Meilenstein in Kriegszeiten Putin-Freund Owetschkin macht sich zur Legende - und spaltet
16.03.2022, 09:42 Uhr
Alexander Owetschkin hat mit dem 767. Treffer den dritten Rang in der ewigen NHL-Torjägerliste übernommen.
(Foto: Julio Cortez/AP/dpa)
Alexander Owetschkin ist eine der größte Attraktionen der NHL, aber auch eine der umstrittensten. Nun trifft der Russe zum 767. Mal und damit so oft wie nur zwei andere Spieler außer ihm. In Washington wird er gefeiert - anderswo war er wegen der Nähe zu Wladimir Putin zuletzt aber ein Feindbild.
Alexander Owetschkin konnte froh sein, dass er diesen 767. Treffer seiner NHL-Karriere nicht schon ein paar Tage früher erzielt hat - weil er statt tosendem Applaus wohl gellende Pfiffe zu hören bekommen hätte. Der 36 Jahre alte Russe ist durch sein Tor nun alleine auf Rang drei der ewigen Torjägerliste in der NHL. Nur noch Gordie Howe mit 801 und Wayne Gretzky mit 894 Treffern liegen vor ihm.
Für seine Mitspieler und die Zuschauer in der Capital One Arena in Washington war das Grund zu lautstarkem Jubel. Für die kanadischen Eishockey-Fans wäre es dagegen eher Gelegenheit für noch mehr Buh-Rufe und Pfiffe gewesen für den Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Seit Russland vor mehr als zwei Wochen die Ukraine angegriffen hat und die zahlreichen Sanktionen auch Mannschaften und Sportler aus dem Land treffen, stehen die, die noch spielen dürfen, unter besonderem Fokus. Das ging Daniil Medwedew beim Tennis-Masters in Indian Wells so und es geht Owetschkin so.
Foto mit Putin bleibt bei Instagram
Die NHL hat zwar relativ schnell alle Geschäftsbeziehungen mit Russland gekappt und ihre russischsprachigen Auftritte im Internet eingestellt, sich zugleich aber auch klar hinter die in der besten Eishockey-Liga der Welt spielenden Profis aus Russland gestellt. Owetschkin ist in den Augen vieler Fans außerhalb Washingtons trotzdem eine unbeliebte Person - schließlich ist er seit Jahren mit Putin befreundet und hat sich auch 2014 nach der Annexion der Krim nicht von ihm distanziert.
Im Gegenteil, er ließ sich für die Propaganda Putins einspannen und machte Wahlwerbung. Auch, dass seine 1,6 Millionen Follower beim Besuch seines Instagram-Profils noch immer ein Foto von ihm mit Putin zu sehen bekommen, verstört und verärgert viele Menschen in diesen Tagen. Insbesondere in Kanada, wo die 1,4 Millionen Menschen mit einem Migrationshintergrund aus der Ukraine nach Angaben der "New York Times" die größte solche Gruppe außerhalb der Ukraine und Russlands bilden.
Also war es keine Überraschung, dass Owetschkin bei den Spielen in Calgary, Edmonton und Vancouver in der vergangenen Woche ein Feinbild auf dem Eis war. Auch seine unbeholfen wirkende Pressekonferenz kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hat ihm in der öffentlichen Wahrnehmung nicht geholfen. Er wolle Frieden und keinen Krieg, sagte er da. Auch ein "Bitte, stoppt den Krieg" gab es von ihm zu hören - auf all die direkten Fragen, was er von der Invasion halte oder ob er Putin noch immer unterstütze, hatte er aber keine konkrete Antwort.
"Scheiße, dass meine Kinder es nicht gesehen haben"
Es ist wohl allerdings auch so - das berichtete die "New York Times" in der vergangenen Woche -, dass selbst diese in den USA und Kanada als wenig überzeugenden Kommentare ausgereicht haben, um von russischen Befürwortern des Krieges hässliche Kommentare auf seinen Social-Media-Profilen zu kassieren. Angeblich sei auch geplant gewesen, das Profilfoto mit Putin nach der Pressekonferenz durch ein Friedenssymbol zu ersetzen - was dann aus Bedenken um die Sicherheit von Owetschkins Familie in Russland aber doch nicht geschah.
Auch nach seinem Treffer zum 3:2 beim 4:3 nach Penalty-Schießen gegen die New York Islanders kam Owetschkin keine Kritik an Putin oder dem Krieg über die Lippen, vielmehr bediente er sich erneut im Wir-sind-Athleten-und-keine-Politiker-Baukasten. "Wir spielen einfach Eishockey und genießen unseren Moment", sagte er. Dass seine Familie für diesen Meilenstein seiner Karriere nicht in der Halle sein konnte, bedauerte er ausdrücklich. "Es ist natürlich scheiße, dass meine Kinder es nicht gesehen haben, meine Frau es nicht gesehen hat, meine Eltern, aber sie schauen zu Hause. Sie sind glücklich und das ist das Wichtigste", sagte er. Den Jubel der Capital-Fans konnte man auch auf Videos gut hören.
Quelle: ntv.de, Maximilian Haupt, dpa