Stofftier-Aktion nach Erdbeben Fans fordern lautstark: "Regierung, tritt zurück!"
27.02.2023, 11:16 UhrDas Erdbebengebiet in der Türkei und Syrien kommt auch Wochen nach der schweren Erschütterung nicht zur Ruhe. Fußballfans der Istanbuler Klubs nutzen die Spiele, um Unterstützung für die Betroffenen zu zeigen - und für scharfe Kritik an der Regierung von Recep Tayyip Erdogan.
Fans des türkischen Fußball-Erstligisten Besiktas Istanbul haben aus Solidarität mit den Erdbebenopfern Stofftiere auf das Spielfeld geworfen. Die Stofftiere im Besiktas-Stadion flogen in Spielminute 4:17 auf das Feld - zu jener Uhrzeit hatte die Erde vor knapp drei Wochen gebebt. Bilder zeigen, wie Spieler in der Folge das Spielfeld von den Kuscheltieren befreien. Auf der Anzeigetafel wurden die Namen der vom Beben betroffenen Provinzen eingeblendet.
Zudem kritisierten die Anhänger beim 0:0 im Ligaspiel gegen Antalyaspor die türkische Staatsgewalt: "Regierung, tritt zurück", riefen die Zuschauer unter anderem. Ähnlich hatten sich am Samstag auch die Fenerbahçe-Fans beim 4:0-Sieg gegen Konyaspor in Richtung der Regierung mit Präsident Recep Tayyip Erdogan geäußert. Die Gegner der türkischen Regierung kritisieren die ihrer Meinung nach unzureichende Reaktionen und mangelnden Vorsorgemaßnahmen der Behörden auf die Naturkatastrophe, die am 6. Februar mehr als 44.000 Todesopfer in der Türkei gefordert hatte. Aus Syrien wurden zuletzt 5900 Tote gemeldet.
Am 6. Februar hatten zwei Beben der Stärke 7,7 und 7,6 die Südosttürkei und den Nordwesten Syriens erschüttert. Darauf folgten nach türkischen Angaben mehr als 9000 Nachbeben. Nach Angaben der türkischen Regierung sind rund 20 Millionen Menschen im Land von den Auswirkungen betroffen. Für Syrien gehen die Vereinten Nationen von etwa 8,8 Millionen Betroffenen aus. Zusammen entspricht das etwa der Einwohnerzahl der Metropolen Istanbul, New York, Paris und Berlin.
Die Region kommt außerdem noch immer nicht zur Ruhe. Am Samstag traf ein Beben der Stärke 5,2 die zentralanatolische Provinz Niğde in der Türkei, wie die Erdbebenwarte Kandilli mitteilte. Das Epizentrum lag demnach im Bezirk Bor. Von syrischen Stellen wurden innerhalb von 24 Stunden insgesamt mehr als 60 Nachbeben erfasst, wie das Erdbebenzentrum des Landes am Samstag mitteilte. Die Phase der Nachbeben könne noch zwei Jahre andauern, hieß es von der türkischen Katastrophenschutzbehörde Afad.
Für die türkische Metropole Istanbul ist die Erdbeben-Katastrophe im Süden des Landes auch eine Mahnung: Experten halten ein Beben dort mit einer Magnitude von bis zu 7,4 für überfällig. Nötig sei ein schnelles Bauprogramm für mehr Erdbebensicherheit im Wert von etwa 30 bis 40 Milliarden Dollar, sagte Istanbuls Bürgermeister Ekrem Imamoglu am Samstag. "Der Betrag ist dreimal so hoch wie das Jahresbudget der Stadt Istanbul, aber wir müssen bereit sein, bevor es zu spät ist."
Quelle: ntv.de, tsi/sid/dpa