Zivile Schutzschilde der Hamas Völkerrechtler: "Israel muss das nicht hinnehmen"
19.11.2023, 13:49 Uhr Artikel anhören
Eine israelische Armeebrigade beim Vormarsch im Gazastreifen.
(Foto: picture alliance/dpa/Israel Defense Forces/AP)
Wegen seiner Kriegsführung steht Israel international unter Druck. Der deutsche Völkerrechtler Matthias Herdegen verteidigt das Vorgehen des Militärs. Gravierende Verstöße sieht er vielmehr bei der Hamas.
Der Bonner Völkerrechtler Matthias Herdegen hat Israel gegen internationale Kritik in Schutz genommen. Trotz der vielen zivilen Opfer auf palästinensischer Seite sei das viel kritisierte Vorgehen der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen juristisch gerechtfertigt, sagte Herdegen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Israel muss es nicht hinnehmen, dass die Hamas sich dauerhaft auf verbotene Weise hinter wehrlosen Zivilisten verschanzt."
"Das Völkerrecht zwingt den Angegriffenen nicht dazu, seine Kampfhandlungen so zu beschränken, dass die Zahl der Opfer beim Angreifer nicht die Zahl der Getöteten im eigenen Land übersteigt", führte Herdegen aus. "Eine solche Schranke würde das Recht auf Selbstverteidigung gerade gegenüber solchen Konfliktparteien aushöhlen, die Opfer unter der eigenen Bevölkerung zum Mittel ihres Kampfes machen."

Der 66-jährige Jurist Matthias Herdegen ist Direktor am Institut für Völkerrecht in Bonn.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Experte warf im Gegenzug der militantislamistischen Palästinenserorganisation Hamas gravierende Verstöße vor, indem sie Waffenlager unter Kliniken, Wohnhäusern und Schulen eingerichtet habe. "Schon in dieser Form der Vorbereitung auf einen Konflikt liegt ein eklatanter Verstoß gegen Regelungen des humanitären Völkerrechts." Auch ein Krankenhaus verliere in diesem Fall seinen absoluten völkerrechtlichen Schutz.
Das Vorgehen der israelischen Armee und in den vergangenen Tagen vor allem die Erstürmung des Al-Schifa-Krankenhauses in der Stadt Gaza hatten international Kritik hervorgerufen. Israel vermutet das Hauptquartier der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas in Tunneln unter dem Krankenhauskomplex.
Hamas verübt Gräueltaten an Zivilisten
Israel hat sich die Zerstörung der Hamas zum Ziel gesetzt, nachdem Hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Palästinenserorganisation am 7. Oktober nach Israel eingedrungen waren und Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt hatten. Rund 1200 Menschen wurden nach israelischen Angaben getötet, zudem wurden etwa 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Als Reaktion auf den Angriff der Hamas begann Israel mit massiven Angriffen auf Ziele im Gazastreifen, inzwischen sind auch Bodentruppen in das Gebiet eingerückt. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seit Beginn der Angriffe rund 12.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.
Quelle: ntv.de, gut/AFP