Für bemannte Mondbasis Deutsches Team produziert Solarzellen aus Mondstaub


Vielleicht das bekannteste Bild von Mondstaub: Apollo-11-Mitglied Edwin Aldrin fotografierte 1969 bei der ersten bemannten Mondlandung seinen Fußabdruck.
(Foto: REUTERS)
Um eine bemannte Mondbasis zu realisieren, ist eine Energieversorgung vor Ort unverzichtbar. Berliner Forschende und eine Braunschweiger Firma entwickeln dafür ein Verfahren, um Solarzellen aus Mondstaub herzustellen. Sie sind nicht allein, ein von Jeff Bezos gegründetes Unternehmen macht ihnen Konkurrenz.
Eine Mondbasis ist keine reine Science Fiction mehr, unter anderem planen NASA und ESA auf dem Erdtrabanten bemannte Stationen zu errichten. Von ihnen sollen Marsmissionen starten und die weitere Weltraumforschung vorangetrieben werden. Neben Baumaterial und Errichtung stellt die Energieversorgung einer solchen Anlage eine große Herausforderung dar. Alles von der Erde heranzuschaffen, ist keine Option, derzeit kostet der Transport von einem Kilogramm Material zum Mond rund eine Million Euro.
Auch wegen der Nachhaltigkeit einer Mondmission ist ein aktueller Schwerpunkt der Weltraumforschung die sogenannte In-situ-Ressourcennutzung (ISRU). Dabei handelt es sich um die Erzeugung von Produkten und Betriebsstoffen wie Wasser, Sauerstoff, Baumaterial oder Elektrizität aus vor Ort verfügbaren Materialien und Ressourcen.
Ein wichtiger Beitrag zur Energieversorgung auf dem Mond könnte aus Deutschland kommen. Denn die Technische Universität Berlin entwickelt gemeinsam mit der Braunschweiger JPM Silicon GmbH ein Verfahren, mit dem Mondstaub (Regolith) zur Herstellung von Solarzellen genutzt werden kann. Mond-Regolith besteht laut einem Beitrag der Washington University in St. Louis zu rund einem Fünftel aus Siliziumdioxid. Sauerstoff hat mit bis zu 45 Prozent den größten Anteil, der Rest ist ein Gemisch von Oxiden verschiedener Metalle, unter anderem Aluminium, Magnesium und Eisen.
Das Projekt trägt den Namen "SoMo – Ein innovatives Herstellungsverfahren für Solarzellen aus Mond-Regolith". Gefördert wird es von der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die dafür Geld vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erhält. Ziel sei es, "eine möglichst autarke Energieversorgung für Explorationsprojekte auf dem Mond zu gewährleisten und gleichzeitig einen angemessenen Wirkungsgrad der Solarzelle zu erzielen", sagt Projektleiter Juan Carlos Ginés Palomares.
Künstlicher Mondstaub für Experimente
Genau genommen handelt es sich um eine Siliziumzelle auf einer Pufferschicht aus Aluminiumoxid. In der Forschung auf der Erde kann dafür aber kein echtes Mond-Regolith benutzt werden, denn es gibt davon nur sehr geringe Mengen. Laut dem Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST brachten Mondmissionen bisher lediglich rund 360 Kilogramm mit. Ein Team von Enrico Stoll, Leiter des Fachgebietes Raumfahrttechnik der TU Berlin, hat daher diverse Simulate entwickelt. Diese Pulver ahmen die Eigenschaften verschiedener Bodenproben nach, die im Rahmen des Apollo-Programms zur Erde gebracht wurden.
Zunächst wird ein Glassubstrat hergestellt, indem die Simulate bei sehr hohen Temperaturen von mehr als 1500 Grad Celsius geschmolzen werden, wobei sich Silizium und Metalle trennen. Ein willkommenes Nebenprodukt auf dem Mond ist Sauerstoff. Das gewonnene Glas wird vom Team der TU Berlin geformt und nachbearbeitet. Die JPM Silicon GmbH erzeugt anschließend aus dem Glassubstrat eine Siliziumschicht, die dann in eine Solarzelle umgewandelt wird.
Konkurrent oder Partner?
Einen Zeitrahmen haben die Projektbeteiligten bisher nicht genannt, bummeln können sie aber nicht. Denn niemand anderes als US-Multimilliardär Jeff Bezos macht ihnen mächtig Konkurrenz. Das von ihm gegründete Raumfahrtunternehmen Blue Origin präsentierte im Februar vergangenen Jahres ebenfalls ein Verfahren zur Herstellung von Solarzellen aus Regolith.

Blue Origin hat bereits Solarzellen-Prototypen aus Regolith-Simulat hergestellt.
(Foto: Blue Origin)
Dem Unternehmen zufolge reinigt dessen Verfahren Silizium zu mehr als 99,999 Prozent, was für die Herstellung effizienter Solarzellen nötig sei. Nebenprodukte des Prozesses nutzt Blue Origin zur Herstellung eines Schutzglases, das den Solarzellen auf dem Mond eine Lebensdauer von zehn Jahren ermöglichen soll.
Möglicherweise gibt es auch statt Konkurrenz eine Kooperation der beiden Projekte. Denn Blue Origin schreibt, um auf dem Mond oder Mars von den örtlichen Ressourcen zu leben, sei eine Zusammenarbeit der gesamten ISRU-Gemeinschaft nötig.
Schwieriger Abbau
Dabei ist übrigens auch der Abbau von Regolith auf dem Mond schon eine Herausforderung, an der unter anderem die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen forscht. Eine Zusammenfassung der Probleme und möglichen Lösungen findet man bei "Mining Report".
So können wegen der hohen Transportkosten keine schweren Maschinen auf den Mond gebracht werden. Die Ausrüstung muss außerdem nicht nur für die geringe Schwerkraft, extreme Temperaturen oder Strahlung ausgelegt, sondern auch wegen der Eigenschaften des Mond-Regoliths äußerst widerstandsfähig sein.
Der feine Mondstaub ist extrem abrasiv. Das heißt, er ist ein natürliches Schleifmittel, wodurch die Maschinen rasch verschleißen können. Weiterhin ist Regolith elektrostatisch geladen und klebt an Oberflächen fest. Das erschwert unter anderem den Einsatz von Kameras.
Quelle: ntv.de