Anti-Doping-Chaos von Rio Wada beklagt schwere Pannen bei Olympia
28.10.2016, 10:50 Uhr
Nach dem Bericht der Wada wurden in Rio lediglich die Hälfte aller geplanten Athleten getestet. Hier die amerikanische Turnerin Simone Biles.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Anti-Doping-Arbeit bei Olympia stand offenbar kurz vor dem Kollaps. Das geht aus einem Bericht der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada hervor. Nur etwa 50 Prozent aller Tests konnten überhaupt durchgeführt werden. Das IOC spricht trotzdem von Erfolgen.
Bei den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro ist es bei der Anti-Doping-Arbeit offenbar zu "schwerwiegenden logistischen Verfehlungen" gekommen. Das geht aus dem Independent Observers Report hervor, den die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) veröffentlichte. Die Dopingkontrollen standen in Rio de Janeiro unter der Aufsicht des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).
In dem Report ist unter anderem von einem erheblichen Mangel an geschultem Anti-Doping-Personal - einschließlich der Personen, welche die Athleten zur Entnahme der Probe begleiten (Chaperons) - die Rede, weswegen die Zielmarke von Tests im Olympischen Dorf sowie in den Wettkampfstätten deutlich verfehlt worden sei. "Oft wurden nur 50 Prozent oder weniger der geplanten Tests durchgeführt", hieß es in dem Bericht.
System vor dem Kollaps
Die unabhängigen Beobachter, die durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) nach Rio eingeladen worden waren, schilderten zahlreiche Fälle, in denen der zu testende Athlet "einfach nicht gefunden werden konnte". Auch soll den Chaperons in vielen Arenen der Zugang zu bestimmten Zonen verweigert worden sein. Nur enormer Einsatz von Mitarbeitern auf Schlüsselpositionen habe verhindert, dass das Kontrollprogramm kollabiert sei, so die Behörde. Nach den Angaben wurden 3237 der insgesamt etwa 11.300 Sportler aus 137 Ländern getestet.
Dennoch kam Kommissionschef Jonathan Taylor zu dem Schluss, dass das Anti-Doping-Programm in der Lage gewesen sei, "eine Reihe positiver Ergebnisse zu erzielen." Auch lobte der Bericht die Verbesserungsmaßnahmen in Rios Anti-Doping-Labor, das von der Wada nur sechs Wochen vor den Spielen für die Nichtbeachtung internationaler Standards zwischenzeitlich suspendiert worden war.
Was bringt der McLaren-Report?
Mit Spannung wird indes der zweite Teil des brisanten Doping-Berichts von Richard H. McLaren erwartet. Er soll im Dezember veröffentlicht werden. Der Inhalt ist noch unbekannt. Der erste Teil hatte flächendeckendes Staatsdoping in Russland aufgedeckt. Die Arbeit des kanadischen Professors hatte letztlich zum Ausschluss unter anderem der russischen Leichtathleten von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro geführt.
Auch wurden in dem Report Doping-Manipulationen unter der Beteiligung des russischen Geheimdienstes während der Winterspiele 2014 aufgedeckt. Im Labor von Sotschi wurden Proben demnach durch ein Loch in der Wand in ein Hinterzimmer gereicht, um sie anschließend zu manipulieren. Mehrere Dutzend russische Athleten sollen gedopt an den Start gegangen sein - darunter 15 Medaillengewinner.
Quelle: ntv.de, jgu/sid/dpa