Walter-Borjans zu Kemmerich-Wahl SPD-Chef: "Es gibt kein 'Weiter so'"
06.02.2020, 09:20 UhrDer SPD-Co-Vorsitzende Walter-Borjans nimmt nach der Wahl von Thomas Kemmerich zu Thüringens Ministerpräsidenten die Bundes-CDU in die Pflicht. Das Ergebnis dürfe "keinen Bestand haben", sagt er im "ntv Frühstart" - und warnt andernfalls vor Konsequenzen für die Große Koalition.
Nachdem AfD, CDU und FDP gemeinsam Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt haben, warnt der SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans vor Konsequenzen für die Große Koalition im Bund. "Es gibt kein 'Weiter so' und kein 'Weiter' ohne eine Klärung des Problems", sagte Walter-Borjans im "ntv Frühstart". "FDP und CDU sind gefordert, das Problem aus der Welt zu schaffen."
"Ich rede ungern darüber, was wir machen, wenn etwas nicht passiert, sondern ich rede darüber, was passieren muss", sagte Walter-Borjans. "Für uns als Sozialdemokraten gilt, dass ein solches Ergebnis, das so zustande gekommen ist, keinen Bestand haben darf." FDP und CDU dürften sich nicht "zum Steigbügelhalter für den Faschismus, für Rassismus, für Hetze gegen anders denkende Menschen missbrauchen lassen", sagte der 67-Jährige.
Telefonat mit Merkel und AKK
"Ich weiß es auch aus Gesprächen, dass sich die CDU dieses Problems bewusst ist, dass sie das lösen muss", sagte Walter-Borjans. Er und die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken hätten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und der CDU-Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer telefoniert. Nun müsse eine Lösung im Rahmen der Thüringer Verfassung gesucht werden. "Wir wollen Antidemokraten nicht damit begegnen, dass wir eine antidemokratische Form der Reaktion wählen."
Walter-Borjans warnte zudem vor einem Schaden für das internationale Ansehen Deutschlands: "Ich glaube, dass gerade in dieser Frage Deutschland unter ganz besonderer Beobachtung steht und das, was da passiert ist, ist ein Signal, das wir so nicht stehen lassen können."
Kritik an Hirte und Lindner
Walter-Borjans kritisierte zudem den Ostbeauftragten der Bundesregierung, Christian Hirte. "Für den Ostbeauftragten der Regierung ist es definitiv nicht zu ertragen und es kann auch nicht sein, dass es so einen Ostbeauftragten gibt mit dieser Grundhaltung und mit so einem Verhalten", sagte Walter-Borjans der RTL/ntv-Redaktion. Der Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Hirte hatte Kemmerich nach dessen Wahl mit Stimmen der AfD via Twitter gratuliert.
Auch für die Reaktion des FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner auf die Vorgänge in Thüringen hat Walter-Borjans kein Verständnis. "Ich möchte mal daran erinnern, dass Lindner es offenbar nicht geschafft hat, eine Bundesregierung mit demokratischen Parteien zu bilden, dass er es aber einem Parteifreund überlässt, sich mit Rechtsextremisten zusammen an die Macht wählen zu lassen", sagte Walter-Borjans mit Blick auf die gescheiterten Jamaika-Verhandlungen nach der Bundestagswahl 2017.
Der SPD-Co-Vorsitzende glaubt demnach auch nicht, dass Lindner von der Wahl Kemmerichs mit Hilfe der AfD-Fraktion überrascht worden sei. "Es ist wirklich nicht so, dass Herr Lindner sagen kann: Von all dem wusste ich nichts", sagte Walter-Borjans. "Und wenn es so gewesen sein sollte, dann muss er sich auch Fragen stellen."
Quelle: ntv.de, shu