"Todesliste ist mittlerweile lang" DDR-Dopingopfer beklagen Tatenlosigkeit
18.10.2014, 18:58 UhrAufschieben statt aufklären, so bewertet die frühere DDR-Sprinterin Ines Geipel den Umgang von Politik und Verbänden mit Dopingopfern und -tätern. Letztere hätten sich teils wieder funktionierende Netze im Sport gebaut, während den Opfern die Zeit davonläuft.
Auch 25 Jahre nach dem Mauerfall sehen die Dopingopfer des DDR-Systems noch großen Aufarbeitungsbedarf. "Die Todesliste ist mittlerweile lang, die Situation der Geschädigten wird permanent und drastisch schlechter", sagte Ines Geipel, die Vorsitzende des Doping-Opfer-Hilfe-Vereins (DOH) in Berlin. "Das Innenministerium, das Justizministerium und der organisierte Sport müssen endlich handeln."
Geipel, die selbst als Top-Sprinterin der DDR in den 80er Jahren Dopingopfer wurde, kritisierte die fehlenden Konsequenzen für die Täter von einst. "Es gibt überhaupt kein Bewusstsein für diese Verantwortung im organisierten Sport", sagte die 54-Jährige am Rande der DOH-Mitgliederversammlung in der Hauptstadt. "Gerade in den neuen Ländern funktionieren die Täter-Organigramme teils noch bestens. Diese Leute haben sich dort wieder ihr Netz gebaut und sich gegenseitig Stellen organisiert", so Geipel.
Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Stasiunterlagenbehörde, schloss sich der Forderung nach aktivem Handeln an: "Der Staat muss den Menschen helfen, die unter dem Unrechtssystem gelitten haben. Wir müssen alles tun, damit die Verletzungen der Opfer heilen. Dazu gehört, die Karten auf den Tisch zu legen. Keiner darf aus seiner Verantwortung entlassen werden", sagte Jahn.
Geipels Rücktrittsforderung an den Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes Thüringen, Rolf Beilschmidt, wollte sich Jahn jedoch nicht explizit anschließen. "Wir brauchen Aufklärung und nicht Abrechnung. Ich stelle Akten zur Verfügung, die Entscheidungsträger in Thüringen müssen dann auf Basis der Fakten Farbe bekennen." Der frühere Hochspringer Beilschmidt soll nach in der vergangenen Woche bekanntgewordenen Akten während seiner Arbeit als Leiter des SC Motor Jena als informeller Stasi-Mitarbeiter tätig gewesen sein. Die unabhängige Stasi-Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) will die Angelegenheit bewerten.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa