Politik

Aktionen inzwischen weltweit Uni-Präsidentin zieht bei propalästinensischen Protesten rote Linie

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Julia von Blumenthal, Präsidentin der Humboldt-Universität Berlin, versucht mit den Protestlern zu reden.

Julia von Blumenthal, Präsidentin der Humboldt-Universität Berlin, versucht mit den Protestlern zu reden.

(Foto: picture alliance/dpa)

USA, Frankreich, Deutschland, Mexiko und Australien - beinahe rund um den Globus protestieren Studenten an Universitäten gegen den Militäreinsatz Israels im Gazastreifen. An der Berliner Humboldt-Uni versucht die Hochschul-Präsidentin, mit den Protestlern ins Gespräch zu kommen - offenbar erfolglos.

Die Studentenproteste gegen die israelische Offensive im Gazastreifen weiten sich von den USA zunehmend auf Universitäten überall in der Welt aus. An der Humboldt-Universität Berlin haben sich Dutzende Menschen zu propalästinensischen Protesten versammelt. In der französischen Hauptstadt Paris schritt die Polizei gegen einen propalästinensischen Sitzstreik an der Elite-Hochschule Sciences Po ein. Proteste gab es auch auf dem Campus der größten Universität in Mexiko sowie in Australien. US-Präsident Joe Biden rief angesichts der eskalierenden Demonstrationen in seinem Land zu Ordnung auf.

In Berlin demonstrierten am Mittag etwa 90 Menschen, viele mit Palästinensertüchern, im Innenhof des Campus Mitte bei einem nicht angemeldeten Sit-in, teilte die Polizei mit. Weitere Unterstützer befanden sich vor dem Gebäude, insgesamt seien es etwa 150 Menschen. Viele der überwiegend jungen Leute trugen Palästinensertücher. Den Protestierenden wurde von der Polizei ein alternativer Versammlungsort direkt vor dem Uni-Gelände zugewiesen.

Auch die Präsidentin der Universität, Julia von Blumenthal, war vor Ort und im Gespräch mit den Protestierenden. "Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht", war auf einem Schild zu lesen, auf einem anderen "From the Spree to Overseas the people will rise in solidarity" (Deutsch etwa: "Von der Spree bis Übersee werden die Menschen sich solidarisieren"). "Viva Palästina" war vor Ort zu hören.

Uni-Präsidentin: Kerngruppe hat sich entschieden, laut zu brüllen

Von Blumenthal sagte, sie habe deutlich gemacht, dass die Universität ein Ort kontroverser Diskussionen sei, die auf Basis der Grundwerte geführt würden. "Dazu gehört kein Platz für Antisemitismus, kein Platz für Rassismus und kein Platz für irgendeine andere Form der Diskriminierung." Es habe die Forderung im Raum gestanden, die Kontakte zu Israel abzubrechen, "etwas, was für mich vollkommen ausgeschlossen ist". Sie habe weiter angeboten, bei einer Veranstaltung in den kommenden Wochen zum Thema zu diskutieren. Es habe aber eine Kerngruppe gegeben, die sich entschieden habe, laut zu brüllen. Ihr Angebot stehe weiterhin für Studierende der Humboldt-Universität.

Bei einer Diskussion wäre ihr ein breites Spektrum an Position wichtig, sagte von Blumenthal weiter. "Es gibt unterschiedliche jüdische Stimmen, es gibt unterschiedliche palästinensische Stimmen, es gibt auch wissenschaftliche Positionen." Teilweise ginge es vor Ort aber auch um Forderungen, für die die Universität gar nicht stehen könne, wie die Anerkennung des Staates Palästina und einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen.

Berlins Regierender Bürgermeister, Kai Wegner, dankte auf X der Polizei "für das konsequente und besonnene Vorgehen. Berlin duldet keinen Antisemitismus, Hass oder Hetze an unseren Universitäten. Bei uns wird es kein Verständnis für diejenigen geben, die hier Zustände wie in den USA oder Frankreich wollen."

Sciences Po stellt auf Online-Unterricht um

In Paris versuchten Polizisten, Dutzende Demonstrierende aus der Eingangshalle der Sciences Po zu entfernen. Nach Angaben eines Studenten hielten sich etwa 50 Protestierende in dem Gebäude auf. Die Räumung verlief Fernsehaufnahmen zufolge friedlich. Die Universität hatte wegen der Proteste auf einen Online-Betrieb umgestellt, die meisten Gebäude blieben geschlossen.

Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober war es an der Pariser Elite-Universität immer wieder zu propalästinensischen Kundgebungen und Spannungen gekommen. Die Polizei schritt mehrfach ein. Am Donnerstag wurde ein Protestlager mit rund 300 Studierenden aufgelöst.

In den USA gibt es an zahlreichen Universitäten seit mehr als zwei Wochen Proteste gegen den israelischen Militäreinsatz gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen und für Solidarität mit den dort lebenden Palästinensern. Medienberichten zufolge sind in dem Zusammenhang 2000 Menschen festgenommen worden. Bei den Protesten geht es meist um die Forderung an Hochschulen und Unternehmen, finanzielle Beziehungen zu Israel zu kappen. Kritiker werfen insbesondere dem radikalen Teil der Protestbewegung Antisemitismus und die Verharmlosung der Terrororganisation Hamas vor.

In Australien standen sich an der Universität von Sydney Hunderte von propalästinensischen und proisraelischen Demonstranten gegenüber. Trotz einiger angespannter Wortgefechte blieben beide Versammlungen jedoch friedlich, die Polizei musste nicht eingreifen.

Mehr zum Thema

Auch in Mexiko campierten dutzende propalästinensische Studierende vor der Nationalen Autonomen Universität, der größten Hochschule des Landes, in Mexiko-Stadt. Die Studierenden fordern von der mexikanischen Regierung, alle diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel abzubrechen.

Israels Präsident Isaac Herzog prangerte angesichts der Proteste an den Hochschulen ein "erschreckendes Wiederaufleben des Antisemitismus" in der Welt und vor allem in den USA an. Angesehene Universitäten seien dort "von Hass und Antisemitismus verseucht", erklärte er am Donnerstag.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen