US-Superstars verzichten auf WM Wenn aus dem Dream Team ein B-Team wird
31.08.2019, 18:47 Uhr
Kemba Walker ist der Star des US-Teams, nachdem zahlreiche Superstars für die WM absagten.
(Foto: imago images / Action Plus)
Die USA sind seit Jahren die dominierende Basketball-Nation. Dennoch könnte es diesmal beim Kampf um den WM-Titel richtig spannend werden. Denn der Titelverteidiger tritt ohne Superstars an. Das sorgt für Skepsis im eigenen Land - und Kampfansagen beim Gegner.
Da hat es lange nicht mehr gegeben. Vor der Basketball-Weltmeisterschaft gelten die USA nicht als der klare Favorit. Als das Team, das es zu besiegen gilt. An dem kein Weg zum Titel vorbeiführt. Das liegt daran, dass die Superstars nicht mit nach China gereist sind. Fast 50 Einladungen hatte der Verband verschickt - Anthony Davis, James Harden, Damian Lillard, Bradley Beal, CJ McCollum und Kyle Lowry antworteten alle mit: "No, thank you."
Einige meldeten sich verletzt, andere hatten schlichtweg keine Lust, ihre Sommerpause nach einer ohnehin schon anstrengenden NBA-Saison um anderthalb Monate zu verkürzen. Und nur zwei Wochen nach der WM beginnt bereits die Vorbereitung auf die neue NBA-Spielzeit. "Ich denke, einige sagen sich, "warum sollte ich möglicherweise das Gesicht einer Mannschaft sein, die verliert?", betonte McCollum von den Portland Trail Blazers.
Angeführt wird Team USA, das die Chance hat, als erste Nation dreimal nacheinander Weltmeister zu werden, von Spielern wie Donovan Mitchell (Utah Jazz), Khris Middleton (Milwaukee Bucks) und Kemba Walker und Jayson Tatum (beide Boston Celtics). "Wie beunruhigt sollten wir um das Team USA sein?", fragte die Webseite "The Ringer" - und legte sogar noch nach: "Ist dies das schlechteste US-Team der modernen Geschichte?" Bei "Yahoo Sports" hieß es: "Vom Dream Team zum B-Team".
Der internationalen Konkurrenz ist natürlich nicht verborgen geblieben, wen der Titelverteidiger da nach China geschickt hat. So meinte Serben-Trainer Sasha Djordjevic: "Lasst die USA ihren Basketball spielen und wir spielen unseren. Und wenn wir aufeinandertreffen, dann möge Gott ihnen helfen." Zur Erinnerung: Im WM-Finale 2014 hatten die USA Serbien noch mit 129:92 gedemütigt - zwei Jahre später gewannen die Amerikaner in Rio ein einseitiges Olympia-Endspiel mit 30 Punkten Vorsprung.
US-Fokus schon immer mehr auf Olympia
Von jenem Rio-Team ist diesmal nur noch Harrison Barnes dabei. Er war damals jedoch ebenso Bankspieler wie Mason Plumlee, dem einzig verbliebenen Weltmeister von 2014. Nun hatten die USA seit der enttäuschenden Bronzemedaille 2004 in Athen ihren Fokus zwar stets mehr auf die Sommerspiele gelegt. Dennoch gehörten 2010 Spieler wie Kevin Durant, Stephen Curry und Russell Westbrook zum Weltmeisterteam. Vier Jahre später war erneut Curry dabei, hinzu kamen James Harden, Klay Thompson und Kyrie Irving. Allerdings hatte noch niemand den Star-Status von heute. Es war zu jener Zeit auch noch niemand der Profis NBA-Meister oder zum wertvollsten Spieler der Liga (MVP) gewählt worden.

Gregg Popovich führt Team USA erstmals bei einem Turnier. In der NBA feierte der langjährige Coach der San Antonio Spurs bislang fünf Meisterschaften.
(Foto: imago images / Action Plus)
Und so hoffen sie beim US-Verband ein wenig darauf, dass Spieler wie Mitchell oder Tatum vielleicht auch einmal eine solche Entwicklung nehmen wie Durant, Curry und Co. Kemba Walker bezeichnet die Kritik am Kader bereits als "Öl", das ins Feuer gegossen werde. "Wir sind hungrig", betonte der Spielmacher. "Es klingt so, als hätten sie uns von der Straße aufgesammelt. Wir sind alles NBA-Spieler. Und das, was wir machen, können wir ziemlich gut", ergänzt Tatum.
Historische Testspiel-Niederlage
Den Skeptikern und Zweifeln passte es perfekt, dass die Amerikaner vergangene Woche in einem Testspiel in Melbourne Australien 94:98 unterlagen. Für die Gastgeber war es der größte Sieg der Verbandsgeschichte, für Team USA hingegen das Ende einer unglaublichen Siegesserie. Seit 2006 hatten sie alle ihrer 78 Spiele gewonnen. "Wir müssen besser werden. Australien hat uns eine gute Lektion erteilt, wie man international spielen muss. Wir werden hoffentlich daraus lernen", sagte Gregg Popovich.
Er ist der neue Nationalcoach und sein erstes Turnier wird gleich zu einer echten Herausforderung. Doch Popovich hat bereits in der NBA bewiesen, dass er mit Teams Erfolg haben kann, die nicht die ganz großen Superstars in ihren Reihen haben. So führte er die San Antonio Spurs in den vergangenen 20 Jahren zu fünf Meistertiteln. Die "Los Angeles Times" bezeichnete Popovich bereits als "größten Star des US-Teams bei der WM".
Die vergangenen beiden Weltmeisterschaften haben die USA beherrscht. 2010 gab es im Finale einen Sieg mit 17 Punkten Vorsprung gegen die Türkei, vier Jahre später gar ein 129:92 über Serbien. Es wäre vielleicht durchaus im Interesse dieses Sports, wenn die Amerikaner, die am Sonntag um 14.30 Uhr gegen Tschechien ins Turnier starten, nicht mehr so dominieren - und die WM somit mal wieder richtig spannend werden würde.
Quelle: ntv.de