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Lob und Kritik zum Beschluss Wüst über Flüchtlingsgipfel: "Mehr war eben nicht drin"

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Erfolg oder fauler Kompromiss? Die Meinungen gehen nach dem Flüchtlingsgipfel auseinander.

Erfolg oder fauler Kompromiss? Die Meinungen gehen nach dem Flüchtlingsgipfel auseinander.

(Foto: picture alliance/dpa)

Bund und Länder haben sich beim Flüchtlingsgipfel geeinigt - zumindest zum Teil. Für die Länder bedeutet das: mehr Geld jetzt. Die Zukunft ist allerdings noch ungewiss. Einige Ministerpräsidenten begrüßen den Beschluss, andere haben mehr erwartet und zeigen sich unzufrieden.

Der Bund wird für das Jahr 2023 die Flüchtlingspauschale an die Länder um eine Milliarde Euro erhöhen. Eine Grundsatzentscheidung über dauerhaft höhere Bundesmittel zur Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden haben Bund und Länder bei ihrem Flüchtlingsgipfel jedoch nicht getroffen.

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht das als offenen Prozess. "Wir haben eine Diskussion vor uns, die auch jede Mühe wert ist, das will ich ausdrücklich sagen. Aber die Aufgabe zu lösen ist auch nicht einfach, weil in den letzten Jahren viel passiert ist", so Scholz nach den Beratungen im Kanzleramt. "Wir gehen da als offener Prozess rein und das Ergebnis kann niemand vorhersagen."

Haseloff: Haben Teilschritt erreicht

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sieht in den Ergebnissen immerhin einen Teilerfolg. "Wir haben sicherlich einen Teilschritt erreicht. Damit meine ich nicht nur, dass wir eine Milliarde gegenüber dem ursprünglichen Null-Angebot des Bundes mit eingebracht haben für die Kommunen", sagte Haseloff. Für Sachsen-Anhalt seien das knapp 30 Millionen Euro.

Vielmehr habe der Bund nun anerkannt, dass es sich um eine Daueraufgabe handelt, "weil er ja die Rahmenbedingungen für die Zuwanderung durch Grenzsicherung ja/nein, europäische Abstimmung, Schengen-Raum-Sicherung und alles Mögliche zu verantworten und in der Hand hat", so der Ministerpräsident. Die Länder und Kommunen hätten da keine Kompetenzen.

Bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz im Juni werde das Thema fortgesetzt. Ziel der Länder bleibe ein dauerhaftes, pro Kopf heruntergerechnetes Mitfinanzierungsschema des Bundes, sagte Haseloff. "Wir müssen wissen, was wir 2024 und in den folgenden Jahren kriegen, weil wir den Haushalt ab Mitte des Jahres aktivieren und ab August im Landtag behandeln müssen, damit wir im Dezember alles unter Dach und Fach haben. Und die Kommunen müssen ebenfalls planen können."

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher zieht den Beschluss ebenfalls positiv. "Die Sitzung hat etwas länger gedauert als geplant, aber sie hat ein gutes Ende genommen", sagte Tschentscher nach den Beratungen. Aus Hamburger Sicht habe es drei wesentliche Themen gegeben: die Finanzierung der Flüchtlingskosten, die Beschleunigung der Asylverfahren und die Verteilung der Geflüchteten innerhalb Deutschlands.

Wüst: "Mehr war eben nicht drin"

Weniger zufrieden zeigte sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst. Der Bund-Länder-Beschluss für die Kommunen sei noch nicht ausreichend. Dass der Bund sich bereit erklärt habe, die Flüchtlingspauschale an die Länder in diesem Jahr um eine Milliarde Euro zu erhöhen, sei zwar hilfreich, so Wüst. Für die Kommunen sei es aber nicht ausreichend, weil es nur eine Einmalzahlung sei. "Mehr war eben nicht drin", sagte er. "Das muss man heute so klar sagen."

Immerhin gebe es nun einen Fahrplan, wie auf dem Weg zu einer dauerhaft fairen, verlässlichen Finanzierung voranzuschreiten sei. Laut Beschluss von Bund und Ländern soll eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund und Ländern weitergehende Entscheidungen vorbereiten. Bei ihrer nächsten regulären Sitzung im Juni wollen der Bundeskanzler und die Regierungschefs der Länder einen Zwischenstand beraten. Im November soll entschieden werden.

Das sei zwar nicht das Ergebnis, dass sich die Länder gewünscht hätten, sie könnten als ersten Zwischenschritt aber damit leben, sagte Wüst. Konsens sei, dass irreguläre Migration spürbar reduziert werden müsse. Dazu müssten Rückführungen verbessert werden. "Wir brauchen endlich eine gemeinsame, solidarische, humanitäre, europäische Flüchtlingspolitik", sagte Wüst. Dafür wolle die Bundesregierung sich einsetzen und sich auch um Rückführungsabkommen kümmern.

Weil: "Diskussion ist eben nicht zu Ende"

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil betonte, dass aus Sicht der Länder noch weitere Finanzierungsfragen zu klären seien. "Die Diskussion ist eben nicht zu Ende, sondern sie wird sehr vertieft fortgesetzt werden", sagte der SPD-Politiker. Nach den Beratungen sei er aber zuversichtlich, zu weiteren Ergebnissen zu kommen.

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Scharfe Kritik äußerten in einer Protokollerklärung derweil die Länder Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt. "Die vom Bund vorgesehene Erhöhung um eine Milliarde Euro ist völlig unzureichend", heißt es dort. "Der Bund entzieht sich hier seiner Verantwortung, die er aufgrund seiner Zuständigkeit für die Ordnung und Steuerung des Migrationsgeschehens trägt."

Der Deutsche Landkreistag beklagte das "insgesamt enttäuschende Gipfelergebnis". Bund und Länder hätten "zumindest die Finanzen klar ziehen müssen", sagte Verbandspräsident Reinhard Sager den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wenn einzelne Punkte bis zum Sommer weiter ausgearbeitet werden sollen, um dann im November beschlossen zu werden, suggeriert das Zeit, die wir nicht haben."

Quelle: ntv.de, hny/dpa

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