Politik

"Nicht auf dem Schirm gehabt" Reul: Polizei ist von Protesten überrumpelt

Demonstration gegen die Corona-Politik: "Es meldet sich gar keiner mehr an, sondern die kommen einfach", sagt Reul.

Demonstration gegen die Corona-Politik: "Es meldet sich gar keiner mehr an, sondern die kommen einfach", sagt Reul.

(Foto: picture alliance / Fotostand)

Spontane Zusammenkünfte, unangemeldete Veranstaltungen: Laut NRW-Innenminister Reul sind die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen für die Polizei derzeit nur schwer überschaubar. Der zunehmenden Radikalisierung will er ein "Konzept der null Toleranz" entgegensetzen.

Nach Einschätzung von Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul wird es immer schwerer, die Größe von Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen vorab richtig einzuschätzen. In den vergangenen Tagen war die Polizei mehrfach von der hohen Zahl von Demonstranten überrascht worden. "Wir hatten jetzt Montagabend plötzlich 27 oder 28 solcher angemeldeten und unangemeldeten Veranstaltungen, die wir gar nicht auf dem Schirm hatten. Die wurden auch immer größer", sagte Reul im Deutschlandfunk.

Früher habe die Polizei immer genau sagen können, in welcher Größenordnung eine Kundgebung stattfinden würde. "Das ist jetzt in den letzten Wochen viel schwieriger geworden", sagte Reul. "Früher gab's Aufrufe zu Demonstrationen, dann meldeten sich Leute an, und man hatte ein Gefühl dafür, mehr als ein Gefühl, wie viele Leute kommen da. Heute wird aufgerufen, und es meldet sich gar keiner mehr an, sondern die kommen einfach. Oder es findet spontan statt."

Die Radikalisierung der Corona-Proteste sei besorgniserregend. "Zunehmend werden diese Gruppen auch unterwandert, missbraucht", sagte der Minister. Das müsse man sehr ernst nehmen. Wenn Regeln verletzt würden, müssten die Sicherheitskräfte eingreifen. Zu der Frage, ob die Polizei in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder auch Baden-Württemberg nicht härter und konsequenter hätte durchgreifen müssen, wollte Reul nichts sagen.

Er kenne die Lage vor Ort nicht und wolle sich nicht in die Angelegenheiten anderer Bundesländer einmischen. "Wir haben uns hier in Nordrhein-Westfalen seit geraumer Zeit für ein Konzept null Toleranz entschieden, haben gesagt, wir müssen relativ früh die Grenze ziehen, einfach damit das nicht weiter eskaliert." Die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen nehmen seit Wochen zu. Dabei beteiligen sich auch rechte Gruppierungen und Reichsbürger.

"Szene zeigt offene Gewaltbereitschaft"

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Auch der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, warnt vor einer zunehmenden Radikalisierung der Corona-Proteste. "Die Szene radikalisiert sich nicht nur politisch, sondern zeigt offene Gewaltbereitschaft", sagte Wendt der "Passauer Neuen Presse". Die Entwicklung reiche inzwischen "tief in die Gesellschaft" hinein. Generell habe die Ablehnung gegenüber dem Staat und seinen Institutionen zugenommen.

Die Proteste der sogenannten Querdenker, Corona-Kritiker und Impfskeptiker zeichneten sich durch eine neue Klientel aus. An den Demonstrationen nähmen auch Menschen teil, "die sich am Demonstrationsgeschehen bisher nicht signifikant beteiligten", sagte Wendt weiter. In den letzten "Jahren und Jahrzehnten" habe die Ablehnung gegenüber dem Staat und seinen Institutionen außerdem insgesamt zugenommen.

Seitens der Polizei sei bei den Corona-Protesten ein differenziertes Auftreten gefragt. "Es gibt Menschen, die kann man einfach nicht erreichen, mit denen kann man auch nicht diskutieren - die sind einfach nur offen gewaltbereit und halten sich nicht an polizeiliche Anweisungen", sagte der Chef der Polizeigewerkschaft. Andere Demonstranten verhielten sich hingegen kooperativ.

Quelle: ntv.de, mdi/dpa/AFP

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