Fußball

Fühlt sich "absolut scheiße" an Schalkes Fußballer werden von eigenen Fans abgelehnt

Wir sind allein, allein, allein, allein, allein.

Wir sind allein, allein, allein, allein, allein.

(Foto: dpa)

Beim FC Schalke 04 geht es weiter bergab. Auch der Trainerwechsel bringt nach zwei Spielen nicht den gewünschten Umschwung. Gegen Greuther Fürth zeigt die Mannschaft lange Zeit eine ganz schwache Leistung. Am Ende gibt es aber ein bisschen Hoffnung.

Nicht jeder, der nach Gelsenkirchen kommt, spürt direkt ein Gefühl von Heimat. Für die Krise gilt das nicht. Die Krise hat es sich im Stadtteil Erle, dort wo der einst große FC Schalke 04 spielt, so richtig heimisch gemacht. Sie ist gekommen, um zu bleiben. Und jeder Versuch der fußballerischen Gentrifizierung prallt an der Robustheit der Krise ab. Auch der neue Trainer Kees van Wonderen hat vorerst keine Argumente, um der Krise den Weg zur Tür zu weisen. Nach der Premierenniederlage bei Hannover 96 gibt es beim Heimdebüt eine Abreibung, die in der Art und Weise viel schmerzhafter war als im Ergebnis. Gegen Greuther Fürth gab's ein 3:4.

Nun ist es ja nicht so, als wäre die Krise in Gelsenkirchen ein unbekanntes Phänomen aus einer fernen Welt. Die Stadt und der (ungeliebte) Gast leben seit Jahren, vielleicht seit Jahrzehnten, in einer toxischen Symbiose. Und eine ganz besonders extreme Form dieser Beziehung erleben die Schalker Fußballer. Auch schon seit langer Zeit. Ein Ende? Scheint nicht in Sicht. Der Schmerz der Enttäuschung ist längst chronisch, ein erfolgreiches Therapeutikum derzeit nicht lieferbar. Am Sonntag droht dem ehemaligen Riesen der Absturz auf den Relegationsplatz. Wieder winkt aus der Tiefe der Super-GAU. Der drohende Absturz in die Drittklassigkeit ist/muss derzeit Thema sein.

Schalke 04 - SpVgg Greuther Fürth 3:4 (1:3)

Tore: 0:1 Massimo (23.), 0:2 Michalski (27.), 1:2 Grüger (32.), 1:3 Massimo (39.), 1:4 Futkeu (62.), 2:4 Seguin (78.), 3:4 Bulut (90.+2)
Schalke: Hoffmann - Bulut, Kalas, Sanchez, Murkin - Schallenberg, Seguin (80. Donkor), Grüger (67. Bachmann), Tempelmann (56. Mohr), Younes (56. Aydin) - Sylla. - Trainer: van Wonderen
Fürth: Noll - Meyerhöfer, Michalski, Dietz (84. Gießelmann), Itter (90. Münz) - Banse (76. Popp), Green - Asta, Hrgota, Massimo (84. Mustapha) - Futkeu (76. Srbeny). - Trainer: Haas
Schiedsrichter: Patrick Alt (Illingen)
Gelb-Rote Karte: Sanchez (Schalke) wegen Foulspiels (48.)
Gelbe Karten: Grüger (2), Kalas, Mohr (3), Donkor (2) - Banse (2), Green, Srbeny (4)
Zuschauer: 60.344

In der vergangenen Saison wurde das Horrorszenario mit einem Kraftakt noch abgewendet. Und kaum läuft der Ligabetrieb wieder, müssen die müden Knochen wieder Schwerstarbeit leisten. Doch anders als bei den Vätern der Stadt gibt es von der aktuellen Fußballer-Generation kaum Ertrag. Gegen Greuther Fürth gelang lange Zeit wenig bis nichts. Mit 1:4 lagen die Königsblauen hinten, die in der Abwehr anfällig waren und nach vorne keine Ideen hatten.

Dass es am Ende nochmal spannend wurde, war kaum erklärlich. Die Gäste spielten schließlich auch noch in Überzahl. Innenverteidiger Felipe Sanchez hatte kurz nach der Pause Gelb-Rot (48.) gesehen. Dass er nicht ausgewechselt worden war, rächte sich viel zu schnell. Eine Fehlentscheidung in seiner Personalwahl sah der Coach allerdings nicht. "Es war ein Tag, an dem alles falsch lief, was falsch laufen konnte", bekannte van Wonderen. "Wir haben heute nicht gut genug verteidigt und im Angriff fehlte uns der Druck. Vier Gegentore in einem Heimspiel zu kassieren, das ist viel zu viel."

Wut, Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit

Wenn die Gelsenkirchener aus diesem Spiel etwas Positives ziehen wollen, dann dass die Moral intakt ist. Die verzweifelte Mannschaft suchte weiter den Weg nach vorne und traf noch zweimal, aber der letzte Treffer in der Nachspielzeit sorgte nicht mehr dafür, dass der Sieg der Gäste in Gefahr geriet.

Der Weg nach dem Abpfiff führte die Schalker in die eigene Kurve. Das ist gelebte Praxis im Profifußball. Die eigene Kurve kann ein Ort der großen Anerkennung, der großen Zuneigung sein. Die eigene Kurve kann Trost spenden, es kann auch Kritik hageln. Die eigene Kurve ist immer ein Ort des Austausches. Umso härter ist das, was die Gelsenkirchener nun erlebten. Sie wurden vom eigenen Anhang abgelehnt, unter Pfiffen weggeschickt. Das ist die denkbar schlimmste Form der Enttäuschung. Sie ist nicht nur Ausdruck von Wut, sondern auch von Hoffnungslosigkeit.

"Absolut scheiße" habe sich das angefühlt, sagte Kapitän Paul Seguin bei Sky: "Wir haben uns was anderes vorgenommen. Wir spielen nicht das, was Schalke 04 wert ist. Die Gegentore sind zu billig." Wieder einmal. Und wieder einmal stellt sich die Frage: Sind sich alle in Gelsenkirchen bewusst, wie prekär die Lage ist? Angesichts der lange Zeit ernüchternden bis erschütternden Leistung fliegen auch dem neuen Trainer seine Worte aus der Woche um die Ohren: "Unsere Devise ist: Wir wollen im nächsten Jahr eine Mannschaft haben, die oben mitspielt. Aber aktuell geht unser Blick auf das Hier und Jetzt, auf das Spiel gegen Fürth."

Vor fünf Jahren noch gegen Manchester City

Das Hier und Jetzt könnte nicht weiter entfernt sein von der schönen Vision, der manch einer in Gelsenkirchen so sehnsüchtig nachhängt. Noch immer ist kaum zu fassen, dass dieser Klub noch im März 2019 Champions League gegen Manchester City spielte. Fünfeinhalb Jahre später sind Ulm, Braunschweig, Münster und Regensburg die Teams, mit denen Schalke auf Augenhöhe agiert.

Wobei man natürlich einschränken muss, dass Man City 2019 auch längst nicht auf Augenhöhe war, im Rückspiel gab's ein 0:7. Da musste sich der Zwerg Schalke schon reichlich strecken, um das Lächeln des himmelblauen Giganten zu sehen. Damals wurde S04 unter anderem von Leroy Sané, Phil Foden und Raheem Sterling zerlegt, an diesem Samstagmittag waren Roberto Massimo mit seinem Doppelpack und der starke Branimir Hrgota die unbezwingbaren Endgegner.

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Und die Gäste aus Franken, ebenfalls von einem Trainerwechsel durchgeschüttelt, hatten es nicht mal schwer, Tore zu erzielen. Die Gelsenkirchener zeigten abermals in dieser Saison eine absurd schwache Defensivleistung. Massimo durfte zweimal kaum bedrängt einschieben, auch Damian Michalski war bei seinem Kopfballtreffer ungedeckt. Der Schalker Treffer zum 1:2 durch den jungen Max Grüger kam aus dem Nichts.

Van Wonderen, der vor diesem Spiel betont hatte, wie sehr ihn die Herausforderung reize, knallte härter als befürchtet auf dem Schalker Boden auf. Die Wucht des Stadions habe er nun auch kennengelernt, sagte der Niederländer: "Ich habe es jetzt auch bemerkt, wie heiß es sein kann, wie schwer es sein kann, wenn wir die Sachen nicht gut machen." Und so bemühte direkt er mal eine Floskel, die die Krise zum verbum non gratum gemacht hat: "Es gibt nur einen Weg, um da rauszukommen: miteinander. Wir müssen uns da rauskämpfen."

Quelle: ntv.de

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