"Gunmetal"-Rakete aus dem Allgäu Abt beflügelt den Audi TTS
25.09.2015, 14:56 Uhr
Der feststehende Heckspoiler wirkt beim Abt TTS I weder protzig noch aufgesetzt.
(Foto: Holger Preiss)
Wenn Abt einen Audi auf den Hof nimmt, dann kann man sicher sein, dass da immer noch etwas geht. So auch beim TTS. Nicht nur, dass das Coupé mit 60 PS mehr unterwegs ist, auch Farbe und Klang machen den Abt zu einem echten Hingucker.
"Der sieht aber toll aus!", schallt es über die Straße. Ich? Oh, nein. Der Mann, der soeben noch mit seinem Hund beschäftigt war, meint das Auto an meiner Seite. Ein Audi TTS I. Aber kein gewöhnlicher. Der hier wurde von Abt nachgeschärft. "Der gehört nicht mir!", rufe ich zurück. "Das tut mir leid", so mein Gegenüber. Mir auch, denn die Veredler aus dem Allgäu haben ganze Arbeit geleistet.

Wer einen Abti TTS I sein Eigen nennt, der sieht die Sonne gerne aufgehen, denn der Tag ist dann einfach länger.
(Foto: Holger Preiss)
Dem ohnehin kantigen Gesicht des neuen TTS I verleiht eine Frontschürze mit abgesetzter Spoilerlippe noch mehr Dramatik und schiebt ihn einmal mehr in Richtung des großen Straßensportlers Audi R8. Wobei die zweifarbige Spiegelkappen mit Abt-Logo wie die Ziernähte auf dem Trainingsanzug von Usain Bolt wirken. Und genauso schnell ist de TTS I auch aus dem Rückspiegel der Vorausfahrenden verschwunden. Abt hat dem Coupé nämlich eine Kraftkur verpasst. Die in der Standardversion bereits für guten Vortrieb sorgenden 310 PS haben die Autoveredler auf 370 PS aufgezogen. Daraus resultiert auch - und das ist eigentlich viel wichtiger - eine Drehmomentsteigerung von 380 auf 460 Newtonmeter.
Das bedeutet in der Kombination, dass der TTS I mit Abt-Genen in 4,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigt. Aber dieser Wert wird angesichts des Schubs, der den Piloten in die schön ausgeformten Schalensitze drückt, fast nebensächlich. Am Ende bleibt die digitale Geschwindigkeitsanzeige bei 265 km/h stehen. Die Mehrzahl der Verkehrsteilnehmer bekommt so auch die Möglichkeit, einen Blick auf das neu gestaltete Hinterteil des TTS I zu werfen. Denn nicht nur das der Bolide schnell ist, er wirkt mit dem von Abt verordneten feststehenden Heckflügel, dem Schürzeneinsatz mit abgesetzten Mittelbereich und seinen vier schwarz verchromten Endrohrblenden einen deutlichen Tick schärfer als die Serienversion.
Druckvoller Kurvenräuber
Neben der schnöden Geschwindigkeit beeindruckt der Abt TTS I aber vor allem durch seine Straßenlage. Im Zusammenspiel mit dem Allradantrieb, den Audi bekanntermaßen liebevoll "quattro" nennt, einer Spurverbreiterung um 24 Millimeter (möglich sind auch 30 Millimeter) liegt der Sportfreund unverwüstlich auf dem Asphalt. Dank der sehr direkten Lenkung und der von Abt verbauten Sportstabilisatoren schießt der kleine Bolide ohne großen Bremsaufwand wie ein Gokart um die Ecke und erfreut dabei mit einem gigantischen Röhren und Husten aus den vier Endrohren. Wer also bis dahin noch nicht aufgefallen ist, der wird die Blicke spätestens dann auf sich ziehen, wenn die Nadel des Drehzahlmessers bis an die 7000er Marke schießend den Lastwechsel einläutet und die sich öffnenden Drosselklappen den Vorgang mit einem kanonenartigen Sprotzen kommentieren.
Was dann am Straßenrand folgt, ist hochachtungsvolles Nicken oder unverständiges Kopfschütteln. Dem Fahrer kann es egal sein. Eingehüllt in das sonore Dröhnen des 2,0-Liter-Vierzylinders und in die von Abt in "Gunmetal" lackierte Außenhaut hat er die Macht, selbst zu bestimmen, ob er tonal lieber unter dem Radar fliegen möchte oder es richtig krachen lässt. Der TTS I bietet nämlich von Haus aus fünf Fahrprogramme. Wer mit "efficency" unterwegs ist, hält nicht nur die Drosselklappen im Zaum, sondern wird auch von den Verbrauchsdaten positiv überrascht: Mit 9,6 Litern lässt sich der immerhin noch 1,7 Tonnen schwere Bolide durch den Verkehr zirkeln. Wer ab und zu auch mal auf "dynamic" umschaltet, um dem Gesang der Diffusoren zu lauschen und dabei die digitale Tachoanzeige auf Höchstgeschwindigkeit laufen lässt, der wird im Verbrauch natürlich zweistellig. Insgesamt bleibt der Durst des TTS I im Schnitt aber mit 10,3 Litern für seine Potenz erstaunlich verhalten.
Einparkhilfe für Harte

Die Felgen sind ein Traum, fordern aber, was den Komfort betrifft, ihren Tribut.
(Foto: Holger Preiss)
Um der Härte des Fahrwerks – die für einen Sportwagen unumgänglich ist – zu entgehen, kann man sich in den "comfort"-Modus schalten. Jetzt werden die Stöße von Querfugen und tief im Asphalt versenkten Kanaldeckeln wenigstens ein wenig abgefedert. Hat man sich zusätzlich für die optisch schicken 20-Zöller mit 255er Gummis von Abt entschieden, wird man ohnehin sehr dicht an der Straße bleiben. Wer den TTS I also für den Alltagsbetrieb nutzt, sollte, so weit möglich, Kopfsteinpflasterstraßen für das allgemeine Wohlbefinden und das der Felgen vermeiden.
Angst, dass man die immerhin knapp 3000 Euro teuren Alus am Kantstein zersägt, muss man im Übrigen nicht haben. Audi bietet für den TTS eine Einparkhilfe an. Ja, das ist total unmännlich, aber angesichts der möglichen Folgeschäden kann man hier schon mal über seinen Schatten springen. Fällt den Außenstehenden auch nicht auf, so viel ist versprochen. Auch sonst ist die Alltagstauglichkeit des getunten Abt durchaus gegeben. Der Frontspoiler hängt nicht so tief, dass man bei Bodenwellen Angst haben muss, ihn unfreiwillig zu entsorgen, der Kofferraum bietet einen Stauraum von 305 Litern, nur die zweite Reihe vermittelt eher den Eindruck einer tiefliegenden Hutablage als einer Sitzbank. Dort kann man eher die Sporttasche verstauen als die Kinder oder gar die Freundin.
Ein Blickfang

Ein virtuelles Cockpit gehört zu den Highlights, die Audi dem TT mit auf den Weg gegeben hat.
(Foto: Holger Preiss)
Letztgenannte sollte man vielmehr auch mal auf dem Fahrersitz Platz nehmen lassen, denn hier hat sie den besten Blick auf das neu gestaltete virtuelle Cockpit. Auf einem riesigen 12-Zoll-Bildschirm werden, wo einst analoge Instrumente waren, Tacho, Navi und Drehzahlmesser digital dargestellt. Größe und Anordnung der einzelnen Elemente lassen sich auf Wunsch verändern und anders verteilen. So kann die Kartenansicht der Navigation zum Beispiel den gesamten Bildschirm einnehmen, während die digitalen Rundinstrumente in die äußeren Ecken verschoben werden. Das ist futuristisch, birgt aber auch die Gefahr, dass man zu viele Informationen gleichzeitig zu erfassen sucht.
Der Vorteil ist, dass aufragende TFT-Displays und eine Knopf- und Schalterflut auf ein spartanisches und sehr gut überschaubares Maß reduziert werden. Das wiederum gibt die Sicht auf die kleinen Veränderungen frei, die Abt im Innenraum geschaffen hat. Da schützt auf Wunsch ein Fußmattensatz mit Logo den Boden. Da erfreut eine belederte Mittelkonsole oder die Türeinstiegsbeleuchtung strahlt mit LED und dem Abt-Logo. Allerdings ist das alles eher ein "could have". Denn der Preis eines Audi TTS liegt bei etwa 51.000 Euro. Packt man jetzt die hier im Testwagen verbauten Tuning-Features dazu, werden weitere 14.200 Euro fällig. Das ist auch für einen solchen Spaßmacher viel Geld.
Fazit: Wer das Adjektiv sportlich gerne dekliniert, wird schnell von einem Audi TT zu einem TTS und dann zu einem TTS I von Abt kommen. Optisch ist der Neue - wenigstens in der Front - schon dicht am großen Bruder R8 dran und was den Fahrspaß betrifft, steht er dem nach der Abt-Kur kaum noch nach. Was die Geselligkeit betrifft, sollte der TTS-Fahrer aber eher die Zweisamkeit bevorzugen, denn mehr Leute werden beim besten Willen keinen Platz in dem kleinen Coupé finden. Außerdem sollte der Fahrer kein Leisetreter sein, denn auffallen wird man mit dem Flitzer so oder so.
DATENBLATT | ABT Audi TTS I |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,19/ 1,83/ 1,34 m |
Radstand | 2,50 m |
Leergewicht (DIN) | 1765 kg |
Sitzplätze | 2 + 2 |
Ladevolumen | 305 Liter / 712 Liter |
Motor | Reihen 4-Zylinder mit zwei Turboladern und 1984 ccm Hubraum |
Getriebe | 6-Gang Automatik (DSG) |
Leistung | 272 kW/370 PS /Serie 228 kW /310 PS |
Kraftstoffart | Super |
Antrieb | Allradantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 265 km/h abgeregelt |
Tankvolumen | 55 Liter |
max. Drehmoment | 460 Nm / Serie 380 Nm |
Beschleunigung 0-100 km/h | 4,3 Sekunden /Serie 4,6 Sekunden |
Normverbrauch / (städtisch, außerstädtisch, kombiniert) | Serie 9,2 / 5,9 / 7,1 L/100 km |
Testverbrauch | 10,3 l |
Effizienzklasse | D/ EU6 |
Grundpreis | 51.250 Euro |
Preis des Testwagens | 65.460 Euro |
Quelle: ntv.de