"Kommen Sie zu uns" Scholz trommelt für Wirtschaftsstandort Deutschland
18.01.2023, 19:18 Uhr
"Kommen Sie zu uns nach Deutschland und nach Europa." Kanzler Scholz wirbt in Davos um Investoren.
(Foto: dpa)
International wachsen Zweifel am Standort Deutschland - vor allem in Fragen der Energie. In Davos macht sich Kanzler Scholz für Investitionen stark. Zugleich wirbt er für mehr Freihandel und warnt vor einem neuen US-Protektionismus.
Angesichts der Zweifel am Wirtschaftsmodell Deutschland hat Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos demonstrativ für Investition geworben. "Wenn Sie mich heute fragen, wo Sie künftig nachhaltig und renditestark investieren können, lautet meine Antwort: Suchen Sie nicht weiter! Kommen Sie zu uns nach Deutschland und nach Europa!", sagte er. Anders als vorhergesagt habe Deutschland die Energiekrise gut bewältigt und werde 2045 einer der ersten klimaneutralen Industriestaaten der Welt sein. Ferner verwies Scholz auf eine wachsende Bevölkerung - auch hier hätten die Prognosen nicht gestimmt. Dabei warb er ausdrücklich um Einwanderer: "Wer bei uns mit anpacken will, der ist uns willkommen, so lautet die Botschaft."
Hintergrund sind die Zweifel, ob die hohen Energiepreise das Aus für die deutsche Industrie bedeuten. Scholz widersprach dem vehement. Das deutsche Wirtschaftsmodell habe auch vor der Energiekrise nicht alleine auf der energieintensiven Massenproduktion von Aluminium, Zement oder Rohstahl beruht, sondern auf forschungs- und technologieintensiven, hochspezialisierten Industrieprodukten, die weltweit gebraucht würden.
"Auch schon vor Russlands Angriffskrieg gehörten Deutschlands Energiepreise zu den höheren in der Welt. Und dennoch war und ist Deutschland wettbewerbsfähig", sagte der Kanzler. Das liege an "Tausenden kleineren und mittelständischen Unternehmen im ganzen Land, die hochinnovativ sind und anpassungsfähig – und gerade deshalb oft Weltmarktführer".
"Bislang ist es anders gekommen"
Die deutsche Wirtschaft war im letzten Quartal 2022 stärker als erwartet gewachsen, weshalb Scholz schon am Dienstag betonte, dass eine Rezession abgewendet sei. Scholz hatte bereits Ende Dezember darauf verwiesen, dass man sich von der Vorstellung verabschieden müsse, dass Deutschlands Bevölkerung schrumpfe. "Bislang ist es anders gekommen. Deutschland hat heute so viele Einwohner und so viele Erwerbstätige wie nie zuvor. Und genau diese Entwicklung werden wir fortschreiben", sagte er. Er hatte vor einigen Wochen von einer "plausiblen" Entwicklung von bis zu 90 Millionen Einwohnern in 2070 gesprochen.
Die Wirtschaft klagt über einen grassierenden Fachkräftemangel. Die Ampel-Regierung will deshalb die Zuwanderung von Arbeitskräften deutlich erleichtern.
Scholz lehnt neuen EU-Investitionstopf ab
Außerdem warb Scholz für Freihandel. Er werde sich sehr dafür einsetzen, dass die EU Abkommen mit Indien, den südamerikanischen Mercosur-Staaten und Indonesien abschließt, sagte er. Um Fairness im Wettbewerb zwischen den Staaten mit unterschiedlichen Klimaschutzanstrengungen zu erreichen, müsse die EU aber einen Grenzausgleichmechanismus haben, betont Scholz. Dieser könnte dann etwa Einfuhrzölle für Produkte aus Staaten ohne teure Klimaschutzvorschriften haben.
Scholz betonte erneut, dass er zwar die US-Subventionen für klimafreundliche Investitionen begrüße. Diese dürften aber nicht zu einer Benachteiligung der europäischen Industrie führen. "Protektionismus verhindert Wettbewerb und Innovationen und schadet dem Klimaschutz", warnte er. Zugleich müssten die Europäer ihre Subventionen für Schlüsseltechnologien ausbauen, besonders im Digital- und Klimabereich.
Ausdrücklich widersprach Scholz Forderungen nach einem neuen milliardenschweren EU-Topf für Investitionen. "Die Mittel dafür stehen bereit: Von den über 700 Milliarden Euro des europäischen Aufbaufonds sind erst 20 Prozent ausgezahlt", mahnte er. Das EU-Beihilferecht müsse flexibler werden.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa