Politik

Der Kriegstag im Überblick Russland setzt Angriffe am orthodoxen Osterfest fort - Ukraine meldet Geländegewinne

Orthodoxes Osterfest in schweren Zeiten. Auch am Feiertag gehen die Kämpfe in der Ukraine weiter.

Orthodoxes Osterfest in schweren Zeiten. Auch am Feiertag gehen die Kämpfe in der Ukraine weiter.

(Foto: dpa)

Trotz des orthodoxen Osterfestes tobt der Krieg in der Ukraine weiter. Russland greift nach eigenen Angaben massiv ukrainische Stellungen an. Kiew wiederum meldet Erfolge in der Südukraine. Die Präsidenten beider Kriegsparteien äußern sich anlässlich des Osterfestes sehr unterschiedlich. Der 60. Kriegstag im Überblick:

Moskau: 423 Angriffe mit Raketen und Artillerie

Die russischen Streitkräfte haben erneut Dutzende Militärobjekte und zahlreiche Stellungen des ukrainischen Militärs beschossen, teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow, mit. Russlands Militär zerstörte nach eigenen Angaben zudem in Pawlohrad im Gebiet Dnipropetrowsk eine unterirdische Anlage zur Produktion von Munition für die ukrainischen Streitkräfte. Im Gebiet Charkiw seien zudem vier Munitionslager und Truppenansammlungen mit Raketen beschossen worden.

Laut russischem Verteidigungsministerium wurden bei den Angriffen 150 ukrainische Kämpfer getötet. Insgesamt wurde demnach 423 Mal mit Raketen und Artillerie geschossen. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Kiew: Boden in Region Cherson gutgemacht

Das ukrainische Militär berichtete, die Kontrolle über acht Ortschaften in der Region Cherson im Süden des Landes wiedererlangt zu haben. Der ukrainische Generalstab in Kiew machte allerdings keine Angaben zu den Namen der Ortschaften oder zu ihrer genauen Lage. Das russische Militär hatte zuvor mitgeteilt, die gesamte Region Cherson eingenommen zu haben. Die Ukraine befürchtet, dass dort wie im Donbass nach dem Vorbild der von Russland anerkannten "Volksrepubliken Luhansk und Donezk" ebenfalls eine Unabhängigkeit von der Ukraine ausgerufen werden könnte.

Der Generalstab berichtete auch über den Beschuss eines russischen Militärkonvois nahe der Ortschaft Kyseliwka nordwestlich von Cherson. "Nachdem er empfindliche Verluste erlitten hat, zog sich der Feind nach Tschornobajiwka zurück", heißt es im Lagebericht. Auch soll in der Region Cherson eine russische Kommandozentrale zerstört worden sein, hatte das ukrainische Verteidigungsministerium auf Facebook berichtet. Demnach wurden bei dem Angriff zwei russische Generäle getötet. Ein weiterer wurde demnach in kritischem Zustand in ein Krankenhaus gebracht. Die ukrainischen Angaben lassen sich nicht unabhängig bestätigen.

Verhandlungen zum Stahlwerk in Mariupol?

Russland setzt nach ukrainischen Angaben seine Angriffe auf das belagerte Stahlwerk in der Hafenstadt Mariupol fort. Das von ukrainischen Kämpfern gehaltene Werk von Asowstal liege unter kontinuierlichem Beschuss, erklärt Präsidentenberater Mychajlo Podoljak auf Twitter.

Angesichts der schwierigen Lage der im Stahlwerk in Mariupol eingeschlossenen Kämpfer und Zivilisten hat Kiew Verhandlungen mit Moskau angeboten. Bei einer "Sonderrunde" könne über den Austausch von Militär gesprochen werden, teilte Podoljak mit. In dem Werk Asowstal sollen sich nach russischen Angaben 2500 ukrainische Kämpfer und ausländische Söldner verschanzt haben. Nach ukrainischen Angaben leben in den noch für einen Atomkrieg gebauten Bunkeranlagen auch 1000 Zivilisten, darunter viele Kinder und Frauen. Immer wieder waren Versuche gescheitert, Fluchtkorridore einzurichten.

Nach einer Einschätzung der US-amerikanischen Militärdenkfabrik "Institute for the Study of War" sollen die verbliebenen ukrainischen Truppen und Zivilisten im Stahlwerk offenbar ausgehungert werden, heißt es im jüngsten Lagebericht. Es fügt hinzu, dass Russland die Evakuierung der eingeschlossenen Zivilisten wahrscheinlich nicht erlauben werde.

Zwei Präsidenten, zwei Osterbotschaften

Zum orthodoxen Osterfest wenden sich die Staatsoberhäupter der beiden Kriegsparteien mit einer jeweils anderen Botschaft an das Volk. Russlands Präsident Putin zeigte sich in der Osternacht in der Erlöserkathedrale in Moskau mit einer brennenden Kerze in der Hand. Die Kirche kümmere sich um die Festigung des Konsenses und der Verständigung zwischen den Menschen, erklärte er. Tatsächlich ist die Kirche eine wichtige Machtstütze für Putin, Patriarch Kirill steht in dem Krieg fest an seiner Seite. Allerdings hatte Kirill am Samstag auch von einem "Blutvergießen" in der Ukraine gesprochen - und von der Hoffnung auf ein baldiges Ende.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich in seiner Botschaft zum orthodoxen Osterfest hingegen siegessicher. Ostern symbolisiere den Sieg des Guten über das Böse, des Lebens über den Tod, darum werde die Ukraine in dem Krieg gewinnen, sagte er. Das Land solle nicht die Leidenschaft für seinen Kampf um die Freiheit verlieren. Zugleich erinnerte Selenskyj an Kriegsgräuel in den Städten Butscha, Irpin, Borodjanka und Hostomel, wo nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen gefunden worden waren.

Papst Franziskus forderte erneut eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg. "Die politischen Entscheidungsträger mögen bitte die Stimme der Leute erhören, die den Frieden und keine Eskalation des Konfliktes verlangt", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. "Ich erneuere den Aufruf zu einem österlichen Waffenstillstand." Am Sonntag feierten die orthodoxen Christen, die in der Ukraine stark vertreten sind, Ostern. Russland hatte eine Feuerpause abgelehnt.

US-Außenminister Blinken in Kiew eingetroffen

Am Sonntag wurden US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und Außenminister Antony Blinken in Kiew erwartet. Gegen 22 Uhr wurde die Ankunft von Blinken von ukrainischer Seite bestätigt. Dort führe er Gespräche mit Präsident Selenskyj, sagt einer von dessen Beratern. Ob auch Austin mit dabei war, blieb unklar. Selenskyj hatte angekündigt, mit den US-Politikern über eine "Liste der notwendigen Waffen und über die Geschwindigkeit ihrer Lieferung" reden zu wollen. In den vergangenen Wochen hatten schon diverse europäische Regierungschefs und auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Kiew besucht.

UN-Generalsekretär António Guterres reist vor seinen geplanten Besuchen in Moskau und Kiew in die Türkei. Er werde am Montag von Präsident Erdogan empfangen, teilte Ankara mit. Das NATO-Mitglied Türkei unterhält gute Beziehungen sowohl zur Ukraine als auch zu Russland und sieht sich als Vermittler in Friedensgesprächen. Guterres reist dann am Dienstag weiter nach Moskau und wird dort von Putin empfangen, am Donnerstag trifft er in der Ukraine unter anderem Präsident Selenskyj. Der UN-Generalsekretär will vermitteln. Auch er hatte eine Feuerpause an Ostern gefordert - erfolglos.

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Quelle: ntv.de, kst/dpa/AFP/rts

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