Baslers Biograf im Interview "Kripo, illegale Pokerrunde und Uli Hoeneß"
17.09.2019, 14:53 Uhr
Mario Basler war ein passionierter Zocker. Das sorgte für Ärger - und kuriose Geschichten.
Der Autor und Journalist Alex Raack hat es wieder getan. Nach seinem Bestseller-Erfolg mit dem Buch "Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker" über Uli Borowka legt er nun mit der Biografie Mario Baslers nach, Titel: "Eigentlich bin ich ein super Typ". Im Interview sagt Raack, was Basler lieber verschweigt.
n-tv.de: Die wichtigste Frage zuerst: Welchen Moment hättest du gerne an der Seite von Uli Borowka und Mario Basler erlebt?
Alex Raack: Bei Mario: die legendäre Party nach dem verlorenen Finale '99. Ich hätte den Vertrag auf Lebenszeit von Kalle Rummenigge bestimmt angenommen. Bei Uli: Neben ihm in der Innenverteidigung auf dem Rasen zu stehen, um gemeinsam erfolglos Maradona in den Griff zu bekommen.
"Champions League Finale in Barcelona 1999. Der FC Bayern München hat in einem denkwürdigen Spiel in letzter Minute mit 1:2 gegen Manchester United verloren. Die meisten Spieler sind sichtlich geknickt - nicht so Mario Basler: "Beim Bankett kommt die Partykarawane langsam in Schwung. Nicht lange und wir tanzen auf den Tischen. Um kurz vor vier spielt der DJ den Hit der Nacht: Mambo No. 5 von Lou Bega. Lothar und ich springen wie blöde herum. Plötzlich ruft Kalle Rummenigge: Mario, du kriegst nen Vertrag auf Lebenszeit bei uns. Ich antworte: Da gehören aber immer zwei dazu, Kalle. Einer, der den Vertrag anbietet, einer, der ihn unterschreibt. Kalle guckt irritiert." (Auszug aus der Biografie)
Borowka und Basler - sind das ähnliche Typen oder sind die komplett anders?
Ähnlich und doch in vielerlei Hinsicht sehr anders. Beide haben eine ähnliche Vita, hatten immer einen Draht zum Publikum, zum Volk, beide waren in ihrer Hochzeit nicht ohne Grund gut miteinander bekumpelt, beide waren einer langen Nacht am Tresen nicht abgeneigt. Aber spätestens mit Ulis Alkoholerkrankung gingen beide Biografien doch sehr auseinander. Heute kommen sie nicht mehr so gut miteinander aus, was ich sehr schade finde.
Worin unterscheiden sich die Biografien?

Uli Borowka musste sich einst mit Diego Maradona auseinandersetzen - und andersrum.
(Foto: imago/Magic)
Uli war damals ziemlich vergessen und gerade erst dabei, wie Phönix aus der Asche aufzusteigen. Und er hatte eine Message, das Bedürfnis, den Menschen seine besondere Geschichte zu erzählen. Mario brauchte nicht unbedingt ein Buch, damit die Leute mal wieder über ihn sprechen, er hatte auch nicht den Drang, eine Botschaft zu senden. Er fand einfach die Idee spannend, seine Geschichte zwischen zwei Buchdeckel zu pressen und den Menschen noch ein bisschen mehr Basler zu geben.
Wie lief die Zusammenarbeit?
Man lernt sich kennen, stellt fest, ob man sich mag oder nicht. Wenn man sich mag, tütet man die vertraglichen Details ein, und legt los. Mal persönlich, mal per Telefon, mal intensiver, mal weniger intensiv. Ich war mit Uli mal ein Wochenende am Ostseestrand, mal habe ich zu Hause für ihn Rührei gemacht, mal war ich zum Essen eingeladen. Mit Mario saß ich in Osnabrück im Hotel, vier Stunden auf dem Beifahrersitz auf dem Rückweg vom Fantalk nachts um zwei. Und über allem steht die Aufgabe, so ein Buch auch mit Inhalt zu füllen.
Hattest du das Gefühl, dass sie ehrlich auf deine Fragen geantwortet haben?
Ja. Auch wenn es selbst in einer Biografie Passagen aus dem Leben der Person geben darf, über die nicht gesprochen oder geschrieben wird. Bei Mario hätten sich viele Menschen noch mehr private Details gewünscht. Aber das wollte er nicht, er findet, dass das nicht jeden etwas anzugehen hat. Die Einstellung kann ich nachvollziehen. Zumal man ja auch früher für den Fußballer und nicht den Privatmensch Basler ins Stadion gegangen ist.
Wie schätzt du das Erinnerungsvermögen deiner Protagonisten ein? Verklärt oder ziemlich genau?
Ganz diplomatische Antwort: Mal so, mal so. Ich glaube, dass solch ein Erinnerungsvermögen einfach ein Talent ist. Der eine kann es besser, der eine eher weniger. Als Autor freut man sich natürlich über ein solches Talent.
Du schreibst im Prolog über Baslers Nacht an der Theke vor dem CL-Finale. Da steht, dass Uli Hoeneß nachts um halb drei einen kurzen Dialog mit Basler hatte. Bei Markus Lanz erzählte Basler diese Geschichte mit Ottmar Hitzfeld und anderthalb Stunden früher. Ärgert dich so etwas?

Mario Basler traf im legendären CL-Finale von ´99 zur Führung des FC Bayern.
(Foto: imago/Sven Simon)
Gut beobachtet! Habe mich schon gefragt, ob das irgendjemanden auffällt. Das ärgert mich nicht, ich bin mir aber ziemlich sicher, dass es Hoeneß und nicht Hitzfeld war. Hitzfeld war da längst schon im Bett und hat vom Henkelpott geträumt. Jedes Wort glauben sollte man meistens eh nicht, aber eine gewisse Vorstellungskraft ist auch nicht verkehrt. Letztlich ist es unmöglich, in so einer Biografie jede beschriebene Szene 100 Prozent korrekt wiederzugeben. Und wie viele großartige Geschichten aus der Fußball-Welt waren vermutlich gar nicht so großartig, wie wir sie heute erzählen? Der Fußball darf das, der ist ja Gott sei Dank noch immer keine Mathematik.
Einer deiner ehemaligen Kollegen vom "11 Freunde"-Magazin schrieb über Basler: "Dem Ex-Kicker, der so gern besonders wäre und der doch nur der Prototyp dieses einen Schwagers ist, für den man sich schämt." Hast du eigentlich lange überlegen müssen, als man dich fragte, die Biografie über Basler zu schreiben?
Nein. Erstens, weil ich als Kind und Jugendlicher selber großer Basler-Fan war, zweitens, weil ich die Aufgabe natürlich super spannend fand. Und drittens, weil ich auch davon lebe, solche tollen Aufträge anzunehmen, annehmen zu dürfen. Und zu dem Text vom Ex-Kollegen: Wenn der nach der Show noch eine mit Mario gepafft hätte, hätte er das nicht so geschrieben.
Borowka tourt mittlerweile mit seinen Geschichten durch die Republik. Dass er auf der Bühne so brilliert, trauen ihm die alten Weggefährten oft gar nicht zu. Hast du damals bei der Zusammenarbeit mit Uli schon diese Seite kennen gelernt?
Auf jeden Fall, der hat das Rampensau-Gen in sich. Und spätestens als wir dann in den Monaten nach der Veröffentlichung gemeinsam auf Lesereise waren, konnte ich mich davon überzeugen, dass Uli die besondere Fähigkeit besitzt, sich auf jeden Typ Zuschauer einzustellen. Der hat erfahrene Suchtberater und Professoren zum Heulen gebracht und dafür gesorgt, dass ihm 30 Insassen einer Jugendstrafanstalt an den Lippen hingen. Beeindruckend.
Was ist deine Lieblingsgeschichte bei Basler und welche bei Borowka?
Puh. Bei Mario vermutlich die Story, die Markus Hörwick fürs Buch verraten hat. Ich will nicht zu viel spoilern, aber es geht um die Kripo, eine illegale Pokerrunde, einen V-Mann und Uli Hoeneß. Und bei Uli: Rein sportlich, wie er als junger Bengel bei Borussia Mönchengladbach nach den Trainingseinheiten vom jungen Trainer-Novizen Jupp Heynckes zum Sonderunterricht gebeten wurde. Da musste dann ein Jugendspieler Flanken in die Mitte schlagen und Heynckes hat Uli alle erlaubten und nicht erlaubten Tricks im Eins-gegen-Eins beigebracht. Hätte man gerne hinter dem Zaun gestanden und zugeschaut. Abseits vom Rasen: Wie wir auf dem 50. Geburtstag eines Freundes eingeladen waren, Mottoparty: die 70er. Im Hintergrund die als Hippies verkleideten Jonny Otten und Rigobert Gruber, neben mir der Cola-trinkende Uli mit Riesenbrille und Perücke. Besonders.
"Woher er das denn alles wisse, fragte ich den Kripobeamten. Wir haben einen V-Mann in der Runde sitzen, antwortete er mir. Das wurde ja immer doller. Ich informierte Uli Hoeneß, dann ließ ich Mario ins Büro des Managers kommen. Mario, begann Uli, wir haben Innformationen, dass du regelmäßig in einer illegalen Pokerrunde dabei bist. Mario stritt alles ab. Aber dein Porsche ist vor dem Laden gesehen worden. Den habe er einem Bekannten geliehen. Es dauerte zehn Minuten, dann hatten wir ihn davon überzeugt, dass er wohl doch ab und an sein Geld in diesem Etablissement aufs Spiel setzte. (Markus Hörwick in der Biografie)
Mit Alex Raack sprach unser Kolumnist Ben Redelings. Sein aktuelles Buch: "Best of Bundesliga: Die lustigsten Legenden des deutschen Fußballs" bei Amazon bestellen. Redelings ist mit seinen Programmen unterwegs: Infos und Tickets zur Tour.
Quelle: ntv.de