Startup

Zukunft wird im All entschieden "Derzeit kann Deutschland keine Interkontinentalrakete erkennen"

Isar Aerospace fertigt seine Raketen im bayerischen Ottobrunn.

Isar Aerospace fertigt seine Raketen im bayerischen Ottobrunn.

(Foto: picture alliance/dpa)

Durchgeknallte Milliardäre, Weltraumtourismus oder Kolonien auf dem Mars - daran denken viele beim Thema Raumfahrt. Dabei ist sie viel wichtiger, betrifft alle und alles: Wie wir kommunizieren, wie wir uns zurechtfinden und was wir über die Erde wissen. Einer aktuellen Studie von Roland Berger zufolge wird der Markt für weltraumgestützte Lösungen bis 2040 auf rund 1,2 Billionen Euro anwachsen. Wer im All nicht vorn mit dabei ist, wird kein Technologieführer sein. Das Problem? Die Politik spielt nicht mit. "So ziemlich alle Länder der Welt verdoppeln, verdreifachen oder vervierfachen ihre Raumfahrtbudgets, während Deutschland es kürzt", ärgert sich Isar-Aerospace-Gründer Daniel Metzler im ntv-Podcast "Startup - jetzt ganz ehrlich". Wird Deutschland abgehängt? Das möchte der Raumfahrtunternehmer nicht zulassen. Noch in diesem Jahr plant er seinen ersten Raketenstart. Bald will er Satelliten günstiger als alle anderen Anbieter ins All bringen.

ntv.de: Politiker wie Robert Habeck lassen sich gerne bei Ihnen in der Fabrik ablichten, sprechen von Zukunftstechnologien, gleichzeitig kürzt die Bundesregierung das Raumfahrtbudget um 15 Prozent. Wie passt das zusammen?

"Warum nutzen europäische Satelliten amerikanische Raketen und nicht umgekehrt?", fragt Daniel Metzler.

"Warum nutzen europäische Satelliten amerikanische Raketen und nicht umgekehrt?", fragt Daniel Metzler.

(Foto: Isar Aerospace)

Daniel Metzler: Das ist eine Chance, die wir verpassen, weil sowohl die etablierte Industrie als auch die Politik Raumfahrt nicht ganz geschnallt haben. Hinzukommt: Ungefähr die Hälfte aller Parameter, durch die auch das Klima des Planeten bestimmt wird, sind Raumfahrtdaten. Entsprechend wäre meine Erwartung, dass wenn wir schon ein grünes Wirtschaftsministerium haben, bei dem Raumfahrt hauptsächlich aufgehängt ist, deutlich mehr kommt. So ziemlich alle anderen Länder der Welt verdoppeln, verdreifachen, vervierfachen ihre Raumfahrtbudgets, während Deutschland diese kürzt. Das passt nicht zusammen. Wir haben eine Diskrepanz zwischen dem, was Politik sagt und dem, was tatsächlich passiert.

Verzweifeln Sie an der Politik?

Ich würde lügen, wenn ich nein sagen würde. Es wird oftmals über die vergangenen Jahrzehnte gesprochen: Auch Deutschland als Ganzes ruht sich viel zu sehr auf den Lorbeeren der Vergangenheit aus. Das ist für mich als Unternehmer das größte Risiko, das ich für dieses Land sehe: Wir treffen keine harten Entscheidungen und denken nicht vorausschauend genug. Da kann man schon verzweifeln, wenn ich Politik reden höre und weiß, dass im Hintergrund oftmals nicht das passiert, was gesagt wird.

Können Sie denn nicht verstehen, dass in Zeiten wie diesen, in denen kaum Geld für irgendetwas da ist, die Politik sagt: Wir brauchen das Geld woanders.

Das Wichtigste ist zunächst, überhaupt zu verstehen, warum wir Raumfahrt machen. In den letzten zwei Jahren haben wir ein sehr gutes Beispiel gesehen: Wenn es keine Raumfahrt gäbe - in diesem Fall sogar private Systeme von Elon Musk, hätte die Ukraine sehr wahrscheinlich schon den Krieg verloren. Als Russland in der Ukraine einmarschiert ist, haben sie die gesamten Telekommunikationsnetzwerke zerschossen. Das Schlimmste für eine verteidigende Armee ist, wenn man nicht mehr kommunizieren kann. Elon Musks Unternehmen SpaceX hat damals durch seine Satelliten Internet in die Ukraine gebracht. Daraufhin haben auch andere Länder wie Taiwan gesagt, das habe ihnen die Augen geöffnet. Die entwickeln jetzt zielorientiert eigene Systeme. Europa dagegen macht daraus ein Politikum und überlegt, wie man die richtigen Firmen subventionieren kann, aber setzt keinen Anreiz, den Service so zu gestalten, dass es dem Kontinent wirklich hilft.

2022 gab es rund 80 Raketenstarts in den USA, 60 in China, 20 in Russland und fünf im restlichen Europa. Aktuell hat Europa seinen Zugang zum All sogar komplett verloren. Was bedeutet das?

Startup - Jetzt ganz ehrlich

Was verbirgt sich hinter der schillernden Fassade der Startup-Szene? Janna Linke weiß es. Im Podcast "Startup - Jetzt ganz ehrlich" wirft sie jede Woche einen Blick hinter die Kulissen der Gründerszene und spricht über Themen, die gerade Schlagzeilen machen. Sie ordnet ein, hakt nach. Persönlich, ehrlich und mit einem echten Mehrwert. Dafür spricht sie mit Persönlichkeiten der Szene, Expertinnen und Experten und gibt euch den absoluten Rundumblick. Gemeinsam taucht ihr tief ein in die Startup-Welt.

"Startup - jetzt ganz ehrlich" - der Podcast mit Janna Linke. Auf RTL+ und überall, wo es Podcasts gibt: Amazon Music, Apple Podcasts, Spotify, RSS-Feed

Warum müssen europäische Satelliten auf amerikanischen Raketen fliegen und nicht umgekehrt? Deshalb haben wir gesagt: Das kann es nicht sein, wir müssen etwas tun. Bis 2021 sind mehr als die Hälfte der europäischen Raketenstarts mit russischen Trägerraketen erfolgt, die seit gut zweieinhalb Jahren nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Milliardenprogramme, mit denen man europäische Souveränität versprochen hatte, waren aber nicht verfügbar, als man sie am dringendsten brauchte. Das nervt mich schon ein bisschen - auch als europäischer Staatsbürger.

Um welche Risiken geht es ganz konkret?

Es ist enorm wichtig, dass wir die Möglichkeit in Europa haben, unsere eigenen Werte zu verteidigen. Ein Beispiel: Sollte von der anderen Seite der Erde eine Interkontinentalrakete gestartet werden, dauert es 30 Minuten, bis sie bei uns einschlägt. Deutschland hat im Moment nicht die Möglichkeit, diese Rakete zu erkennen und einen Gegenangriff zu starten. Da fühle ich mich als Europäer nicht mehr wahnsinnig sicher.

Braucht es mehr Wettbewerb?

Absolut. Die Bundesregierung oder jegliche andere Regierung auf dieser Welt sollte sich niemals singulär von einem Zulieferer abhängig machen. Das macht man als Unternehmen nicht und sollte man auch als Regierung nicht tun. Insofern ist mehr Wettbewerb sicherlich sehr positiv. Viele Politiker glauben, dass Startups per se ein Risiko darstellen. Mein größter Appell ist, dass Raumfahrt und Startups dazu da sind, genau dieses Risiko zu minimieren, indem man eben nicht mehr nur von etablierten Unternehmen abhängig ist.

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Jetzt müssen Sie aber noch beweisen, dass Ihr Startup wirklich eine Rakete ins All schicken kann. Wann wird das sein?

Wir haben Ende 2023 in Norwegen gemeinsam mit Kronprinz Haakon unseren ersten Space-Port eingeweiht. Das heißt, so wie Flugzeuge vom Flughafen starten, startet unsere Rakete vom Space-Port. Wir müssen noch die finalen Genehmigungen der norwegischen Regierung bekommen und sobald das erfolgt ist, können wir unsere letzten Tests auf dem Startplatz durchführen. Dann werden wird die Rakete komplett feuern, mit allem Drum und Dran. Das ist der letzte Test, den wir Anfang des Jahres machen. Dann geht es in den ersten Testflug.

Mit Daniel Metzler sprach Janna Linke. Das Gespräch wurde zur besseren Verständlichkeit gekürzt und geglättet. Vollständig können Sie es im ntv-Podcast "Startup - jetzt ganz ehrlich" anhören.

Quelle: ntv.de

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