Fußball

Kuss-Eklat nach WM-Titel Verbandsboss wollte Hermoso wohl zu "Erklärungsvideo" drängen

Rubiales' Entschuldigung reicht dem spanischen Premier nicht aus.

Rubiales' Entschuldigung reicht dem spanischen Premier nicht aus.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Der Kuss-Eklat nach dem WM-Finale, so scheint es, wird den spanischen Fußballverband noch länger verfolgen. Zunächst erklärt der Ministerpräsident, dass die Entschuldigung des Verbandschefs nicht ausreiche. Dann weckt ein Medienbericht Zweifel an der Kommunikation des Verbands.

In der Affäre um den Kuss nach dem WM-Finale gerät der Chef des spanischen Fußball-Verbandes Luis Rubiales immer weiter unter Druck. Beim Empfang der Weltmeisterinnen in Madrid kritisierte Ministerpräsident Pedro Sánchez die Entschuldigung des Verbandschefs. "Was wir gesehen haben, ist inakzeptabel", sagte Sánchez: "Und die Entschuldigungen von Herrn Rubiales reichen nicht aus, ich würde sie als unangemessen bezeichnen, deshalb muss er weitere Schritte unternehmen, um klarzustellen, was wir alle gesehen haben." Es sei nicht seine Sache, ob Rubiales noch Präsident des spanischen Fußball-Verbandes bleiben dürfe, sagte Premier Sánchez.

Rubiales hatte nach dem Titelgewinn die spanischen Spielerinnen durch den 1:0-Sieg am Sonntag gegen England geherzt und umarmt. Auf Videos war zu sehen, wie der Verbandsboss die Offensivspielerin Jennifer Hermoso bei dieser Gelegenheit nach einer Umarmung und zwei Küssen auf die Wange auch auf den Mund küsste. Erste Wortmeldungen von Hermoso deuteten darauf hin, dass das nicht einvernehmlich war. So sagte die 33-Jährige später angesprochen auf die Szene: "Hat mir nicht gefallen." In einem weiteren Video fragte sie: "Was hätte ich denn tun sollen?"

Bericht weckt Zweifel an Zitaten

Ein spanischer Medienbericht deutet indes unter Berufung auf mehrere Quellen an, wie die Kommunikation innerhalb des spanischen Fußball-Verbandes abgelaufen sein soll. In einer RFEF-Pressemitteilung kurz nach dem Vorfall hatte Hermoso den Verbandschef Rubiales noch in Schutz genommen. "Es war eine völlig spontane gegenseitige Geste aufgrund der immensen Freude, die der Gewinn einer Weltmeisterschaft mit sich bringt", wurde sie dort zitiert: "Der Präsident und ich haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander, sein Verhalten uns gegenüber war hervorragend, und es war eine natürliche Geste der Zuneigung und Dankbarkeit." Diese dürfe "nicht so sehr überbewertet werden".

Wie das Online-Portal Relevo berichtet, stammten die vom Verband veröffentlichten Zitate jedoch offenbar nicht von Hermoso. Vielmehr sei es so gewesen, dass die Kommunikationsabteilung die angebliche Stellungnahme erst eilig verfasst und später auch habe verbreiten lassen. Hermoso, so heißt es weiter, habe sich nicht derartig geäußert.

Mit der Stellungnahme versuchte der Verband der Kritik wieder einzufangen, die schon in den sozialen Medien über den Präsidenten eingebrochen war. Dieser äußerte sich selbst kurze Zeit nach Titelgewinn empört. Bei "Radio Marca" schimpfte er über die Kritiker und machte deutlich, dass er den Vorfall keineswegs problematisch sah. "Der Kuss mit Jenni? Es gibt überall Idioten. Wenn zwei Menschen eine kleine Zuneigung zeigen, können wir nicht auf Idioten hören", sagte er. "Wir sind Meister und dazu stehe ich."

Der Versuch eines "Erklärungsvideos"

Doch offenbar hatte sich seine Sichtweise später geändert. Und auch für Hermoso soll es auf dem Rückflug von Australien ins katarische Doha unangenehm weitergegangen sein. Wie Relevo weiter berichtet, soll Rubiales an Bord der Maschine versucht haben, die Weltmeisterin zu einer Art "Erklärungsvideo" zu überzeugen. Am Flughafen Doha sollten dafür beide gemeinsam vor der Kamera stehen.

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Bei seinem Bitten soll Rubiales auch angeblich eingeräumt haben, dass sein Job auf dem Spiel stehe. Hermoso soll jedoch abgelehnt haben, ein solches Video aufzunehmen. Sie habe nur über den Titelgewinn sprechen wollen. Nachdem Rubiales mit seiner Überzeugungsarbeit gescheitert ist, so berichtet es Relevo, habe der umstrittene Trainer Jorge Vilda versucht, auf die Weltmeisterin einzureden. Auch das ohne Erfolg.

Rubiales veröffentlichte schlussendlich am gestrigen Montag ein Video. Allein, ohne Hermoso. Darin räumte er seine Fehler ein. Er habe Hermoso "spontan" und "ohne jede böse Absicht oder bösen Willen" auf den Mund geküsst. "Hier haben wir alle es als etwas Natürliches, Normales betrachtet, aber draußen scheint es einen Aufruhr gegeben zu haben", erklärte er. "Ich muss mich entschuldigen, da führt kein Weg dran vorbei. Und ich muss daraus lernen und verstehen, dass man als Präsident einer so wichtigen Institution wie der RFEF vorsichtiger sein muss, vor allem bei Zeremonien und dieser Art von Angelegenheiten." Diese Entschuldigung wurde seitdem wiederum von vielen Seiten als unzureichend kritisiert.

Quelle: ntv.de, ses

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