Akku für eine Million KilometerFahrpremiere im überarbeiteten Toyota bZ4X - der Teufel steckt im Detail
Patrick Broich
Mit einer leichten Überarbeitung geht der Toyota bZ4X weiter auf Kundenfang. Dabei fand der größte Teil der Modifikationen unter dem Blech statt. ntv.de hat die neueste Ausbaustufe des eher sachlich gehaltenen E-Autos bereits gefahren.
Angesichts des Modellnamens "bZ4X" darf man sich schon fragen, warum man diesen eigentlich nicht über Bord geworfen hat im Zuge des Facelifts. Denn ob es im Marketingsinne klug ist, eine kryptisch wirkende Buchstabenfolge als Bezeichnung zu wählen, die kaum jemand im Kopf behalten geschweige aussprechen kann, sei dahingestellt. Aber sie berührt eben Toyotas Strategie "Beyond Zero", der Rest steht für Fahrzeugsegment und Crossover. Das muss also bleiben.
Wer die designmäßig eher zurückhaltende Mittelklasse vorher schon gefahren hat, wundert sich nach dem Losrollen mit dem neuen Modell. Jedenfalls gilt das für die äußerlich komplett unscheinbare Topversion. Denn die stürmt mit dem Niederdrücken des Fahrpedals flucht- und damit sportwagenartig nach vorn. Das ist dann schon weniger unscheinbar. Inzwischen ist der 343 PS starke Antriebsstrang ja auch aus anderen künftigen Konzern-Modellen wie Lexus ES oder Toyota C-HR+ bekannt. Früher waren eben maximal 218 PS drin.
Wer das mit den markanten Radhausverkleidungen leicht burschikos daherkommende SUV nicht unbedingt als Raufbolzen möchte, kann übrigens Geld sparen. Dann verlangt Toyota nicht 50.990, sondern bloß 42.990 Euro. Aber so einfach ist es dann auch wieder nicht - in diesem Fall gibt es nämlich nur die kleine Batterie mit 54 kWh netto. Diese Kapazität könnte dem einen oder anderen Interessenten etwas knapp erscheinen, wohingegen die 167 PS ja reichen könnten.
Mit Akkukapazität wirft der Mittelklässler nicht gerade um sich
Aber es gibt ja auch noch den goldenen Mittelweg. Und den hat Toyota ebenfalls mitgebracht zum Event in Form der Frontantriebsversion mit 69 kWh Akkukapazität (netto) und 224 PS Motorleistung. Power, mit der eine angetriebene Achse ehrlicherweise selbst auf trockenem Asphalt manchmal zu kämpfen hat. An einer Steigung prompt mal 269 Newtonmeter Drehmoment auf die Vorderachse geben, das kann geradewegs zu durchdrehenden Rädern führen.
Ansonsten ist diese Variante auch ein kräftiger Bursche mit ordentlich Zug auf dem Fahrpedal, wenn man so will. Hier sind es zwar nicht 5,1 Sekunden bis zum Erreichen der 100-km/h-Marke, aber doch immer noch stramme 7,4. Anders behandelt Toyota das Thema Höchsttempo und regelt bei sämtlichen Varianten früh ab, mehr als 160 Sachen sind demnach nicht drin.
Obwohl der Mittelklässler zweifellos als kommodes Reisefahrzeug durchgeht, ist er kein Express-Transporter. Und das dürfte nicht bloß daran liegen, dass der deutsche Highspeed-Markt für Toyota keinen ganz so großen Stellenwert hat, sondern auch Effizienzgedanken. Hohe Geschwindigkeiten fressen eben viel Strom, und davon bunkert der 4,69 Meter lange Japaner bekanntermaßen nicht ganz so große Mengen. So offenbart der Blick auf den Bordcomputer immerhin 485 Kilometer Realreichweite, allerdings im Rahmen eines eher landstraßenreichen Settings bei muckeligen 19 Grad unter der südspanischen Sonne.
Dabei haben die Techniker weitere Effizienzmaßnahmen ergriffen mit einer im Layout angepassten Abrisskante, neuem Außenspiegelgehäuse sowie modifiziertem Unterboden. Außerdem sprechen die Ingenieure von einer Verbrauchsreduktion von über 20 Prozent bei den Elektroachseinheiten.
Toyota bZ4X lädt künftig auch bei Kälte schneller
Doch auch ein anderes, sogar ziemlich wichtiges Thema sind die Techniker angegangen. Denn abhängig von der Außentemperatur geht der Strom künftig nicht nur langsamer aus, sondern auch schneller in die Batterie. Denn hatte der bZ4X bis zur Überarbeitung gar keine Akkuheizung, so arbeitet diese jetzt nicht bloß im Kontext mit der Ladeplanung: Sie lässt sich auch manuell aktivieren. Bisher wurde aus den gewöhnlicherweise 28 Minuten, die der Hersteller angibt für den Ladehub von 10 auf 80 Prozent bei Wohlfühltemperatur, ganze 60 Minuten bei einer Außentemperatur von minus 10 Grad Celsius. Und heute? Bleibt es bei 28 Minuten, was jetzt auch kein rühmlicher Wert ist mit 150 kW Peakleistung. Allerdings muss vorher temperiert werden, und das kann bei solch tiefen Temperaturen durchaus eine Stunde dauern.
Dafür ist der Zweitonner ein feiner Tourer mit viel Platz (auch hinten) und ordentlichen Sitzen. Toyota hat ihn mittels verschiedener Maßnahmen etwas leiser gemacht - Akustikglas und Dämmung sind die Zauberwörter. Und leichte Modifikationen am Chassis sollen die Fahreigenschaften ausgewogen machen - der gefühlte Dämpfungskomfort geht jedenfalls in Ordnung.
Auch am Armaturenlayout hat Toyota gearbeitet, um das Interieur ein bisschen wohnlicher zu machen. Auffällig sind zwei gut erreichbare Wireless-Ladeschalen mit ordentlicher Leistungsfähigkeit: Hier lassen sich Smartphones laden und nicht bloß erwärmen. Das war ja auch schon beim Volkswagen T-Roc Thema. Und erfreulicherweise gibt es eine weitere Analogie zum Wolfsburger - denn auch beim Toyota lässt sich der unangenehme Teil der Fahrassistenz recht simpel abschalten per Menü auf dem Touchscreen. Bloß der Detektor für den Fahreraufmerksamkeitsalarm hält sich zäh.
Statt prickelnder Ladeperformance wirft der Konzern allerdings eine andere ambitionierte Zahl in den Ring, die aufhorchen lässt. Ein sogenanntes Batterie-Care-Paket soll garantieren, dass der Akku selbst nach einer Million Kilometer Laufleistung (!) noch immer 70 Prozent State of Health aufweist. In Deutschland ist Toyota zwar nicht ganz so mutig und gewährt die dafür serienmäßige Garantie bloß bis zu 250.000 Kilometer oder zehn Jahre - je nachdem, was zuerst eintritt. Allerdings zeigt diese Haltung, dass Traktionsakkus wohl eher nicht so schnell den Geist aufgeben. Und diese Botschaft ist für Elektroautoskeptiker ja vielleicht keine ganz schlechte. Ausgeliefert wird der überarbeitete Toyota ab Januar.