen habe Kabul verlassen und sei auf dem Weg nach Tiflis, twitterte das Verteidigungsministerium.

Bislang rund 900 Menschen ausgeflogen

In ihrem Telefonat seien sich Merkel und Biden einig gewesen, möglichst viele schutzbedürftige Menschen auszufliegen, teilte der Sprecher weiter mit. Die Bundeswehr hat ihre Bemühungen zur Evakuierung deutscher Staatsbürger und afghanischer Ortskräfte aus Kabul in der Nacht zum Donnerstag fortgesetzt. Am frühen Morgen deutscher Zeit hob eine Militärmaschine vom Typ A400M mit mehr als 200 Schutzbedürftigen an Bord vom Flughafen der afghanischen Hauptstadt ab, um sie von dort nach Taschkent in Usbekistan zu bringen, wie die Truppe über Twitter mitteilte. Damit hätten die Flugzeuge der Bundeswehr inzwischen über 900 Menschen ausgeflogen.

Zuvor war laut Bundesverteidigungsministerium ein weiterer A400M direkt aus Deutschland über Baku nach Kabul geflogen. Zusätzlich "zu den an Bord befindlichen Paletten mit Versorgungsmaterial aus Deutschland" seien dort noch 15 zu evakuierende Personen aufgenommen worden, bevor die Maschine nach Taschkent flog. Mehrere Militärtransporter der Bundeswehr pendeln zwischen Kabul und der usbekischen Hauptstadt Taschkent, von wo aus die Evakuierten ihren Weiterflug nach Deutschland antreten sollen. "Wir wollen das in den kommenden Tagen auch in der Quantität weiterführen. Es kann nur der Anfang sein", sagte Maas.

Deutschland und weitere Länder wollen Maas zufolge "so viele Menschen wie irgendwie möglich aus Afghanistan in Sicherheit bringen". Noch im Tagesverlauf seien zwei weitere Transport-Flüge der Bundeswehr geplant. Außerdem bemühe sich Deutschland darum, Nahrungsmittel an den Flughafen von Kabul zu bringen, wo viele Menschen in der Hoffnung ausharren, das Land verlassen zu können.

Unter den bislang nach Usbekistan gebrachten Menschen sind laut Maas neben deutschen auch zahlreiche Staatsbürger von Drittstaaten sowie Afghanen. Insbesondere für Ortskräfte, die für die Botschaft oder die Bundeswehr gearbeitet hatten, sei die Lage weiterhin unsicher. Es gebe bisher keine Anordnung der Taliban, "Ortskräfte zum Flughafen durch zu lassen".

Die Bundesregierung hatte deshalb am Vortag einen Emissär in die katarische Hauptstadt Doha entsandt, um Gespräche mit Taliban-Repräsentanten zu führen. Dieser sei "in Doha eingetroffen" und habe erste Gespräche "auch mit Vertretern der Taliban" geführt, sagte Maas.

Usbekistan sichert Unterstützung zu

Kanzlerin Merkel telefonierte den weiteren Angaben zufolge zudem mit dem usbekischen Präsidenten Mirsijojew, um ihn für die logistische Unterstützung bei der Durchführung der deutschen Evakuierungsflüge zu danken. Das usbekische Außenministerium teilte später mit, Deutschland "technische Unterstützung" zu leisten. "Alle ausgeflogenen Menschen bleiben in der internationalen Zone des Flughafens von Taschkent bis zu ihrer Abreise nach Deutschland", erklärte das Ministerium.

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Am Vorabend habe Merkel zudem mit dem Präsidenten Pakistans, Imran Khan, und dem Emir von Katar, Tamim Al Thani, gesprochen, hieß es weiter. "In allen Telefonaten bekräftigte die Bundeskanzlerin die Forderung an die Taliban, auf Gewalt zu verzichten, Menschenrechte zu achten und all jenen freies Geleit zu gewähren, die Afghanistan verlassen wollten."

Die Taliban waren am Sonntag nach einem rasanten Eroberungsfeldzug in Kabul einmarschiert und damit knapp 20 Jahre nach dem Einmarsch westlicher Truppen in Afghanistan an die Macht zurückgekehrt. Zehntausende Menschen versuchen derzeit, aus dem Land zu fliehen. Am Flughafen von Kabul spielten sich teilweise dramatische Szenen ab.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/AFP/dpa

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