Redelings Nachspielzeit

"Du hast die Haare schön" Die Bayern und die kuriose Frisuren-Posse

Claudio Pizarro und Martin Demichelis haben die Haare schön.

Claudio Pizarro und Martin Demichelis haben die Haare schön.

Im Herbst vor fünfzehn Jahren geriet der FC Bayern München ordentlich in Schieflage. Auf Schalke drohte die vierte Auswärtsniederlage in Folge und langsam waren alle gewohnten Mittel zur Besserung der Lage erschöpft. Doch dann hatte Trainer Felix Magath eine revolutionäre wie kuriose Idee!

"Friseure sollen Magath helfen", lautete die seltsame Schlagzeile Anfang November 2006. Die Bayern waren damals wie heute in Alarmstimmung. In der Liga lief es nicht so, wie es sollte, und Felix Magath war bereits schwer angezählt. Wie dramatisch die Lage für den Trainer tatsächlich schon war, zeigte sich daran, dass sowohl Hoeneß wie Rummenigge in der Öffentlichkeit seit Tagen und Wochen kein Wort mehr über die Mannschaft und ihren Coach verlauten ließen. Das Schweigegelübde werteten nicht wenige Beobachter des Vereins als persönliche Höchststrafe für Magath. Und einsam und verlassen kam dieser auf so manch eigenartige Idee. Die Sache mit den Frisuren sorgte aber dann schlussendlich nur noch für Kopfschütteln allenthalben.

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Abgeguckt hatte sich Magath die Geschichte beim damaligen Chelsea-Trainer José Mourinho. Der hatte sich seine Haare raspelkurz schneiden lassen - und dies anschließend auch von seinem Team eingefordert. Der portugiesische Starcoach wollte damit seinen "Siegeswillen offen zeigen". Der Bayern-Trainer war begeistert, denn er sah einen deutlichen Zusammenhang zwischen "Haarlänge und Spielleistung". Eine irrwitzige Vermutung, aber Magath versuchte sie mittels einer Gegenprobe zu beweisen - schließlich trugen in seiner Mannschaft einige Spieler ihre Haare etwas länger.

"Hier wollen viele nur selbst gut aussehen"

Claudio Pizarro hatte beispielsweise einen Zopf, Daniel van Buyten schien täglich einen Eimer Gel am Morgen für seine Frisur zu opfern und Martin Demichelis ließ seine wallende Mähne gerne offen im Winde wehen. Magath schlussfolgerte daraus: "Sie stehen lange vor dem Spiegel, schmieren sich Gel in die Haare. Hier wollen zu viele nur selbst gut aussehen, anstatt für den anderen zu laufen."

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Begeistert redete der Bayern-Coach deshalb von Michael Ballack, der es seinem Trainer Mourinho bei Chelsea gleich nachgemacht hatte: "Ballack zeigt mit seinen kurz geschorenen Haaren, dass er bereit ist, etwas über seine Aufgaben auf dem Platz hinaus für seinen Verein zu machen. So ein Signal würde ich mir auch von meinen Spielern wünschen." Und tatsächlich: Felix Magath hatte mit seinem Werben Erfolg. Einen Akteur konnte er damals sofort überzeugen. Hasan Salihamidzic verkündete eifrig: "Das ist wirklich keine schlechte Idee. Ich muss ohnehin zum Friseur."

Dass es zwischen Haarlänge und der Leistung unten auf dem grünen Rasen wohl eher keinen direkten Zusammenhang gibt, hätte Magath eigentlich schon an sich selbst erkennen müssen - oder an einigen der Größten der Fußball-Zunft. Auch Rudi Völler ("Was meine Frisur betrifft, da bin ich Realist") war als Kind schon Fan von einem Mann mit Mähne. Er liebte Günter Netzer. Ganz im Gegensatz zu seinem Onkel. Der konnte Netzer wegen seiner langen Haare nie leiden. Und als er eines Tages in Rudis Kinderzimmer ein Poster an der Wand mit dem Gladbacher sah, meinte er nur: "Häng den Kerl da runter ..." Völler habe dann zurückgebrüllt: "Nein, der bleibt hängen, wo er ist." Vermutlich hat Netzer später "Tante Käthe" auch bei seiner eigenen Haarlänge bewusst oder unbewusst beeinflusst.

"Also, ab mit den Haaren!"

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Aber auch die Bayern hatten mit Umerziehungsversuchen bei ihren eigenen Spielern nie Erfolg. Als Anfang der 90er-Jahre Mädchenschwarm Michael Sternkopf vom KSC nach München kam, meinte Hoeneß knallhart: "Er muss bei uns richtig erwachsen werden, muss sich durchsetzen. Aber das schafft er nur, wenn er sich auch als Typ verändert. Also, ab mit den Haaren!" Und auch Klaus Augenthaler sah Handlungsbedarf: "Wir haben in der Mannschaft schon beraten, ob wir sie ihm nicht irgendwann in der Nacht abschneiden sollen." Das taten sie dann nicht - aber auch später mit kürzeren Haaren lief es für Sternkopf nicht wirklich besser.

Die Frisuren-Posse bei den Bayern endete schließlich im Januar 2007 mit dem Rauswurf von Felix Magath. Sie war aber auch zu irrwitzig. Schließlich hatte es Magath ohne seine Haar-Philosophien zu zwei Doubles in Folge gebracht. Eine Leistung, die zuvor noch keinem Trainer und Verein in der Liga gelungen war. Und José Mourinho? Auch der hat seine Frisuren-Wahrheiten später angepasst. So lästerte er einmal über seinen ewigen Konkurrenten Pep Guardiola: "Wenn einer genießt, was er macht, verliert man seine Haare nicht. Er hat eine Glatze bekommen. Guardiola genießt den Fußball nicht." Aber auch das ist wohl nicht viel mehr als eine äußerst steile These.

Quelle: ntv.de

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