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Elektrische EntwicklungshelferFünf E-Mobile für Schwellenländer - von aCar bis VW

27.11.2025, 17:44 Uhr
Das-aCar-ein-Elektroauto-fuer-Afrika-steht-am-13-09-2017-auf-der-Internationalen-Automobil-Ausstellung-IAA-in-Frankfurt-am-Main-Hessen-am-Stand-der-Technischen-Universitaet-Muenchen-TUM-Vier-Jahre-lang-haben-Wissenschaftler-der-TUM-mit-wissenschaftlichen-und-industriellen-Partnern-an-einem-Fahrzeug-mit-Allradantrieb-gearbeitet-das-auf-die-Beduerfnisse-der-laendlichen-Bevoelkerung-suedlich-der-Sahara-zugeschnitten-ist-Der-Preis-fuer-das-Basis-Fahrzeug-in-Afrika-soll-langfristig-unter-10-000-Euro-liegen
Lange Entwicklungszeit: das aCar, ein Elektroauto für Afrika, 2017 auf der IAA am Stand der Technischen Universität München (TUM). (Foto: picture alliance / Arne Dedert/dpa)

Zwar tun sich selbst Industrienationen schon schwer genug mit der elektrischen Revolution. Doch weil auch Schwellenländer ans Klima denken müssen, gibt es immer mal wieder Ideen für wirklich bezahlbare Elektrofahrzeuge. Fünf Beispiele.

Billig, bezahlbar und erschwinglich - das sind alles relative Begriffe. Denn wenn Europa gerade um Elektroauto für Einsteiger ringt, dann geht um Kleinwagen für erstmal 25.000 und später 20.000 Euro, mit denen im Idealfall trotzdem vier Personen 200, vielleicht sogar 300 Kilometer weit fahren können. Wer dagegen in den Schwellenländern Afrikas, Südamerikas oder Südostasiens von billigen, bezahlbaren und erschwinglichen Autos spricht, der hat ein viel geringeres Budget im Kopf - und denkt dabei noch längst nicht an den Elektroantrieb.

Aber auch dort braucht es nachhaltige Mobilität für den Schutz des Klimas, sind die Experten überzeugt und motivieren die Entwickler zu bisweilen ziemlich faszinierenden Gedankenspielen. Zwar kommen die oft von Startups und scheitern dann schon auf dem Weg zur Serienreife. Und wenn sie von den großen Herstellern kommen, sind es meist nur Studien oder allenfalls Kleinserien für Pilotprojekte. Doch zeigen solche Konzepte zumindest Wege und Möglichkeiten auf, mit denen Elektromobilität so billig, bezahlbar und erschwinglich werden kann, dass sie selbst in Schwellenländern funktioniert. Fünf Beispiele.

Toyota IMV Origin

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Mit wenig Werkzeug so einfach zu montieren wie ein Billy-Regal: Der IMV Origin von Toyota ist bewusst einfach gehalten. (Foto: Toyota)

Was bei Möbeln klappt, muss doch auch bei der Mobilität gelingen, postuliert Toyota und hat deshalb auf der Japan Mobility Show in Tokio gerade das Do-it-yourself-Auto aus dem Baukasten präsentiert. Mit wenig Werkzeug so einfach zu montieren wie ein Billy-Regal, ist der Pritschenwagen mit dem wie eine Luftmatratze aufblasbaren Sitz vor allem für Schwellenländer gedacht, weil er wenig kostet und zudem kein Servicenetz braucht.

Und flexibel auf die Bedürfnisse der Nutzer anpassen lässt sich das Selfmade-Auto auch noch. Denn selbst wenn alle Toyota-Teile montiert sind, ist der IMV Origin noch nicht fertig. Die Japaner liefert in dieser Vision nur das Grundgerüst mit der elektrischen Skateboard-Plattform und überlässt den Kunden den Auf- und Ausbau, damit ihn jeder für seine Anwendungen maßschneidern kann, mal als Mini-Bus und mal als Kleintransporter oder als rollenden Marktstand.

Fiat Tris

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Wie einst die Ape bekommt auch der Tris eine knapp geschnittene Kabine ohne Türen. (Foto: Fiat)

Während Italien noch über das Ende der Piaggio Ape trauert und dem legendären Dreirad der heimischen Bauern nachweint, springt Fiat in die Bresche und präsentiert den elektrischen Erben des Klassikers. Allerdings denken die Italiener bei diesem 3,17 Meter langen Tris diesmal nicht mehr an den Apennin oder Apulien, sondern an Afrika und Asien. Denn gedacht ist das Dreirad als billiger Transporter für Schwellenländer.

Der Aufbau ist allerdings ganz ähnlich: Wie einst die Ape bekommt auch der Tris eine knapp geschnittene Kabine ohne Türen, die auf einem einzelnen Vorderrad ruht. Dahinter schließt sich über der zweispurigen Achse eine gute zwei Quadratmeter große Ladefläche mit oder ohne Seitenwände an, die für eine Nutzlast von über 500 Kilogramm ausgelegt ist.

Die technische Basis für den Tris liefern die Mikro-Mobile Fiat Topolino, Opel Rocks und Citroen Ami. Genau wie die Winzlinge für Autofahrer ab 15 wird auch der Tris in Marokko aus vorgefertigten Kunststoffteilen montiert und fährt mit einem 12 PS starken E-Antrieb bis zu 45 km/h schnell und kommt mit seinem 7 kWh großen Akku immerhin 90 Kilometer weit.

VW MK1

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VW hat einen elektrischen Traktor für Afrika entwickelt. (Foto: VW)

Man muss auch mal über den Tellerrand hinaus denken, wenn man Fortschritt schaffen will - haben sich ein paar kluge Köpfe bei VW gedacht und deshalb vor ein paar Jahren einen elektrischen Traktor für den Einsatz in Afrika entwickelt und jetzt in Ruanda erstmals zum Einsatz gebracht. Dabei dient der Elektroantrieb nicht nur dem Klimaschutz, sondern er ermöglicht erst den erschwinglichen Einsatz. Denn während Treibstoff in vielen Gegenden erstens teuer und zweitens nicht verfügbar ist, gibt es Sonne satt in Afrika und die Wechsel-Akkus lassen sich mit Solarstrom laden.

Dass der MK1 natürlich teurer ist als ein gewöhnlicher Diesel-Trekker tut dem Charme des Projekts keinen Abbruch. Weil sich ohnehin keiner der Kleinbauern einen eigenen Traktor leisten kann, hat VW zum Fahrzeug auch ein Vermiet- und Genossenschaftsmodell entwickelt, bei dem der Mk1 auf Wunsch sogar mit Fahrer stundenweise in Lohnarbeit zum Einsatz kommt. Das soll zu deutlich mehr Produktivität und am Ende natürlich auch zu deutlich mehr Ertrag bei der Ernte führen. Dass dann auch mehr Getreide, Obst oder Gemüse transportiert werden muss, haben die Niedersachsen mit einkalkuliert - und gleich auch noch entsprechende Transporter in die landwirtschaftliche Sharing-Flotte mit aufgenommen.

Hyundai E3W

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Hyundai baut eine Rikscha für Indien. (Foto: Hyundai)

Die Zeiten, in denen sich Einheimische und Touristen im TukTuk durch Delhi oder Mumbai haben kutschieren lassen, gehen dem Ende entgegen. Nein, keine Sorge: Das Dreirad-Taxi wird Indien auf lange Zeit noch erhalten bleiben. Doch zumindest mit dem klassischen Tuckern, das diesen fleißigen Bienchen ihren Namen gegeben hat, ist es bald vorbei. Denn die Regierung will die millionengroße Flotte angesichts der dicken Luft in den Metropolen lieber heute als morgen auf E-Antrieb umstellen.

Dafür bringen sich nicht nur die etablierten Dreirad-Hersteller in Position, sondern plötzlich mischen auch die Autobauer mit. Allen voran Hyundai. Schließlich sind die Koreaner in Indien eine große Nummer. Deshalb haben sie in diesem Frühjahr ein eigenes Konzept für eine Rikscha 2.0 vorgestellt, das den Charme der alten Dreiräder geschickt in die Zukunft beamt und sogar ein bisschen nach Ioniq ausschaut. Nicht umsonst gibt es an Bug und Heck die für alle Ioniq-Modelle typische Pixelleiste, die hier allerdings nicht fürs Licht genutzt wird, sondern für Laufschrift, mit der um Kunden geworden oder Fahrziele angezeigt werden können.

Technische Daten gibt es zwar noch keine, doch das ändert nichts an den ernsthaften Absichten: Zusammen mit einem lokalen Partner wollen die Koreaner das Projekt zur Serienreife bringen.

aCar

Vor-bald-zehn-Jahren-haben-Doktoranden-an-der-TU-Muenchen-als-nachhaltigen-Pick-Up-fuer-Schwellenlaender-das-aCar-entwickelt
Doktoranden an der TU München haben das aCar als nachhaltigen Pick-up für Schwellenländer entwickelt. (Foto: aCar)

Sie waren früh dran und hatten große Pläne. Denn schon vor bald zehn Jahren haben Doktoranden an der Technischen Universität in München als nachhaltigen Pick-up für Schwellenländer das aCar entwickelt. Dafür haben sie sich auf die Erfüllung der Grundbedürfnisse beschränkt und einen offenen Pritschenwagen mit 1.000 Kilo Nutzlast oder Platz für bis zu acht Personen skizziert, der sich mit Allradantrieb auch über schlechte Dschungelpisten kämpft. Die technischen Daten sind mit zweimal 8 kW Leistung, einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h und einer Reichweite von 80 Kilometern zwar nicht sonderlich imposant, und das aCar hat weder ein attraktives Design noch eine besonders umfangreiche Ausstattung. Doch sehr simpel konstruiert und schnell montiert, soll es später einmal nur etwa 10.000 Euro kosten. Soweit zumindest die Ursprungsidee.

Danach hat sich der Preis allerdings mehr als verdreifacht. Doch haben die Studenten dafür einen hohen zweistelligen Millionenbetrag eingesammelt, die Firma Evum Motors gegründet und über 1.000 aCars gebaut - mit dann 20 kW, 1,5 Tonnen Nutzlast, 70 km/h Spitze und 200 Kilometern Reichweite. Afrika allerdings hat das aCar nie erreicht, als neue Zielgruppe haben die Vordenker die heimische Land- und Bauwirtschaft entdeckt. Und auch die war offenbar nicht tragfähig für das Konzept: Seit diesem Sommer ist Evum insolvent.

Quelle: ntv.de, Benjamin Bessinger, sp-x

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