
China steigert seine Militärausgaben in diesem Jahr um 7,2 Prozent auf umgerechnet 211 Milliarden Euro.
(Foto: picture alliance / Pang Xinglei/Xinhua/AP/dpa)
Der wiedergewählte Präsident Xi Jinping will China stärker machen und das Militär ausbauen. Sein Ziel ist eine "Mauer aus Stahl". Auch, um den USA Konkurrenz zu machen. Der Kern des Konflikts liegt aber in Taiwan.
Xi Jinping bekommt Applaus, als das Ergebnis auf einem digitalen Monitor aufleuchtet. Chinas Präsident ist vergangene Woche für eine dritte Amtszeit wiedergewählt worden. Das ist historisch, denn so lange hat noch kein chinesischer Präsident regiert. Alle der knapp 3000 Delegierten im Saal haben beim Volkskongress in Peking für Xi gestimmt. Den Weg dafür hatte er 2018 mit der Abschaffung der Begrenzung auf zwei Wahlperioden selbst freigemacht.
Damit hat der 69-Jährige endgültig seine Position gefestigt - als mächtigster Führer seines Landes seit Mao. Der Volkskongress sei der Schlussstein eines lange ausgetüftelten Machtplans von Präsident Xi Jinping, meint der Politikwissenschaftler Eberhard Sandschneider bei ntv. "Jetzt ist ihm im Staatsapparat gelungen, was auf dem 20. Parteitag schon der Partei gelungen ist: alle wesentlichen Schaltstellen der Macht mit Anhängern seiner Wahl zu besetzen. Insofern ist Xi tatsächlich der wohl mächtigste Politiker Chinas seit Jahrzehnten."
Neue Nummer Zwei in China ist Li Qiang, einer der engsten Vertrauten von Xi und jetzt neuer Regierungschef. Auch der neue Verteidigungsminister, General Li Shangfu, ist ein treuer Gefolgsmann. "Durch diese Achse gibt es momentan kaum Widerspruch", analysiert die Politikwissenschaftlerin Josie-Marie Perkuhn. "Er sieht sie als loyale Verbündete an."
Chinas Militärausgaben steigen seit Jahren
Xi Jinping will das chinesische Militär massiv aufrüsten. Er will die Streitkräfte "zu einer großen Mauer aus Stahl" ausbauen, hat er in seiner ersten Rede als wiedergewählter Präsident zum Abschluss des Volkskongresses gesagt. Eine Anspielung auf die Chinesische Mauer, die seit Jahrhunderten quer durch das Land verläuft. Damit will Xi die nationale und die öffentliche Sicherheit Chinas stärken.
Die Militärausgaben sollen dieses Jahr um 7,2 Prozent steigen, auf umgerechnet 211 Milliarden Euro. Vergangenes Jahr hat Peking umgerechnet noch rund 200 Milliarden in seine Armee gesteckt - und lag damit weltweit an zweiter Stelle hinter Spitzenreiter USA. Tatsächlich gibt China aber sogar noch 50 Prozent mehr Geld für sein Militär aus, als es offiziell angibt, schätzt das renommierte Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri. Bereits 2021 hat China demnach 275 Milliarden Euro in die Verteidigung investiert.
Hintergrund der Aufrüstungen sind unter anderem der Machtkampf und die Spannungen mit den USA. China will die Vereinigten Staaten als Weltmacht ablösen, macht Politikwissenschaftler Thomas Jäger im ntv-Interview deutlich. "Dazu gehört, dass China im Bereich der Nuklearwaffen kräftig nachrüsten muss. Denn hier ist das Land momentan international nur an vierter Stelle und weit davon entfernt, die Fähigkeiten von Russland oder den USA aufzuweisen."
Xi will "friedliche Wiedervereinigung" mit Taiwan
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Streitpunkte mit den USA gibt es viele. Ganz aktuell ist unter anderem der mutmaßliche chinesische Spionageballon im Januar. Mehrere Tage lang war er quer über die USA geflogen, unter anderem auch über kritische militärische Infrastruktur - bevor ihn das US-Militär schließlich abschoss.
Auch die Taiwan-Frage hat das Verhältnis zwischen China und den USA in den vergangenen Jahren extrem verschlechtert. Für China ist der kleine Inselstaat 180 Kilometer vor der chinesischen Küste Teil der Volksrepublik. Doch Taiwan will seine Demokratie und Freiheit bewahren, sieht sich als unabhängig an und will nicht zu China gehören. Die USA unterstützen Taiwan dabei - unter anderem mit millionenschweren Waffenlieferungen.
China wolle das Südchinesische und Ostchinesische Meer beherrschen, sagt Jäger. "Das heißt, die maritimen Kräfte, die in den letzten Jahren erheblich gestärkt wurden, noch einmal aufrüsten." Früher hatte China im Taiwan-Konflikt mit militärischer Gewalt gedroht. Diesmal beim Volkskongress klang Xi versöhnlicher. Zwar gefällt ihm die Einmischung von außen gar nicht - aber die Wiedervereinigung soll "friedlich" verlaufen.
Soldaten fehlt Kampferfahrung, Militärtechnik veraltet
Trotzdem rüstet China derzeit massiv auf - auch oder vor allem wegen der Taiwan-Frage. Bis 2027 werden die chinesischen Streitkräfte in der Lage sein, Taiwan einzunehmen, analysiert Experte Jäger. Dann feiert Chinas Volksbefreiungsarmee ihr 100-jähriges Jubiläum.
Wenn Peking Taiwan angreift, würde sich China aber nur selbst gefährden, meint Eberhard Sandschneider. "Das Risiko für China, erst recht wirtschaftspolitisch, wäre gewaltig." Taiwan habe die Unterstützungszusage der Vereinigten Staaten. "Jeder, der Taiwan angreift, weiß, dass es praktisch den Beginn eines Krieges mit den USA bedeuten würde. Das kann nicht im chinesischen Interesse sein." Deshalb werde das in den nächsten Jahren auch nicht passieren, schätzt der Politikwissenschaftler, "wenn man einen Zufallskonflikt ausschließt".
China steckt mehr Geld ins Militär als die gesamte Wirtschaft wächst. Rund fünf Prozent Wirtschaftswachstum peilt Peking dieses Jahr an. So wenig wie seit Jahrzehnten nicht. Vergangenes Jahr waren 5,5 Prozent das Ziel gewesen - am Ende sind wegen der strengen Null-Covid-Politik aber nur drei Prozent herausgekommen.
In den nächsten Jahren muss China bei der Verteidigung aufholen: Zwar ist das chinesische Militär im weltweiten Vergleich die drittstärkste Armee der Welt. Doch den zwei Millionen aktiven Soldaten fehlt es an Kampferfahrung. Auch die Militärtechnik ist zum Teil veraltet. Peking hat viel zu tun, denn bis 2049 will China eine militärische Supermacht sein und die USA überholt haben. Dann wird die Volksrepublik 100 Jahre alt.
Quelle: ntv.de