Absurdes Finale in Dortmund Aufsteiger Heidenheim trauert dem Sieg hinterher
02.09.2023, 11:35 Uhr
Beide Trainer waren aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht zufrieden.
(Foto: IMAGO/kolbert-press)
Wenn Aufsteiger 1. FC Heidenheim nach einem Spiel bei Borussia Dortmund frustriert ist, weil es nicht zum Sieg gereicht hat, dann ist irgendwas seltsam. Und ja, es war seltsam, was sich am Freitagabend in Dortmund abgespielt hatte. Ein Sieg wäre in einem völlig wilden Finale sogar möglich gewesen.
Frank Schmidt weigerte sich, das Handtuch zu werfen. Warum auch? "Scheißegal!", das habe er seinem Team in der Halbzeitpause energisch zugerufen, berichtete der Trainer des 1. FC Heidenheim nach dem sensationellen 2:2 (0:2) bei Borussia Dortmund. "Beim 1:2 sind wir sofort wieder Teil der Party, da sind wir zurück! Da sind wir da!" Bei seiner aufrüttelnden Ansprache griff er auch in die Trickkiste der Psychologie. "Ich habe auf den dritten Spieltag der vergangenen Saison verwiesen - da hat Bremen hier nach 0:2 sogar noch gewonnen", berichtete Schmidt. "Wir haben gesagt, wir gehen jetzt volles Risiko. Erst beim 0:3 hätten wir hinten dicht gemacht."
Das aber fiel nicht, trotz zahlreicher Dortmunder Top-Chancen. Und der kleine 1. FC Heidenheim kam in diesem riesigen Stadion vor 81.365 Zuschauern dann tatsächlich zurück. Am Ende lehnte der Trainer sogar noch die Gratulationen ab, denn: "Das war mega. Aber wir hatten kein Spielglück und haben den Sieg liegen lassen. Wir hatten unfassbare Konter und hätten sogar gewinnen können."
Das war das eigentlich Erstaunliche: Ein 3:2 des Aufsteigers beim Vize-Meister mit Titel-Ambitionen wäre nicht mal unverdient gewesen. "Wenn wir die Chancen besser ausspielen, schaffen wir vielleicht drei oder vier Tore", stellte Kapitän Patrick Mainka fest. Er klagte: "Es ist kein gefühlter Sieg - es ist fast 'nur' ein Punkt." Und dieser eine Punkt aus den ersten drei Bundesligaspielen der Vereinsgeschichte, kalkulierte Schmidt, "der wird hochgerechnet nicht reichen". Der Anfang aber ist gemacht. Und beim BVB? Da herrscht Krise.
"Wir haben gespürt, wie weh es tut"
"Wir haben uns in der zweiten Halbzeit zum großen Teil selbst geschlagen", sagte Julian Brandt bei DAZN, nach der Pause gab Dortmund eine Zwei-Tore-Führung her: "Wir kriegen zwei Tore, bei denen wir eigentlich sicher den Ball haben. Wir müssen schleunigst lernen, den Ball zu beschützen, solche Tore brechen uns das Genick." Gegen Heidenheim verglühte letztlich auch die Euphorie um den tags zuvor verpflichteten Niclas Füllkrug. Der wurde bei seiner Einwechslung in der 78. Minute euphorisch empfangen. Als er mit seinem neuen Team erstmals vor die Südtribüne trat - nach effektiv 20 Minuten ohne Torschuss - hallten ihnen ohrenbetäubende Pfiffe entgegen. Der Empfang der Fans sei "grandios" gewesen, sagte der Bundesliga-Torschützenkönig: "Schade, dass das etwas verpufft ist."
Trainer Edin Terzić sprach nach dem Fehlstart in die neue Saison eine deutliche Warnung an seine Mannschaft aus: "Wenn wir damit nicht aufhören, wird es sehr schwer sein, irgendwann mal was zu feiern." Dabei erinnerte er explizit an die Vorsaison, als der BVB in der Hinrunde zu viele Punkte abgab, sich in der Rückrunde rankämpfte und dann am letzten Spieltag durch ein 2:2 gegen Mainz den Titel verspielte. "Wir haben gespürt, wie weh es tut, wenn man es am Ende nicht schafft, das aufzuholen, was in der Hinrunde liegengeblieben ist", sagte der 40-Jährige: "Wir haben uns deshalb vorgenommen, dass wir diesmal gut starten, dass wir nicht so viele Punkte liegen lassen, um nicht wieder eine Aufholjagd starten zu müssen. Und jetzt passiert uns das wieder."
Zuvor hatten chaotische Zustände beim Videobeweis den Ausgleich eingeleitet und damit das Blitz-Debüt von "Lücke" überlagert. Einen ursprünglich verhängten Foulelfmeter gegen Dortmund beim Stand von 2:1 nahm Schiedsrichter Tobias Reichel scheinbar zunächst zurück, ging dann doch raus zum Bildschirm - und zeigte wieder auf den Punkt. Tim Kleindienst (83.) gelang dadurch das Tor zum ersten Heidenheimer Bundesliga-Punkt.
Quelle: ntv.de, tno/dpa/sid