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Merz lobt "gute Atmosphäre" Scholz lädt für Migrationspakt ins Kanzleramt

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Scholz, Rhein, Weil und Merz beim Balkongespräch.

Scholz, Rhein, Weil und Merz beim Balkongespräch.

(Foto: dpa)

Bislang knirscht es beim Thema Flüchtlingspolitik gewaltig zwischen Bund und Ländern. Nach den Wahlerfolgen der Rechten bei den jüngsten Landtagswahlen sieht der Kanzler Handlungsbedarf und lädt zum Spitzentreffen. Auf der Suche nach einer gemeinsamen Linie sitzt auch CDU-Chef Merz mit am Tisch.

Bund und Länder wollen bis Anfang November zu gemeinsamen Lösungen kommen, um den Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland zu begrenzen. Bundeskanzler Olaf Scholz und die Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Boris Rhein von der CDU und Niedersachsens Stephan Weil von der SPD, loteten mit CDU-Chef Friedrich Merz als Oppositionsführer im Bundestag erstmals gemeinsam die Einigungsmöglichkeiten aus. Alle Seiten nannten die etwa zweistündigen Beratungen anschließend konstruktiv - auch wenn es keine konkreten Ergebnisse gab.

"Ich finde, es kommt jetzt darauf an, dass Tempo stattfindet bei den Lösungen der Fragen", sagte Rhein als neuer Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Er sei für ein Migrations-Paket "aus einem Guss". Aus dem Kanzleramt hieß es, man sei sich einig, "dass Demokraten zusammenhalten und Demokratie verteidigen müssen". Bund, Länder und Opposition hätten sich "auf einen gemeinsamen Weg begeben". Merz lobte im ZDF-"heute journal" die "gute Atmosphäre" des Gesprächs: "Wir sind uns im Ziel einig, und ob wir uns auf dem Weg einig werden, das werden die nächsten Tage und Wochen zeigen."

Scholz hatte nach den Landtagswahlen in Hessen und Bayern zu dem Treffen eingeladen. Dabei hatten alle Ampel-Parteien teils dramatische Verluste eingefahren, während die AfD deutlich gewann und in Bayern auf Platz drei, in Hessen sogar auf Platz zwei landete. Die Rechtsverschiebung zeichnete sich bereits in der Debatte um das Heizungsgesetz ab, wurde zuletzt aber vor allem auf die Unzufriedenheit mit der Migrationspolitik zurückgeführt.

Vom "Deutschlandpakt" bleibt nur das Thema Migration

Zwischen Anfang Januar und Ende September haben in Deutschland 233.744 Menschen erstmals einen Asylantrag gestellt, rund 73 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Scholz hatte kurz vor den Wahlen erstmals ausgesprochen, dass aus seiner Sicht zu viele Flüchtlinge nach Deutschland kämen. Schon davor hatte er den Ländern und der "demokratischen Opposition" einen "Deutschlandpakt" angeboten, um Reformen in Deutschland voranzubringen. Er meinte damit aber nicht nur die Eindämmung der irregulären Migration, sondern auch andere Themen wie den Bürokratieabbau.

Das Gespräch mit Merz und den Ministerpräsidenten konzentrierte sich nun aber ganz auf die Migration. Neben Scholz, Rhein, Weil und Merz war noch Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt bei dem Abendessen in der Kanzlerwohnung im achten Stock der Regierungszentrale dabei. "Zunächst einmal haben wir uns heute Abend gut vertragen", beschrieb Weil anschließend die Atmosphäre. "Und wir sind, glaube ich, auch in der Sache so eng beieinander, dass daraus etwas werden kann."

Alle Seiten waren sich einig, dass das Treffen nur eine erste Etappe auf dem Weg zu einem Treffen des Kanzlers mit allen Ministerpräsidenten in Berlin am 6. November sein kann. Dann soll es allerdings zum Schwur kommen. Es gilt dann, die schwierigste Frage zu klären: die Finanzierung der Aufnahme von Flüchtlingen, für die die Länder zusätzliche Milliarden vom Bund fordern. Aber auch andere Fragen sollen bis dann geklärt werden. Am 6. November werde man "die Dinge finalisieren ... inklusive Finanzen", sagte Rhein.

Länder und Union legen Forderungen vor

Für die weiteren Beratungen haben Bund, Länder und die Union nun ihre Karten auf den Tisch gelegt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD hatte bereits am Mittwoch die Grundzüge eines Gesetzentwurfs vorgestellt, der darauf abzielt, die Zahl von Abschiebungen, die im letzten Moment scheitern, zu reduzieren. Außerdem sollen die Ausländerbehörden durch verlängerte Fristen entlastet werden.

Die Länder einigten sich unmittelbar vor der Runde im Kanzleramt auf einen Forderungskatalog, der sich an den Bund richtet. Darin verlangen sie, effektive Maßnahmen zur Beschleunigung der Asylverfahren zu ergreifen, unerlaubte Einreisen etwa durch stationäre Grenzkontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen zu unterbinden und die Voraussetzungen zur Einführung einer bundesweit einheitlichen Bezahlkarte für Asylbewerber zu schaffen. "Die bislang getroffenen Maßnahmen sind noch nicht ausreichend, um eine Begrenzung der irregulären Migration zu erreichen", heißt es in dem gemeinsamen Beschluss.

Nach der Runde im Kanzleramt legte dann auch die Union einen Forderungskatalog mit 26 Punkten vor. Darin wird von Scholz unter anderem ein "gemeinsames Verständnis" verlangt, "dass Deutschland mit Blick auf die Integration-Infrastruktur und den gesellschaftlichen Zusammenhalt eine Asylzuwanderung bis maximal 200.000 Personen pro Jahr verträgt". Vor diesem Hintergrund müsse es eine Regierungserklärung des Kanzlers geben mit dem Signal: "Deutschlands Aufnahmekapazitäten sind erschöpft."

Quelle: ntv.de, ino/dpa

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